Gleiches Recht für gleiche Arbeit, sollte eigentlich für alle gelten. Daneben sollten auch die Chancen gleich sein, um eine attraktive Arbeit zu bekommen. Und welche Rolle spielen Familiengründung und Kindererziehung im Berufsleben? Woran hakt es in Deutschland?
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Frauen am Arbeitsmarkt: Wo liegen die Nachteile?
Als erstes fällt die ungleiche Bezahlung ins Auge. Der Gender Pay Gap beschreibt dabei, wie stark sich der Verdienst von Frauen und Männern unterscheidet, sofern er in Arbeitsstunden abgerechnet wird. Dieser Abstand betrug im letzten Jahr 18 Prozent, weil Männer im Schnitt 24,36 Euro in der Stunde verdienten und Frauen nur 20,05 Euro.
Als Hauptursache wird dafür vom Statistischen Bundesamt genannt, dass Frauen viel häufiger in Teilzeit beschäftigt sind. Vollzeitkräfte werden oft auch auf die Stunde bezogen wesentlich besser bezahlt und machen in der Regel auch mehr Überstunden als Teilzeitkräfte (was "Gender Hours Gap" genannt wird) Das verbessert die Einkünfte der Männer zusätzlich über den Gender Pay Gap hinaus.
Nach Bereinigung beträgt Gender Pay Gap sieben Prozent
Ein weiterer Punkt ist die allgemein schlechtere Bezahlung in frauentypischen Berufen, wie zum Beispiel Pflege oder Kinderbetreuung. All das zusammen machte elf Prozentunkte beim Gender Pay Gap aus. Die restlichen sieben Prozent der unterschiedlichen Stundenlöhne, die sich nicht erklären lassen, werden dann als der "bereinigte" Gender Pay Gap bezeichnet.
Ob es sich bei diesen restlichen sieben Prozent um eine echte Gerechtigkeitslücke handelt, oder ob es nicht doch im Einzelfall gute Gründe für eine schlechtere Bezahlung gibt, will das Statistische Bundesamt nicht kommentieren. Was aber auffällt ist, dass Frauen insgesamt seltener am Erwerbsleben teilnehmen. Auch das lässt sich gut erfassen: Während Männer im Monat 148 Stunden einer bezahlten Arbeit nachgingen, waren es bei Frauen 121 Stunden. Sie brachten damit 18 Prozent weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf.
Die große Frage ist, ob Frauen freiwillig weniger arbeiten, um etwas mehr Freizeit zu haben, oder ob nicht auch gesellschaftliche Zwänge dahinter stecken. So werden unbezahlte Tätigkeiten im Haushalt und vor allem die Kindererziehung nach wie vor seltener von Männern übernommen als von Frauen.
Berufliche Karriere endet oft mit der Geburt des ersten Kindes
Ab der Geburt des ersten Kindes (bei Müttern liegt das durchschnittliche Alter bei 30,5 Jahren) nimmt die Zahl der Arbeitsstunden bei Frauen deutlich ab (Gender Hours Gap). Bei der anschließenden Teilzeitarbeit, nach Rückkehr ins Arbeitsleben mit Kindern, entsteht dann oft auch ein Gender Pay Gap, weil die Betriebszugehörigkeit und die Position im Job nicht gleich sind wie bei einer kontinuierlichen Beschäftigung.
Beim Statistischen Bundesamt heißt es dazu: Während Frauen häufig ihre Arbeitszeit reduzierten (zugunsten der Familie) weiteten viele Männer ihre Arbeitszeit aus. Am stärksten sei dieser Effekt bei Personen im Alter zwischen 39 und 41 Jahren zu beobachten. Aus beiden Faktoren zusammengerechnet ergibt sich, dass die Unterschiede sowohl bei der Bezahlung (Gender Pay Gap) als auch der Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden (Gender Hours Gap) mit dem Alter noch zunehmen.
Erwerbstätigkeit führt zum Gender Gap Arbeitsmarkt
Um eine echten Überblick über die wirtschaftliche Teilhabe am Arbeitsleben zu bekommen, muss auch die Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden. Dazu liegen aktuelle Zahlen erst von 2021 vor. Damals gingen 72,1 aller Frauen einer bezahlten Tätigkeit nach und 79,4 Prozent aller Männer. Wenn dann noch der anteilige Umfang dieser Tätigkeit (Erwerbstätigenquote) gemittelt wird, ergibt sich daraus ein Gender Employment Gap von neun Prozent.
Aus allen drei Faktoren, Gender Pay Gap, Gender Hours Gap und Gender Employment Gap wird nun der Gender Gap Arbeitsmarkt errechnet, und der lag in Deutschland 2022 bei 39 Prozent. Also mit Bruttostundenverdienst, bezahlten Arbeitsstunden und Erwerbstätigenquote ergeben sich dann zusammengenommen sehr große Unterschiede.
Deutschland weit unter Durchschnitt im EU-weiten Vergleich
Im europäischen Vergleich (Zahlen von 2018) schnitt Deutschland mit dem vierthöchsten Gender Gap Arbeitsmarkt (damals noch 42 Prozent) unter allen EU-Mitgliedsstaaten nicht gut ab. Nur in Österreich, in den Niederlanden und in Italien war die Verdienstungleichheit zu diesem Zeitpunkt noch größer als bei uns.

Equal Pay Day in Berlin
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