Der Blick aufs Angebot zeigt: Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind Elektroautos noch immer die Ausnahme. Für 2022 meldet das Kraftfahrtbundesamt bei E-Autos rund 1,2 Prozent der Pkw-Besitzumschreibungen. Bei den Neuzulassungen des Jahres 2022 betrug der E-Anteil mit 17,7 Prozent ein Vielfaches. Daraus folgt aber auch: Künftig werden mehr E-Auto gebraucht angeboten, wenn der Bestand wächst.
Viele Elektroautos sind erst seit kurzer Zeit auf der Straße
Momentan sind in Deutschland knapp 50 Millionen PKW zugelassen, davon rund zwei Prozent reine E-Autos. Zudem sind viele Elektroautos erst vor relativ kurzer Zeit auf die Straße gekommen, werden also wohl nicht schon bald wieder weiterverkauft – und wenn, dann häufig ins Ausland nach Ablauf der Haltefrist für die Umweltprämie.
Allerdings trifft das geringe Angebot bislang auch auf nur verhaltene Nachfrage. Jüngst hatte eine Auswertung von Mobile.de ergeben, dass die User der Plattform nur selten nach E-Modellen filtern. Bei den Gebrauchtwagenkäufern kommen nach wie vor fast nur Verbrenner in die engere Auswahl. Das bedeutet: Wer unbedingt ein gebrauchtes E-Auto will, hat Chancen, wenn er systematisch, gut vorbereitet und ohne Zeitdruck sucht.
Gebrauchte Elektroautos suchen und finden
Neben dem klassischen Gang zum Autohändler des Vertrauens oder dem Blick in Nachbarschaft, Kollegenkreis oder Regionalblatt bietet das Internet seit Jahren Plattformen mit vielfältigen Suchfunktionen. E-Autos spielen dabei naturgemäß nur eine Nebenrolle. "Ein Exotenmarkt", so Bernd Reich vom Marktbeobachter DAT, "die Anzahl aller gebrauchten Stromer war 2022 etwa so hoch, wie die Zahl der gebrauchten Minis, die den Halter wechselten". Mit E-Autos.de gibt es allerdings bereits einen Marktplatz, der das Angebot bündelt - ausschließlich für neue und gebrauchte Elektroautos.
Vor dem ersten Klick sollten die persönlichen Anforderungen an Platz und Ausstattung klar sein. Außerdem muss sich der Käufer Gedanken machen, welche Reichweite das Auto haben soll. Handelt es sich beispielsweise um eine tägliche Pendlerstrecke von 50 Kilometern, schafft das auch ein Elektroauto der ersten Batteriegeneration – sogar unter winterlichen Bedingungen. Sind Strecken von 100 Kilometern und mehr gefordert, wird es für E-Autos mit einer gealterten Batterie möglicherweise schon sehr eng, so der ADAC in einer Pressemitteilung.
Neben der Frage "Wo suche ich" bleibt die Entscheidung "Bei wem kaufe ich?". Dabei gilt laut Kfz-Versicherer huk-Coburg das Gleiche wie beim Kauf von gebrauchten Verbrennern: "Mit dem Autokauf bei einem markengebundenen Händler kann man nicht viel falsch machen. Der Wagen ist werkstattgeprüft, sodass Ihnen der Händler eine vernünftige Gebrauchtwagengarantie anbieten kann".
Preise bleiben hoch - auch für Gebrauchtfahrzeuge
Die Kehrseite: Wer den Kauf von Privat nicht scheut, kann Preisvorteile haben oder sogar ein "Schnäppchen" machen. Doch dafür sind die Aussichten schlecht wie lange nicht. Laut DAT-Report 2023 herrscht auf dem Automarkt eine anhaltende "multiple Mangellage" durch Lieferprobleme bei Neuwagen, die auf den Gebrauchtwagenmarkt durchschlagen und zu besonders hohen Preisen führen.
