Eruptionskreuz vom Erdgasföderplatz Goldenstedt Z23
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Eruptionskreuz vom Erdgasföderplatz Goldenstedt Z23

    Europäischer Gaspreis fällt unter 70 Euro – Reserven steigen

    Der europäische Gaspreis hat seine Talfahrt dank ungewöhnlich milder Temperaturen und zunehmender Füllstände in Europa fortgesetzt. Energiesparen sei aber weiter wichtig, sagt Expertin Claudia Kemfert: "Wir sind noch lange nicht über den Berg."

    Der Gaspreis in Europa hat im Lauf der ersten Handelstage des neuen Jahres einen neuen Tiefststand erreicht. Seit Beginn des Ukrainekriegs im Februar 2022 war Erdgas nicht mehr so günstig. Am Mittwoch wurde der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas zeitweise bei rund 67 Euro je Megawattstunde gehandelt. Im Handelsverlauf ist der Gaspreis dann wieder etwas gestiegen auf rund 69 Euro.

    Seit Anfang Dezember hat sich der Preis für den Terminkontrakt TTF damit in etwa halbiert. Das Rekordhoch war im vergangenen Sommer bei 345 Euro je Megawattstunde erreicht worden. Damals hatte ein Lieferstopp von Erdgas aus Russland einen rasanten Anstieg beim Preis ausgelöst.

    Milde Temperaturen und steigende Füllstände

    Ein wesentlicher Grund für den fallenden Gaspreis bleiben die nach wie vor vergleichsweise milden Wintertemperaturen in Europa, die den Verbrauch dämpfen. Dank des zuletzt milden Winters wird in Deutschland weiter Erdgas eingespeichert.

    Laut jüngsten Daten des europäischen Speicherverbandes GIE betrug der Füllstand in allen deutschen Speichern am 2. Januar 90,64 Prozent. Die Gasreserven sind damit den 13. Tag in Folge gestiegen, nachdem sie zuvor über mehrere Wochen gesunken waren.

    Kemfert sieht Heiz- und Industriebereich in der Pflicht

    Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt beim Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, warnte auf Anfrage von BR24 aber: "Wir sind in einer ernsten Energiekrise und noch lange nicht über den Berg."

    "Der Europäische Gaspreis fällt, da die Versorgungslage recht entspannt ist aufgrund des milden Winters, einer Diversifikation der Nachfrage und Sparanstrengungen. Sollte dies weiter so bleiben, kann der Preis zunächst niedrig bleiben. Sollten die Temperaturen jedoch weiter sinken und die Nachfrage klar zulegen, kann der Preis auch wieder deutlich steigen." Daher sei es wichtig, "dass wir weiterhin Gas einsparen und möglichst schnell vom Gas unabhängig werden - insbesondere im Heiz- und Industriebereich."

    Verbrauch bei Strom und Gas sinken

    Bedingt durch die milden Temperaturen sank im Dezember der Gasverbrauch deutlich. Nach Angaben der Bundesnetzagentur lag der Gasverbrauch in der 51. Kalenderwoche 23,8 Prozent unter dem durchschnittlichen Verbrauch der letzten vier Jahre und 37,4 Prozent unter der Vorwoche. Temperaturbereinigt habe der Verbrauch in der 50. und 51. Kalenderwoche um 12,4 Prozent unter dem Referenzwert der letzten vier Jahre und damit im kritischen Bereich gelegen. Die Behörde bekräftigte ihr Sparziel von mindestens 20 Prozent, um eine nationale Gasmangellage in diesem Winter zu vermeiden.

    Auch beim Strom wurde 2022 deutlich weniger verbraucht als in den Vorjahren. Allerdings stieg der Verbrauch von Erdgas zur Stromproduktion.

    Grafik: Füllstände der Gasspeicher in Deutschland

    Strombilanz 2022: Mehr produziert, weniger verbraucht

    Insgesamt wurden 484,2 Terrawattstunden (TWh) verbraucht und damit 4,0 Prozent weniger als 2021, wie die Bundesnetzagentur am Mittwoch mitteilte. Die Stromerzeugung wuchs gleichzeitig um 0,4 Prozent auf 506,8 TWh. Der Anteil erneuerbarer Energien daran kletterte auf 48,3 Prozent, nachdem es 2021 noch 42,7 Prozent waren.

    "Den größten Beitrag dazu leisteten Windkraftanlagen – vor allem an Land", hieß es dazu. On- und Offshore-Anlagen kamen gemeinsam auf einen Anteil von 25,9 Prozent. Photovoltaik deckte 11,4 Prozent und Biomasse 8,2 Prozent. Die übrigen 2,8 Prozent entfielen auf Wasserkraft und sonstige Erneuerbare.

    Mehr Exporte und mehr Erzeugung durch Gaskraftwerke

    Die Erzeugung durch Erdgas nahm im abgelaufenen Jahr um 1,7 Prozent zu. "Ein Grund für den Einsatz von Gaskraftwerken ist deren Flexibilität, wenn kurzfristig eine höhere Stromnachfrage bedient werden muss", erklärte die Bundesnetzagentur dazu. Hilfreich und teilweise unentbehrlich seien Gaskraftwerke etwa für die Netzentlastung. Zugenommen hat 2022 die Erzeugung durch Braunkohle, die um 5,4 Prozent zulegte. Bei Steinkohle gab es sogar ein Plus von 21,4 Prozent. "Der Gesetzgeber hat die Rückkehr von Kohlekraftwerken an den Strommarkt möglich gemacht, damit wieder weniger Strom durch Gaskraftwerke erzeugt wird", so die Agentur.

    Deutschland war 2022 erneut Netto-Stromexporteur: insgesamt 26,28 TWh gingen ins Ausland. Der Nettoexport sei im Vergleich zu 2021 um mehr als die Hälfte gestiegen. Auch der Exportüberschuss fiel mit 2,88 Milliarden Euro deutlich höher aus als 2021 mit 1,142 Milliarden Euro.

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