Der Geschäftsführer von Flixbus, André Schwämmlein

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Flixbus: Vom Münchner Start-up zum Global Player

Drei Franken gründen in München das Start-up Flixbus und hoffen auf ihr Glück bei der Libersalisierung des Fernbus-Marktes. Fünf Jahre später gelten sie als Monopolisten. Ein Interview von Veronika Beer

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Der Erfolg hat viele Zahlen: Inzwischen haben die neon-grünen Flixbusse mehr als 100 Millionen Fahrgäste zu 1.400 Zielen in 26 Ländern gebracht. Die drei Gründer André Schwämmlein, Daniel Krauss und Jochen Engert beschäftigen nach eigenen Angaben weitweit mehr als 1.000 Mitarbeiter. Das Münchner Unternehmen gilt als Monopolist. Dabei sah Flixbus lange nicht als Sieger der Liberalisierung des Fernbus-Marktes aus.

Erschwerte Bedingungen zum Start 2013

Mehr als 70 Jahre lang hatte die Deutsche Bahn bei Fernreisen das Sagen. Als sich im Januar 2013 die Gesetzeslage änderte, drängten mehrere junge Unternehmen auf den Markt.

Bereits 2011 hatten auch die Flixbus-Gründer auf die Lockerung der Gesetzgebung spekuliert und sich zwei Jahre lang vorbereitet. Ärgerlich für die Männer aus Franken: Der Konkurrent MeinFernbus hatte bereits 2012 eine Ausnahmeregelung erhalten. Die Konkurrenz machte sich einen Namen und sammelte Erfahrungen, bis Flixbus am 13. Februar 2013 mit seiner ersten Buslinie nachziehen durfte.

Konkurrenz geschluckt – jetzt im die USA

Trotz finanzstarker Gegner setzte sich das Münchner Start-up durch: Erst fusionierte es 2015 mit MeinFernbus, 2016 übernahm es dann Megabus und Postbus.

Gut 6.000 Fahrer sind für das Unternehmen unterwegs – in Europa und bald auch in Amerika. Wie zelebriert man eine solche Erfolgsgeschichte? "Im Feiern sind wir ehrlich gesagt nicht so gut", räumt André Schwämmlein ein. Auf der DLD-Medienkonferenz in München nahm er sich Zeit für ein ausführliches Interview mit BR24.

BR24: Herr Schwämmlein, was ist nach dem großen Erfolg eigentlich noch typisch bayerisch an Ihrem Unternehmen?

André Schwämmlein: Flixbus hat sich in den vergangenen fünf Jahren schon sehr gewandelt. Ich glaube aber, unter der internationalen Ausbreitung ist immer noch einiges sehr münchnerisch und bayerisch. Wir haben uns damals bewusst entschieden, in München zu bleiben, obwohl wir Gründer alle Franken sind – quasi Einwanderer in München. Aber ich glaube, dass man die Kultur sieht, wie unser Team zusammen aufs Oktoberfest geht. Wir sind weltoffene und trotzdem bodenständige Leute. Das haben wir uns bewahrt, obwohl das Unternehmen immer größer geworden ist.

BR24: Nun will Flixbus den von Greyhound dominierten Bus-Markt in den USA erobern. Ist das nicht ein bisschen größenwahnsinnig?

André Schwämmlein: Wir machen gerade die ersten Schritte in den USA und haben ein Team in L.A. vor Ort, weil wir glauben, dass Flixbus in den vergangenen fünf Jahren viel darüber gelernt hat, wie das Geschäft funktioniert und wie der Kunde tickt. Wir glauben, dass wir es schaffen, in Märkten, in denen es schon länger Busse gibt wie hier in Europa, einen Wert zu generieren.

Das Geschäft in den USA ist sehr traditionell. Greyhound hat ein schreckliches Image. Der Markt wächst nicht mehr. Die Kunden mögen das Produkt nicht. Das Image hier in Europa hat sich gewandelt. Wir allein haben im vergangenen Jahr 40 Millionen Menschen gefahren, die vorher nicht Bus gefahren sind. Darum geht es hier wie dort: Die Kunden aus dem Auto zu holen.

Unser Erfolg gibt uns das Selbstvertrauen, es in den USA zu probieren. Ich will nicht sagen, dass wir Greyhound schlagen werden, aber wir haben Chancen, einen Wert in diesem Markt zu generieren. Ich finde das sehr spannend, dass ein europäisches Unternehmen mal wieder in die USA geht.

