Im Kampf gegen die hohe Teuerungsrate hält Deutsche Bank-Chef Christian Sewing höhere Zinsen für "absolut" notwendig. Die inflationären Risiken seien weiter groß. Die Kosten für Energie könnten leicht wieder steigen, und auch die Öffnung Chinas könne den Preisen vorübergehend einen Schub geben, sagte er der "Welt am Sonntag".
Sewing warnt vor dauerhaft hoher Inflation
Der Banker warnte, dass die Folgen einer dauerhaft hohen Inflation wesentlich gravierender seien als die höheren Finanzierungskosten für einige Länder. Wenn die Inflation hoch bleibe, werde der private Konsum früher oder später einbrechen, so Sewing, der auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist. Darin sehe er aktuell die größte Gefahr für die deutsche Konjunktur. Allerdings bedeuten steigende Zinsen für hoch verschuldete Staaten wie Italien natürlich auch eine zunehmende Belastung des Staatshaushalts. Natürlich müsse man das im Blick behalten, aber ein hoher Schuldenstand dürfe die Europäische Zentralbank (EZB) nicht davon abhalten, konsequent zu handeln, meint Sewing.
Auch Wirtschaftsweise Malmendier besorgt
Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier verwies in der "Welt am Sonntag" auf die ihrer Meinung zufolge nach wie vor zu hohe Kerninflation. Die Krise sei noch nicht ausgestanden, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. Sie fordert die Bundesregierung auf, ihre Krisenhilfen für die Bevölkerung genauer zuzuschneiden. Entlastungen seien im Prinzip nicht schlecht, sie müssten nur zielgenau sein und nicht mit der Gießkanne verteilt werden. Sonst kurbelten sie wiederum die Preise an. Als schlechtes Beispiel nannte sie den Tankrabatt.
Die Professorin, die an der University of California in Berkeley lehrt, forderte, dass man genau definieren sollte, welche Haushalte man mit welcher Maßnahme erreichen wolle. Als konkrete Verbesserung mahnte die Ökonomin, die seit vergangenem Jahr dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung angehört, eine "bessere Datenlage" in Deutschland an. Man könnte staatliche Entlastungen etwa direkt an Einkommen oder vorhandenes liquides Vermögen knüpfen. Diese Daten gebe es im Finanzministerium, sie fielen aber unter das Steuergeheimnis. "Warum nicht von den an Hilfen Interessierten eine Genehmigung einholen, um darauf zuzugreifen?", so ihr Vorschlag.
Linke fordert dauerhaften Ausgleich für sozial Schwächere
Angesichts der hohen Inflation fordert die Linke eine Umverteilungsoffensive, um Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen zu entlasten. Nötig sei ein dauerhafter Inflationsausgleich bei Renten, Bafög und Sozialleistungen, sagte Parteichef Martin Schirdewan den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zugleich sind seiner Ansicht nach höhere Löhne notwendig, um Kaufkraftverluste auf der einen und Unternehmensgewinne auf der anderen Seite auszugleichen. Die Linke unterstütze daher auch Forderungen von Gewerkschaften nach Lohnerhöhungen mindestens in Höhe der Inflation.
EZB noch weit von eigener Zielmarke entfernt
Die EZB hatte Anfang Februar zum fünften Mal in Folge die Zinsen im Euroraum angehoben und eine weitere Erhöhung um erneut 0,5 Prozentpunkte für die nächste Sitzung in Aussicht gestellt. Der Leitzins im Euroraum liegt inzwischen bei 3,0 Prozent. Der Einlagensatz, den Geschäftsbanken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, beträgt 2,5 Prozent. Höhere Zinsen verteuern Kredite. Dies kann die Nachfrage bremsen und so hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Im vergangenen Monat lag die Teuerungsrate im Euroraum gegenüber dem Vorjahresmonat noch bei 8,5 Prozent. Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an.
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