Ein guter Maßstab sind dreijährige gebrauchte Leasingfahrzeuge, die nach Laufzeitende in den Verkauf kommen. Hier haben sich laut DAT die Preise für E-Fahrzeuge um 20 Prozent erhöht, liegen aber immer noch rund acht Prozent unter gebrauchten Verbrennern. Allerdings sollten Kaufinteressenten wissen, dass auch gebrauchte E-Autos unter engen Bedingungen staatliche Förderung erhalten können. Dazu dürfen sie maximal zwölf Monate alt sein, lediglich bis zu 15.000 Kilometer auf dem Tacho haben und höchstens 80 Prozent des Listenpreises kosten. Weitere Details und Förderanträge hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfurkontrolle (BAFA).
Neue Förderregeln, Lieferprobleme, Preisexplosion: Wie sich unter den verzerrten Marktbedingungen der Restwert eines gebraucht gekauften Elektroautos entwickelt, ist schwerer denn je zu prognostizieren. Plausibel ist zumindest, dass immer bessere Batterietechnik junge Stromer teurer aber auch wertbeständiger macht.
Gesundheitszustand der E-Auto-Batterie nachweisen lassen
Beim Kauf gebrauchter E-Autos gelten zunächst die allgemeinen Tipps zu Unfallschäden, Fahrzeugpapieren oder Kilometerstand, wie sie in kostenfreien Checklisten im Internet abrufbar sind. Daneben gibt es jedoch spezielle Risiken beim E-Auto-Gebrauchtkauf. Dabei gelten Akku, Ladezeit und Reichweite als entscheidend.
Laut DAT-Report 2023 interessiert die Autokunden vorrangig der Gesundheitszustand der Batterie, weit vor dem Kilometerstand. Nicht zu Unrecht, wie Analysen des ADAC nahelegen. Je mehr Ladezyklen, desto stärker die Alterung.
Deshalb, so die ADAC-Experten, sollte der Gesundheitszustand der Batterie ("State of health" = SOH) vom Verkäufer möglichst genau nachgewiesen werden. Bei regelmäßigen Wartungen und Checks in der Herstellerwerkstatt werden die Antriebsbatterien auf ihren Zustand überprüft. Können die Prüfprotokolle zusammen mit dem Scheckheft vorgezeigt werden, wirkt das vertrauensbildend – wenn nicht, sei Vorsicht angesagt.
Reichweitenangaben kritisch hinterfragen
Ein Blick auf die angebotene Ladetechnologie ist ebenfalls zwingend. Wechselstrom(DC) oder Gleichstrom (AC) machen den Unterschied bei der Ladegeschwindigkeit.
Die tatsächliche Reichweite von E-Autos liegt meist deutlich niedriger und ergibt sich aus der nutzbaren Batteriegröße (kWh), dem Stromverbrauch und dem Alter des Akkus. "Nehmen Sie die Angaben der Hersteller zur Reichweite nicht einfach für bare Münze", rät der ADAC.
Kostenrisiken und Garantie bei Elektroautos
Was E-Auto-Käufern bleibt, ist das allgemeine Kostenrisiko Batteriedefekt. Ob Hersteller und Vertragswerkstätten bereit und in der Lage sind, einzelne Batteriemodule kostengünstiger auszutauschen, sollte vor dem Kauf geklärt werden.
Laut ADAC hat sich inzwischen bei den meisten Herstellern eine Garantiezusage von acht Jahren oder 160.000 km etabliert. Ein Garantiefall liegt dann vor, wenn die Restkapazität eine vom Hersteller definierte Grenze unterschreitet – meistens liege diese bei 70 Prozent. Je näher das Auto dem Garantieende kommt, umso höher das Risiko für den Gebrauchtwagenkäufer, dass er für Schäden selbst aufkommen muss, so der ADAC.
Fazit: Enger Markt, hohe Preise und spezielle Risiken
Wer beim E-Auto-Gebrauchtkauf überhaupt bekommt, was er will und das auch bezahlen kann, dem bleiben erhebliche Vorarbeiten bei Prüfung und Klärung spezieller Risken nicht erspart. Weil das vielen Kunden zu anstrengend scheint, entscheiden sie sich gleich für einen geförderten Neuwagen. Ein breiterer E-Auto-Gebrauchtwagenmarkt mit reicherem Angebot wird sich sicherlich entwickeln, aber bis dahin brauchen Kaufinteressenten noch Geduld.
- Zum Artikel: Kauf eines E-Autos: Was ist dabei zu beachten?
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