Erst hat die Corona-Krise viele Betriebe geschwächt, dann kam der Ukraine-Krieg. Die Lieferketten sind nach wie vor angespannt, die Preise für Materialien teils drastisch gestiegen. Und die Menschen haben wegen der hohen Inflation unter dem Strich weniger Geld zur Verfügung. Da überlegen sie sich zweimal, ob sie sich einen Handwerker leisten oder nicht.
Mehr als ein Drittel der Unternehmen glaubt, dass sich die eigene geschäftliche Situation im ersten Halbjahr verschlechtern wird, sagt der Generalsekretär des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, Holger Schwannecke. Langfristig seien die Aussichten aber positiv. Denn die Handwerksbetriebe würden die großen Zukunftsaufgaben umsetzen, etwa bei Energie- und Klimapolitik. Neue Heizungen müssten eingebaut, Gebäude gedämmt werden.
Fachkräftemangel bremst Betriebe und Energiewende aus
Ein Problem sei dabei aber der Fachkräftemangel. Schon heute würden bundesweit mindestens 250.000 Handwerkerinnen und Handwerker fehlen. Tendenz steigend. Rund 19.000 Ausbildungsplätze konnten vergangenes Jahr nicht besetzt werden. Das habe etwas mit Demografie zu tun, sagt Schwannecke. Daran könne man kurzfristig nichts ändern. Aber auch mit Bildungspolitik und Wertschätzung für berufliche Bildung. Hier müsse etwas geändert werden, etwa mit mehr Berufsorientierung an allen Schulen, auch an Gymnasien.
Um mehr Jugendliche für eine Ausbildung zu begeistern, gibt es auf der Internationalen Handwerksmesse wieder die Aktionsfläche Young Generation, auf der junge Menschen verschiedene Berufe ausprobieren können.
Ohne Digitalisierung geht im Handwerk nichts mehr
Kosten sparen und mit weniger Fachkräften auskommen, das ist derzeit so wichtig wie nie. Ein großes Thema auf der Internationalen Handwerksmesse ist deshalb auch die Digitalisierung. Der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl stellt fest, dass er sein Bauunternehmen gar nicht mehr ohne Smartphone und andere digitale Möglichkeiten führen kann. Und so geht es sehr vielen Betrieben, etwa im Sanitär- und Heizungsbereich, wo Mitarbeiter mit Tablet oder anderen technischen Geräten durch die Wartungen geführt würden.
Zukunft Handwerk – Hammer und Künstliche Intelligenz
Digitale Anwendungen stehen auch beim neuen Kongressformat "Zukunft Handwerk" im Mittelpunkt, das die ersten drei Tage parallel stattfindet. Neben Vorträgen, wie "Pinsel, Hammer und Künstliche Intelligenz – Handwerk trifft Microsoft" zeigen Firmen neue Anwendungen, etwa den Einsatz von Robotern in kleinen Betrieben, erklärt Messeveranstalter Dieter Dohr. Die würden es auch Frauen ermöglichen, körperlich schwierige Handlungen auszuführen. So mache die Technik möglich, was in der Vergangenheit unmöglich schien. Und so kann der Kollege Roboter helfen, mehr Frauen ins Handwerk zu bringen, und den Fachkräftemangel zumindest ein wenig eindämmen.
- Zum Artikel: KI im Handwerk - Betriebe als Innovationstreiber
Derzeit ist in Bayern gerade mal ein Drittel der Erwerbspersonen im Handwerk weiblich. Außerdem stellt ein Münchner Startup ein System vor, mit dem sich neue Mitarbeiter an Maschinen schulen lassen, ohne diese anzuhalten, dank Spezialbrille und virtueller Realität.
Ein Glasbläser auf der Internationalen Handwerksmesse
Traditionelles Handwerk kommt nicht zu kurz
Aber auch das traditionelle Handwerk darf nicht fehlen. Besonders gefragt dürften die Heizungsbauer sein. Auch im Bereich Küche und Einrichtung können sich die Besucher viele Anregungen holen.
Auf der Sonderschau Exempla dreht sich dieses Jahr alles um den Bootsbau. Bootsbauer, Segelmacher, Restauratoren und Schiffsingenieure zeigen in Werkstätten ihre Arbeit. Und die Sonderschau "Talente – Meister der Zukunft" zeigt Arbeiten von Gestalterinnen und Gestaltern unter 35 Jahren aus Glas, Textil, Schmuck, Keramik oder Möbelbau.
Die Internationale Handwerksmesse geht bis Sonntag. Höhepunkt ist traditionell das Spitzengespräch der Deutschen Wirtschaft am Freitag, bei dem die Wirtschaftsvertreter mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammenkommen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!