Materialmangel: Coils in einem Warmwalzwerk.
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"Es brennt lichterloh": Industrie senkt Konjunkturprognose

Die Auftragsbücher sind zwar voll - aber gestörte Lieferketten als Folge der Pandemie und des Ukraine-Kriegs bremsen die Unternehmen. Der Industrieverband BDI muss seine Aussichten korrigieren. Und die Lage könnte sich noch weiter verschärfen.

Die deutsche Industrie hat ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr drastisch nach unten geschraubt. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet nur noch ein Wachstum der Wirtschaftsleistung in Deutschland von rund 1,5 Prozent. Das teilte der BDI zum heutigen Tag der Industrie in Berlin mit. Zu Jahresbeginn war die Industrie vor dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine noch von einem Plus um etwa 3,5 Prozent für 2022 ausgegangen.

BDI-Präsident: "Es brennt lichterloh!"

"Der Industrie macht die doppelte Krise aus der russischen Invasion in die Ukraine und den Auswirkungen der Covid-Pandemie zu schaffen", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. "Massive Abhängigkeiten als Preis für Kostenvorteile und Skaleneffekte zu akzeptieren, das war aus heutiger Sicht genauso falsch wie der Verzicht unseres Landes auf eigene hinreichende Investitionen in seine Verteidigungsfähigkeit", so Russwurm. "Wir haben uns die Feuerwehr gespart, weil wir das Brandrisiko für vernachlässigbar gehalten haben. Jetzt brennt es lichterloh."

Abhängigkeit von russischem Gas

Deutschland ist immer noch abhängig von russischem Gas und anderen Rohstoffen. Russland hatte seine Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream gedrosselt. Russwurm sagte, der Krieg habe die "Achillesferse" des Industrielandes Deutschland aufgedeckt: die Versorgungssicherheit für Energie, Rohstoffe und Basistechnologien.

Russwurm erwartet eine Erholung der Wirtschaft im Sinne einer Rückkehr zum Niveau vor der Corona-Pandemie frühestens zum Jahresende. Voraussetzung aber sei, dass russisches Gas weiterhin Westeuropa erreiche. "Eine Unterbrechung hätte katastrophale Auswirkungen auf die produzierende Industrie und würde unsere Wirtschaft unweigerlich in die Rezession schicken."

BDI senkt auch Exportprognose

Zwar sei der Auftragsbestand bei den Unternehmen auf Rekordhoch. Aufgrund von Lieferengpässen sei die Produktion aber zum Teil erheblich beeinträchtigt. Unsichere Konjunkturaussichten und gestiegene Unsicherheiten durch den Krieg bremsten außerdem die Investitionstätigkeit der Firmen. Auch die Aussichten für den Export korrigierte der BDI nach unten. Gerechnet wird nun 2022 mit einem Wachstum um 2,5 Prozent, im Januar hatte der Verband noch ein Plus von 4,5 Prozent vorhergesagt.

BDI will Prämien fürs Gas-Einsparen

Beim Tag der Industrie werden heute Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und unter anderem Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erwartet. Russwurm begrüßte erneut die Pläne Habecks, um den Gasverbrauch in der Industrie zu verringern. Stattdessen soll mehr Kohle verstromt werden. Gas als "Brücke" sei nötig, diese Brücke aber werde teurer werden. Die Hoffnung sei, dass sie auch kürzer werde. Die erneuerbaren Energien müssten schneller ausgebaut werden, dazu müssten Bremsen gelöst werden.

Der BDI-Präsident sprach sich gegen mögliche gesetzliche Verpflichtungen für private Haushalte aus, um den Gasverbrauch zu verringern. Er sagte, er fände vorgeschlagene Prämien für Verbraucher sinnvoll, um Gas einzusparen.

Beim Tag der Industrie in Berlin hat sich alles um den Krieg in der Ukraine und die Energieknappheit gedreht.
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Beim Tag der Industrie in Berlin hat sich alles um den Krieg in der Ukraine und die Energieknappheit gedreht.

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