Eine Frau mit roten Haaren sitzt am Strand im Sand und hat einen Laptop auf den Beinen.
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Deutschland diskutiert über die Vier-Tage-Woche. Dabei sind manche Unternehmen längst weiter. Arbeit und Freizeit scheinen zu verschmelzen.

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Lust auf "Workation"? Was Arbeitnehmer heute wollen

Im Kampf um Fachkräfte werden viele Unternehmen kreativ. Ein IT-Unternehmen zeigt, was heute schon möglich ist. Kaffeelounges alleine genügen nicht, sagt auch ein Arbeitsforscher und warnt vor Risiken und Grenzen in der neuen Arbeitswelt.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

In Deutschland herrscht Fachkräftemangel. Bereits heute fehlen nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums in 44 Prozent aller Berufsgruppen Fachkräfte - Tendenz steigend, da zunehmend geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Aber wie können Arbeitgeber im Rennen um die besten Köpfe punkten? Ein Kulmbacher Unternehmen und ein Arbeitsforscher geben im Gespräch mit BR24 Antworten darauf.

Kulmbacher Unternehmen wirbt mit "Workation"

Für den Großteil der etwas mehr als 100 Mitarbeiter bei dem Kulmbacher IT-Unternehmen DC AG gilt das Motto: Arbeite wann und wo du willst. Homeoffice ist dort längst nicht mehr die einzige Option. Wer will, kann dort nach eigenen Angaben von jedem Ort der Welt aus arbeiten und auch selbst entscheiden, wann er das tut. Einzig fest gesetzte Deadlines müssen eingehalten werden.

Doch damit nicht genug. Auch das Büro selbst, so es die Mitarbeiter dort überhaupt noch hinzieht, unterscheidet sich deutlich von vielen üblichen Büros. Dort finden Mottopartys und Konzerte statt, Fitnesskurse werden angeboten und Tischtennisplatten stehen bereit. Zum Arbeiten wie auch zum Pausieren locken Liegestühle, zu Bäumen gestapelte Kartons und hippe Kaffeehausatmosphäre – bald wie im Urlaub. "Workation" ist das Stichwort in Kulmbach, eine Wortkreation aus den englischen Begriffen "work" und "vacation", also Arbeit und Urlaub. Mitarbeiter des Unternehmens berichten gegenüber BR24 sogar von Arbeitsreisen nach Mallorca – einfach nur der schöneren Umgebung wegen.

Junge Arbeitnehmer mit überzogenen Ansprüchen?

Aber ist das alles wirklich das, was Arbeitnehmer heute wollen? Antworten dazu kennt der Wissenschaftler Professor Enzo Weber. Er ist Leiter des Forschungsbereichs "Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen" am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, einer Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit.

Im Gespräch mit BR24live spricht Weber von vielen Gerüchten, wonach vor allem jüngeren Arbeitnehmer überzogene Ansprüche hätten und gleichzeitig nicht mehr so leistungsbereit seien. Wahr sei stattdessen, dass die Menschen heute selbstbestimmter arbeiten wollten, aber nicht unbedingt kürzer. Das treffe auf die ganze Gesellschaft zu, keineswegs nur auf die jüngere Generation, die sogenannte "Generation Z". Abgezeichnet habe sich das schon vor der Corona-Pandemie.

Sind Wohlfühllandschaften und Kaffeelounges also gar nicht die Lösung? Zumindest nicht nur, sagt der Arbeitsforscher Weber. Wichtig sei demnach ein Dreiklang aus selbstbestimmten Arbeitszeiten, örtlicher Flexibilität und motivierender Umgebung.

Wann mobiles Arbeiten zur Gefahr werden kann

Ob dann die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit irgendwann ganz verschwinden? Ist das moderne Sklaventum, wie BR24-User bereits kommentieren, schließlich perfekt? Weber spricht von einem reellen Risiko. Verhindert werden könne das, indem jetzt gute Konzepte für mobiles Arbeiten entworfen würden. Unter modernem Arbeiten einfach nur das Arbeiten von zuhause aus zu verstehen, sei ein Fehler. Jetzt gehe es darum sich über die oft eingeschränkte Kommunikation im Homeoffice zu unterhalten, Verantwortungen abzustecken und die Grenzen des mobilen Arbeitens zu formulieren. Das Verschwimmen der Grenze zwischen Arbeit und Freizeit werde andernfalls schnell zur zusätzlichen Belastung und Gefahr, sagt Weber.

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