Nicht ganz so schlimm wie befürchtet, aber erneut ein Rückgang: Der Geschäftsklimaindex ist auf den tiefsten Stand seit Juni 2020 gefallen. Das Münchner ifo-Institut sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass im laufenden Quartal das Bruttoinlandsprodukt bereits zurückgeht und die deutsche Wirtschaft wohl in eine Rezession rutscht.
ifo-Geschäftsklima besser als erwartet
Der ifo-Geschäftsklimaindex, das wohl wichtigste deutsche Konjunkturbarometer, ist im August erneut gesunken, aber nur minimal von 88,7 auf 88,5 Punkte. Der Index hat sich damit deutlich besser geschlagen als erwartet. Analysten hatten im Schnitt einen Wert von 86,8 prognostiziert.
Beim Münchner ifo-Institut ist man selbst überrascht, dass sich die Stimmung in den monatlich 9.000 befragten Unternehmen nicht deutlicher verschlechtert hat, nachdem Moskau den Gashahn zuletzt weiter zugedreht hatte. Doch von einem positiven Signal möchten die Forscher nicht sprechen. Letztlich habe sich der große Pessimismus des Vormonats bestätigt. Die durch die hohen Energiekosten angetriebene Inflation mache den Firmen zu schaffen.
Handel ist "größtes Sorgenkind"
Insbesondere der Handel bekommt die hohe Inflation zu spüren. Vom größten Sorgenkind spricht das ifo-Institut. Die Kunden sparen bereits und dürften ihren Konsum noch weiter einschränken, wenn alles teurer wird, sagt ifo-Konjunkturforschungsleiter Timo Wollmershäuser. Doch die Händler sehen sich gezwungen, die gestiegenen Kosten weiterzugeben.
In der Industrie ist der Indikator weitgehend unverändert geblieben. Man kann auch sagen: unverändert schlecht. Die Unternehmen haben noch genug Aufträge aus den vergangenen Monaten. Doch es kommen keine neuen Bestellungen rein, stellt Wollmershäuser fest. Damit falle die Industrie als Konjunkturmotor erst mal weg.

Prof. Timo Wollmershäuser vom ifo-Institut
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Hotels und Restaurants fürchten neue Corona-Beschränkungen
Bei den Dienstleistern läuft es im Moment noch ganz gut. Gerade die konsumnahen Betriebe wie Restaurants und Hotels erleben nach dem langen Corona-Winter einen großen Andrang. Doch mit Bangen blickt die Dienstleistungsbranche auf den Herbst, wenn möglicherweise wieder neue Corona-Beschränkungen kommen und die Verbraucher angesichts der hohen Inflation sich zurückhalten.
In der Baubranche hat sich die Einschätzung der Geschäftslage und auch der Geschäftserwartungen leicht verbessert. Doch nach dem großen Rückgang im Vormonat möchte das der ifo-Experte nicht überbewerten. Wollmershäuser: "Der Baukonjunktur geht langsam die Luft aus. Wir sehen, dass auch hier immer weniger Neuaufträge reinkommen. Die Zurückhaltung der Haushalte auch der öffentlichen Hand ist nach und nach zu spüren. Das Geld wird knapp."
- Zum Artikel: "Neue Corona-Regeln: In zwei Stufen durch Herbst und Winter"
Deutschland möglicherweise vor Rezession und noch stärker steigenden Preisen
Die ifo-Wirtschaftsforscher sehen in dem erneut gesunkenen Geschäftsklimaindex ein weiteres Indiz für ihre Einschätzung, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Quartal schrumpft. Zwar hat die deutsche Wirtschaft nach den neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts im zweiten Quartal doch noch ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent verbucht.
Für das dritte Quartal rechnet Wollmershäuser allerdings mit einem Minus von 0,5 Prozent. Noch sei nicht absehbar, wie das vierte Quartal verlaufe, doch eine Rezession sei durchaus möglich, so Wollmershäuser. Auch eine prozentual zweistellige Inflationsrate sei nicht ausgeschlossen.