Hochspannungsmast (Symbolbild)
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Lässt das Energie-Effizienz-Gesetz die Wirtschaft schrumpfen?

Im April hat das Bundeskabinett das Energie-Effizienz-Gesetz beschlossen, um den Energieverbrauch stark zu senken: von derzeit ca. 2.500 Terawattstunden auf rund 1.400 im Jahr 2045. Die Industrie warnt vor einem Schrumpfen der Wirtschaft.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

In der Produktionshalle von "Maincor" in Knetzgau fertigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kunststoffrohre. Im Jahr verbraucht die Firma rund zehn Millionen Kilowattstunden Strom. Sollte das Energie-Effizienz-Gesetz so kommen, wie es geplant ist, sieht Geschäftsführer Dieter Pfister schwarz.

In den vergangenen sechs Jahren hatte das Unternehmen seinen Stromverbrauch bereits um rund 50 Prozent senken können – noch mehr ginge kaum. "Die Frage ist: Wie kann man in Zukunft noch solche Werte erreichen, ohne dass man die Produktion in Deutschland einstellen und eventuell ins Ausland gehen muss?", sagt er.

Befürchtung: Produktion muss heruntergefahren werden

Pfister befürchtet – sollte er weiter Energie einsparen müssen – dass sein Unternehmen die Produktion drosseln müsse. Als die Strompreise Rekordhöhen erreichten, habe er schon darüber nachgedacht, die Produktion ins Ausland zu verlagern, sagt Pfister im Gespräch mit BR24. Aber das Familienunternehmen will am Standort Unterfranken festhalten.

Deshalb geht Pfister jetzt andere Wege. Seit Jahren produziert er seinen eigenen Strom. Auf den Dächern seiner Hallen hat er Photovoltaik installiert. Damit produziert er rund drei Millionen Kilowattstunden Strom. Das ist etwa ein Drittel seines Jahresverbrauchs.

Selbst produzierter Strom als Lösung?

Neben der PV-Anlage plant Pfister noch ein Windrad. Damit – so seine Schätzung – könnte er nochmals rund zehn Millionen Kilowattstunden Strom produzieren, der dann zum Großteil in der eigenen Produktion verbraucht werden soll.

Doch das Ärgernis für ihn ist, "dass das Energie-Effizienz-Gesetz, diesen Umstand nicht berücksichtigt". Der Rohrhersteller mit 420 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müsste trotzdem in großem Maße Energie einsparen.

Kritik von der Industrie- und Handelskammer

Ein Einbruch des Bruttoinlandsprodukts sei nahezu vorprogrammiert – heißt es unter anderem bei der Deutschen Industrie und Handelskammer (DIHK). Auch warnt die Organisation vor einem Wohlstandsverlust. Nach Ansicht von Sascha Genders von der IHK Würzburg-Schweinfurt wird hier ein "Wirtschafts-Schrumpfungs-Gesetz" vorbereitet. "Das ist das Paradoxe. Man möchte die Unternehmen zwingen, mit weniger Energie auszukommen, trifft damit aber auch den Ausbau der erneuerbaren Energien." Dieser könnte durch das Gesetz gebremst werden, so Genders.

Die IHK spricht sich in diesem Zusammenhang dafür aus, weniger auf Energieeinsparungen zu setzen - und stattdessen mehr auf eine Steigerung der Effizienz. Darüber hinaus sollte beim Ausbau der erneuerbaren Energien mehr Tempo gemacht werden. "Unsere Prognosen gehen alle davon aus, wenn wir die Unternehmen und Arbeitsplätze erhalten wollen, brauchen wir eher mehr Energie in Zukunft als weniger", sagt Genders. So bezeichnen die IHKs das Gesetz als "Wirtschaftsschrumpfungsgesetz, das im Wirtschaftswachstum zu einem Einbruch führen wird."

Maincor will Leuchtturmprojekt schaffen

Pfister hat einen Traum: Ein CO2-neutrales Gewerbegebiet in Knetzgau. Neben seiner bereits installierten Photovoltaikanlage plant der Unternehmer seit 2022 ein Windrad. Dieses soll, wenn alles zügig vorangeht, 2025 in Betrieb gehen. Den überschüssigen Strom, den er dann produziert, will er günstig an Nachbarbetriebe abgeben, so die Überlegung. Doch auch dazu müssten noch einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Zwar könnte Maincor den Strom ins öffentliche Netz einspeisen, doch müssten dann andere Betriebe in der Umgebung den "normalen" Strompreis für die Nutzung der Energie bezahlen.

Ein eigenes Stromnetz ist nötig

Deshalb denkt der Mittelständler über eigene Stromleitungen zu den Betrieben nach. Erste Gespräche mit Unternehmen in der Nachbarschaft seien auch schon getätigt worden, so Pfister. Darüber hinaus könnte er sich vorstellen, mit dem Strom, der beispielsweise am Wochenende nicht benötigt wird, Wasserstoff herzustellen und zu speichern. Doch das wären Investitionen in Millionenhöhe. Ob so ein Projekt letztendlich refinanzierbar ist, ist darüber hinaus völlig ungewiss.

Zunächst will der Rohrhersteller abwarten, wie sich die politischen Rahmenbedingungen entwickeln. Denn für solche Investitionen braucht es Planungssicherheit. Und die ist für ihn zur Zeit nicht gegeben.

Im Audio: IHK zum geplanten Energie-Effizienz-Gesetz

Fertigungshalle in Knetzgau
Bildrechte: BR/Albrecht Rauh
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Fertigungshalle in Knetzgau

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