Mit dem sogenannten "Enkeltrick" haben Betrüger in Bayern im vergangenen Jahr etwa zwei Millionen Euro erbeutet. Sie geben sich dabei als Familienmitglieder aus und geben eine Notlage vor, behaupten, sie bräuchten dringend Geld. Bisher lief das telefonisch ab. Ein Täter ruft das Opfer an, der andere wartet vor der Tür und holt das Geld ab. Nun haben sich die Täter eine neue Masche ausgedacht: Sie wickeln den Betrug Online ab. Die Anbahnung erfolgt über betrügerische WhatsApp-Nachrichten.
Im Visier von Cyber-Gangstern
"Ich bekam eine WhatsApp: Hallo, Mama, wie geht es dir? Und ich dachte, sie wäre von meinem Sohn, der auf einer mehrtägigen Tagung in der Oberpfalz war." Die über-80-jährige Katharina T. aus der Oberpfalz ahnt nicht, dass sie an diesem Tag ins Visier von Cyber-Gangstern geraten ist.
Arglos schreibt sie zurück und erhält postwendend die nächste Nachricht, des vermeintlichen Sohns: "Er habe jetzt eine neue Handynummer, weil er einen günstigeren Anbieter gefunden hat. Und ich soll die alte Handynummer löschen und die neue speichern."
Polizei warnt vor WhatsApp-Enkeltrick
Es ist das typische Vorgehen der Täter beim so genannten WhatsApp-Betrug. Der Münchner Polizist Arno Helfrich warnt Bürgerinnen und Bürger davor, in die Falle zu gehen: "Haben Sie vielleicht auch schon mal eine WhatsApp bekommen, wo sie sich unsicher waren? Das ist auch momentan so ein aktueller Trick."
Derzeit bekämen ganz viele Menschen, und zwar nicht nur die Älteren, sondern auch die Jüngeren dubiose WhatsApp-Nachrichten. Mal fordern die Täter ein paar Hundert Euro, manchmal aber auch Tausende. Die Anreden sind ganz verschieden, von Hallo Mama, Mutti, Oma oder schlicht Servus ist alles dabei. Dann folgt schnell die Aufforderung der Täter: "Ich habe ein Problem. Ich habe was bestellt, und das muss ich jetzt bezahlen. Aber die Kontodaten sind auf meinem verloren gegangenen Handy drauf."
Enkeltrick-Betrüger nutzen gezielt Vertrauen aus
So war das auch bei Katharina T. "Nach kurzer Zeit kam dann eine WhatsApp. Ob ich ihm einen Gefallen tun, könnte. Ich habe das bejaht und dann hat er gesagt, er müsste dringend eine Rechnung bezahlen. Und jetzt hat er keinen Zugang zu seinem Online-Banking, weil die Daten ja verschwunden waren." Ihr vermeintlicher Sohn bittet die ahnungslose Dame: sie solle sofort 1.700 Euro überweisen.
Sie stimmt zu, weil sie mit ihren Kindern ein so vertrauensvolles Verhältnis habe, die Kinder würden auch immer helfen, nun wolle sie sich mal revanchieren, so erklärt sie ihr damaliges Handeln. "Es war interessanterweise eine deutsche IBAN Nummer. Und es war ein ausländischer Name. Es hätte irgendetwas sein können, was halt mein Sohn vielleicht bestellt hat oder so und dann bezahlen musste."
Der Täter verlangt sogar eine Bestätigung der Überweisung durch die Bank. Katharina T. stellt die Überweisung aus, fotografiert sie, wie gefordert, geht zur Bank. Und freut sich darüber, dass sie ihrem Sohn – vermeintlich - einen Gefallen tun konnte.
Doch die Geschichte wendet sich: "Ich bin nach Hause gekommen und es klingelt das Telefon und am Telefon war mein richtiger Sohn." Der echte Sohn ist krank und gar nicht auf die Konferenz gefahren, wie die Mutter annimmt. Eine glückliche Fügung! Sofort ruft der Sohn die Bank an und stoppt die Überweisung.
Geschichten von Verwandten auf Plausibilität prüfen
Der Leiter des Präventionsdezernats bei der Münchner Polizei Arno Helfrich rät: "Wenn Sie solche Nachrichten bekommen, dass eine Bekannte, Verwandte oder sonst jemand eine neue Handynummer hat, dann versuchen Sie, die anderweitig zu erreichen. Und gehen Sie bitte nicht auf dieses Spiel ein."
Gezielt das Vermögen von Älteren im Visier
Die Opfer von WhatsApp werden im Einzelfall von ein paar Hundert bis zu mehreren Tausend Euro betrogen. Es habe sich eine ganze Branche entwickelt, die es verstärkt auf das Vermögen älterer Menschen abgesehen habe, mahnt Bayerns Justizminister Georg Eisenreich.
Der Minister fordert die altersbedingte besondere Verletzbarkeit von Senioren im geltenden Recht stärker zu berücksichtigen. Wer sich gezielt ältere Menschen als Opfer auswählt und deren Schwäche bewusst ausnutzt, solle mit härteren Strafen rechnen. Die Vorschläge Bayerns zur Reform des Strafgesetzbuches hat die Bundesregierung bisher nicht umgesetzt.
Vorsichtig mit Angaben im digitalen Umfeld umgehen
Für Katharina T. ist die Sache glimpflich ausgegangen. Und dennoch: "Ich habe zwar keinen Schaden erlitten, aber es war ein sehr unangenehmes Gefühl. Jemand ist in meine Privatsphäre eingedrungen, jemand hat mich auch vorgeführt." Es bleibt ein Rätsel, wie die Täter an die Handynummer von Katharina T aus der Oberpfalz gelangten.
Neben Nummerngeneratoren verwenden die Kriminellen auch geleakte Daten aus dem Dark Web oder bedienen sich aus freiwilligen Mobilnummern-Einträgen, die die Nutzer auf Plattformen hinterlassen. Datensparsamkeit ist daher ein Teilschutz vor dem neuen WhatsApp Betrug.
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