Häufig ist an der Börse oder in den Medien die Rede von "den Märkten", wie etwa: "Die Märkte gehen derzeit davon aus, dass die EZB ihren Schlüsselzins weiter erhöhen wird." Oder es heißt: "An den Märkten wird dabei bereits eingepreist, dass sich auch die Zinsen für Baugeld weiter erhöhen werden." Was heißt das genau?
Akteure bilden den Markt
Zunächst einmal wäre es korrekter, statt von Märkten besser von "Marktteilnehmern" zu sprechen, also von den Akteuren. Das können Analysten und Analystinnen sein, die regelmäßig vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim befragt werden. Auch die Daten- und Nachrichtendienste Refinitiv und Bloomberg befragen regelmäßig Marktteilnehmer/-innen und veröffentlichen deren Erwartungen. Auch dann heißt es häufig verkürzt: "An den Märkten geht man mehrheitlich davon aus, dass [...]." Generell ist festzuhalten, dass meist die Pluralform verwendet wird, denn "die Märkte" sind durchwegs globalisiert, also international.
Wo sitzen die Akteure?
Da es im Kern um (Finanz-)Marktplätze geht, wo Angebot und Nachfrage zusammenkommen, sitzen die Akteure zum Beispiel in Banken und Börsen, in Handels- und Brokerhäusern, bei Vermögensverwaltern, bei Fonds- und Beteiligungsgesellschaften, bei Unternehmen oder Versicherungen, die das Geld ihrer Kundschaft verwalten.
Nicht jeder Marktteilnehmer ist ein Spekulant. Aber Profis, die beispielsweise für Hedgefonds arbeiten, spekulieren häufig auf steigende oder fallende Kurse und haben ein Interesse daran, dass sich die Kurse in die von ihnen gewünschte Richtung bewegen.
Was wird auf dem Finanzmarkt gehandelt?
Im Glossar des Bundesfinanzministeriums findet sich folgender Eintrag:
"Finanzmarkt ist ein Oberbegriff für alle Märkte, auf denen Finanzgeschäfte stattfinden, also beispielsweise Kredite vergeben, oder Finanzinstrumente wie Wertpapiere, Geldmarktmarktinstrumente, Devisen und andere finanzielle Vermögenswerte gehandelt werden. In Abhängigkeit von ihrer Fristigkeit werden Finanzmärkte in einen Geldmarkt (Instrumente mit Laufzeiten bis zu einem Jahr) und einen Kapitalmarkt (langfristige Schuldverschreibungen und Beteiligungskapital wie z. B. Aktien) untergliedert." Glossar des Bundesfinanzministeriums
Unterschied zwischen Geldmarkt und Kapitalmarkt
Sinnvoll ist diese Definition deshalb, weil sie auf die Fristigkeit abstellt. So werden am Geldmarkt nur kurzlaufende Papiere gehandelt, die "Kurzläufer". Es geht um den kurzfristigen Geldhandel zwischen Kreditinstituten (Geschäftsbanken), Inter-Banken-Markt und um Transaktionen zwischen diesen Instituten und der EZB beziehungsweise der Deutschen Bundesbank.
In Abgrenzung dazu umfasst der Kapitalmarkt vor allem den längerfristigen Handel mit Staatsanleihen und auch Unternehmensanleihen, also den Anleihemarkt. Als Synonym für den Anleihemarkt wird manchmal auch vom Zinsmarkt oder Rentenmarkt gesprochen. "Rente" meint in diesem Zusammenhang die jährliche Verzinsung. In der offiziellen Definition des Bundesfinanzministeriums wird der Aktienmarkt auch als Teil des Kapitalmarkts gesehen.
Unterschied zwischen Anleihemarkt und Aktienmarkt
Wichtig ist an dieser Stelle die Abgrenzung zwischen Anleihen einerseits und Aktien andererseits. Das englische Wort für Anleihe heißt "Bond", de facto geht es um eine "Schuldknechtschaft". Bonds sind festverzinsliche Wertpapiere, Rentenpapiere, Schuldverschreibungen oder auch Obligationen. Wer eine Anleihe zeichnet, der wird zum Gläubiger, zum Geldgeber eines Staates oder eines Unternehmens. Wer hingegen eine Aktie kauft, der wird zum Mit-Eigentümer an einem bestimmten Unternehmen. Im Insolvenzfall macht es einen großen Unterschied, ob jemand Gläubiger oder Eigentümer war.
Devisenmarkt: Handel mit Währungen
Auf dem Devisenmarkt werden Währungen gehandelt, also beispielsweise der Euro gegen den Dollar getauscht. Aber auch das britische Pfund gegen Euro und Dollar. An diesen Währungsmärkten wird rund um die Uhr gehandelt. Endet der Handel in New York, beginnt wenig später der in Asien.
Regulierte und nicht regulierte Märkte
Alle bereits genannten Märkte gelten als reguliert. Immer wieder werden die entsprechenden Regeln ergänzt und nachgeschärft, vor allem nach größeren Finanzkrisen. Das heißt, es gibt genaue Vorschriften für die Handelsplätze, für Käufer und Verkäufer. Jede Börse verfügt zum Beispiel über eine Handelsüberwachung.
Davon unterscheidet sich der "Graue Kapitalmarkt". Dieser Markt ist kaum oder gar nicht reguliert. Die Finanzmarktaufsicht prüft allenfalls, ob ein Angebotsprospekt korrekt erstellt wurde. Sie prüft nicht den Anbieter oder gar das Produkt. Für Schlagzeilen sorgt dieser Graumarkt vor allem nach Skandalen mit Anlagebetrug und Schneeballsystemen. Dazu gehören auch "Over-the-Counter-Geschäfte". Dieser OTC-Handel wird nicht an den offiziellen Börsen abgewickelt, sondern direkt zwischen Verkäufer und Käufer per Telefon und immer häufiger über elektronische Plattformen.
Kreditmarkt als "Ausnahme"
Strenggenommen gehört der Kreditmarkt nicht zu den oben aufgeführten Märkten, da es sich vor allem um Darlehensverträge zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer handelt. Es geht also um bilaterale Vertragsbeziehungen zwischen Banken und Unternehmen oder Banken und privaten Haushalten, und nicht um den standardisierten Handel mit Aktien, Anleihen oder Devisen mit entsprechender Kursbildung.
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