BR24: Wie ist Ihre Bilanz nach fünf Jahren Flixbus? Was haben Sie richtig, was falsch eingeschätzt?

André Schwämmlein: Wir sind glücklich mit dem, wie die letzten fünf Jahre gelaufen sind. Wir haben den Erfolg so nicht gesehen, aber natürlich darauf gehofft. Wir haben auch viele Sachen gelernt, etwa wie international dieses Geschäft ist, dass Linien von München nach Prag oder nach Zürich wichtige Strecken geworden sind und wie europäisch das Geschäft geworden ist. Was wir nicht geahnt haben: wie viele Menschen man dafür braucht. Mein erster Business-Plan hat nicht vorgesehen, dass wir heute mehr als 1.000 Mitarbeiter haben.

BR24: Was ist denn die beliebteste Strecke?

André Schwämmlein: Für uns sind natürlich große Städte wichtig. Wenn ich international schaue, sind Wien-Bratislava oder nach Budapest große Strecken. Aber die beste Verbindung, die wir im ganzen Netz haben, ist Berlin-Hamburg.

BR24: In wieweit plant Flixbus, auf der E-Mobility-Welle mitzuschwimmen?

André Schwämmlein: Mit Flixbus zu fahren, ist heute schon das Ökologischste, wie man zwischen Städten reisen kann. Aber das reicht uns nicht. Wir beschäftigen uns auch damit, wie man die Mobilität noch umweltfreundlicher gestalten kann. Wir haben ja als Motto: 'Wir fahren Grün' – nicht nur die Busse, sondern auch die Antriebe sollen grün sein. Dementsprechend wollen wir möglichst bald die ersten Prototypen für elektrische Busse sehen und gehen da auch auf Hersteller zu mit der Bitte, das aktiv voranzutreiben. Bisher waren Busse da nicht das große Thema. Unsere Aufgabe ist es, dass wir bald auch alternative Antriebe sehen im Bus.

BR24: Wie könnte das aussehen? Sind Range Extender in Planung, bei denen man mit ein und demselben Motor auf der Autobahn mit Diesel fährt und in Städten wie München oder Nürnberg rein elektrisch?

André Schwämmlein: Wir sind grundsätzlich offen dafür, wie man neue Antriebsarten gestaltet – ob das rein batterieelektrisch ist oder man einen Dieselmotor mit einem Range Extender elektrisch unterstützt. Wir glauben, dass wir in den Städten vor allem in Richtung Elektromobilität gehen müssen und mehr Zeit haben, um auf der Autobahn dann auch dieselangetrieben zu fahren.

BR24: Das reine Busgeschäft reicht Ihnen aber offenbar nicht. Sie haben sich etliche Domains gesichert, die darauf hindeuten, dass Sie auch auf der Schiene und dem Wasser unterwegs sein wollen.

André Schwämmlein: Wir experimentieren viel bei Flixbus und haben früh mit privaten Bahnbetreibern zusammengearbeitet, zum Beispiel mit der Westbahn in Österreich oder mit Fährbetreibern in Italien. Für uns ist es das eine, ob man kooperiert, und das andere, ob man da selber einsteigt. Wir haben jetzt mit dem Zug zwischen Berlin und Stuttgart das erste Experiment, das in unserer Verantwortung liegt, einen Zug zu betreiben oder besser gesagt: zu füllen – betreiben tut ihn ein Partner wie bei Flixbus auch. Das finden wir sehr spannend.

BR24: Wie wird sich Mobilität in naher Zukunft verändern?

André Schwämmlein: Ich glaube, Mobilität ist ein Stück weit vergleichbar mit dem, wie das ganze Internet und E-Commerce Ende der 90er-Jahre war. Jeder hat gemerkt, es passiert irgendwas. Wenn Sie heute Bilder von Amazon 1999 sehen: Das war nur Jeff Bezos unter einem selbstgemalten Amazon-Bild. Keiner hätte vorhersehen können, wie die Welt 20 Jahre später aussieht. So ist es bei Mobilität auch. Jeder merkt, autonomes Fahren, E-Mobility, Sharing, On-Demand – das sind riesige Entwicklungen. Aber keiner weiß, wie es aussieht.

Was man sicher sagen kann: Das ganze Thema Besitz von Fahrzeugen wird zurückgehen und es wird viel mehr in Richtung Nutzung gehen. Der Kunde wird die freie Auswahl haben und neue Verkehrsmittel. Ob es fliegende Autos sein werden, weiß ich nicht.