Schon in der ersten Minute der Verkündung war klar, dass der Solidaritätszuschlag vor dem IX. Senat des Bundesfinanzhofs in München Bestand hat. Gerichtspräsident Hans-Josef Thesling sprach nämlich ein Urteil im Namen des Volkes. Hätte der BFH die Verfassungswidrigkeit des Soli festgestellt, dann hätte er über einen Beschluss das Verfahren ausgesetzt und nach Karlsruhe verwiesen. So aber war klar, dass die Klage abgewiesen wird.
Soli für die Generationenaufgabe deutsche Einheit
Der Soli ist noch nicht verfassungswidrig. Vielleicht kommt es auf das "noch" an. Das kann man schon ein wenig als Überraschung bezeichnen. Immerhin sind viele Steuerrechtsexperten der Ansicht, dass der Soli seit dem Ende des Solidarpakts II verfassungswidrig ist. Nicht so der Bundesfinanzhof.
Der Soli sei 1995 eingeführt worden, um die Lasten der Wiedervereinigung zu schultern. Aber 27 Jahre danach sei die Generationenaufgabe noch nicht beendet, zum Beispiel bei der Rente oder beim Arbeitsmarkt. Dazu sagte Gerichtssprecher Volker Pfirrmann: "Die Kosten für Wiedervereinigung bestehen weiter. Deshalb kann Soli weiter erhoben werden."
Keine direkte Verbindung zum Solidarpakt II
Eine Ergänzungsabgabe wie der Soli habe die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes zu decken, auch wenn die übrigen Steuern nicht erhöht werden. Diese Abgabe müsse auch nicht von vornherein befristet werden, zum Beispiel durch den Solidarpakt II. Diese Verbindung bestehe nicht.
Die Verknüpfung mit dem Solidarpakt II war eines der zentralen Argumente der Kläger, das damit ausgehebelt wurde. Dasselbe gilt im Übrigen auch für den neuen Soli, der seit dem Jahr 2021 gilt und nur noch für zehn Prozent der Bevölkerung erhoben wird. Dabei handele es sich nicht, wie von den Klägern vermutet, um eine Reichensteuer. Vielmehr rechtfertige das Sozialstaatsprinzip eine solche Beschränkung auf die Leistungsfähigen. Es sei kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und sei durch sozialpolitische Gründe gerechtfertigt, so Gerichtssprecher Pfirrmann.
Kläger über Urteil zum Solidaritätszuschlag enttäuscht
Mit Unverständnis und enttäuscht reagierten die Kläger. Das Ehepaar aus Franken war nicht zum Termin erschienen. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel wollte nicht ausschließen, dass das Ehepaar eine Verfassungsbeschwerde erhebt.
Etwas Positives konnte er dem Urteil abgewinnen. Wenn sich die Verhältnisse maßgeblich ändern, könne dies auch Auswirkungen auf den Soli haben. Die Abgabe sei keine Dauereinrichtung. Es kommt auf das "noch" an. Der Soli sei nicht verfassungswidrig - noch nicht, so Holznagel.
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