Continental hat bereits ein Carve Out hinter sich
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Weil Investoren auf den Aktienmärkten nachhaltige Unternehmen bevorzugen, trennen sich viele Konzerne von ihren umweltschädlichen Bereichen.

    Carve Out: Wenn Unternehmen sich für Nachhaltigkeit aufspalten

    Nachhaltige Unternehmen sind gefragt. Viele Investoren wollen keine umweltschädlichen Firmen mehr. Große Konzerne reagieren darauf, indem sie Bereiche abspalten, die etwa viel klimaschädliches CO2 ausstoßen. Das nennt man "Carve-Out".

    Um das eigene Unternehmen nachhaltiger zu machen, trennen sich viele Konzerne von Sparten, die als wenig umweltfreundlich gelten. "Carve-Out" nennt sich diese Methode. Einige Beispiele: Bei der Bayer AG geht es um die umstrittene Agrarsparte von Monsanto, die Autobranche trennt sich von der Herstellung von Verbrenner-Motoren, Energieversorger setzen auf Erneuerbare und trennen sich von Kohlestrom und Atomkraft.

    Für alte Unternehmensteile braucht es neue Investoren oder Börsengang

    Immer häufiger sollen Abspaltungen die Umweltbilanz von Unternehmen verbessern. Beim "Carve-Out" werden störende Teile der Firma, die einem neuen Öko-Image im Weg stehen, komplett abgetrennt. Samt Verwaltung und Belegschaft werden diese dann als eigenständiges Unternehmen weitergeführt. Für diese neuen Unternehmen sollen sich neue Investoren oder Aktionäre finden, wie bei einem Börsengang. Beispielsweise ist der Autozulieferer Vitesco aus der früheren Antriebssparte von Continental hervorgegangen. Anfang 2019 wurde Vitesco als Spin-Off von Conti gegründet mit dem Ziel, "sich vollumfänglich auf den Wandel hin zur Elektromobilität zu konzentrieren". Damit wurde eine neue zukunftsweisende Richtung vorgegeben für Produkte, die früher nur in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zum Einsatz kamen. Knapp zwei Jahre später erfolgte der Börsengang.

    Carve-Out von Monsanto bei Bayer von Aktionären gefordert

    Beim Bayer-Konzern könnte eine Trennung von der skandalträchtigen Agrar-Sparte Monsanto den guten Ruf des alten Pharmaunternehmens vielleicht wiederherstellen. Da Bayer-Chef Werner Baumann einen solchen Schritt ausschließt, fordern viele Aktionäre inzwischen seinen Rücktritt. Bevor Baumann den Agrarriesen Monsanto kaufte, war Bayer das wertvollste deutsche Unternehmen, noch vor Linde. Dann bezahlte Baumann 63 Milliarden Dollar für Monsanto im Jahr 2018, seitdem geht es bergab. Inzwischen ist der Börsenwert der fusionierten Unternehmen, der sich im Kurs der Bayer-Aktie widerspiegelt, nur noch bei 60 Milliarden Dollar.

    Anleger hatten sich wegen millionenschwerer Glyphosat-Klagen gegen Monsanto, für die Bayer einstehen muss, von dem Unternehmen abgewendet. Neben erfolgreichen Arzneimitteln steht der Doppelkonzern auch für Formen der industriellen Landwirtschaft. Artenvielfalt und Biodiversität können dadurch nach Ansicht von Umweltschützern bedroht werden, weshalb die Bundesregierung die Verbreitung von Glyphosat gesetzlich eingeschränkt hat. In der Landwirtschaft setzt Monsanto auf eine Kombination von gentechnisch verändertem Saatgut und Pflanzenschutzmitteln wie bei dem bekanntesten Produkt "Roundup", das Glyphosat enthält.

    Entflechtung von umweltschädlichen Anteilen nicht immer einfach

    Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), welche die Stimmrechte von Aktionären auf den jährlichen Hauptversammlungen vertritt, hat Bedenken. Seit der Übernahme von Monsanto ist Bayer in unzählige Rechtsstreitigkeiten verwickelt, die mit möglichen gesundheitlichen Folgen von giftigem Glyphosat für den Menschen zusammenhängen, wie etwa späteren Krebserkrankungen. Diese Zusammenhänge werden von Bayer bestritten, aber bisher ohne endgültige Urteile. Einige Streitfälle sind beigelegt. Zusätzlich zu dem Kaufpreis wurden viele weitere Milliarden an Schadenersatz von Bayer für Monsanto gezahlt. Nieding glaubt, dass Bayer aus dieser Verantwortung für das frühere Handeln von Monsanto so schnell nicht herauskommt. Ein einfacher Verkauf über ein Spin-Off oder Carve-Out wäre zurzeit noch nicht zu akzeptieren

    Energiekonzern E.ON bei Gashändler Uniper rechtzeitig ausgestiegen

    Mehr Glück im Unglück hatte der größte deutsche Energiekonzern E.ON. 2016 beschloss der Energieriese eine Aufspaltung in einen Unternehmensteil mit den Erneuerbaren Energien und den dazugehörigen Stromnetzen und in einen Bereich für die Aktivitäten mit Gas und Kohle. Dieser Teil für die fossilen Energien wurde Uniper genannt und stieg zugleich zum größten europäischen Energiehändler auf, wobei der Schwerpunkt auf der Weiterleitung von Pipeline-Gas aus Russland lag. Anfangs sah das für E.ON wie ein schlechtes Geschäft aus, weil der Wert beider Aktien zusammen, der neuen E.ON und der Uniper an der Börse zunächst weniger wert waren als die alte E.ON-Aktie vorher. Doch im Nachhinein hat das Carve-Out der fossilen Bereiche E.ON quasi das Leben gerettet.

    Staat haftet für horrende Verluste von Uniper

    Aus der anfänglichen Erfolgsgeschichte von Uniper, zu der sich der finnische Fortum-Konzern gesellte mit einer maßgeblichen Zusatzbeteiligung, wurde nach wenigen Jahren ein Milliardengrab. Als Wladimir Putin im Ukraine-Krieg Deutschland das Gas weitgehend abstellte, hatte Uniper als Großhändler noch zahlreiche Lieferverpflichtungen über viele Jahre an einen Großteil der deutschen Stadtwerke und viele andere Partner. Ohne Staatshilfen würde Uniper seine Verpflichtungen nicht erfüllen können und der Gasmarkt zumindest in Deutschland zusammenbrechen. Die Bundesrepublik Deutschland ist mittlerweile fast alleiniger Eigentümer des Unternehmens.

    Für den früheren Eigentümer E.ON hat das keine Bedeutung mehr, er peilt für 2022 einen Milliardengewinn an. Dieser Gewinn liegt sogar über den Erwartungen und Prognosen. Einen wesentlichen Anteil daran haben hohe Gewinne mit Strom aus Atomkraftwerken, die längst abgeschrieben waren und demnächst stillgelegt werden.

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