Basic ist nicht einzige Bio-Händler in Schwierigkeiten, "Superbiomarkt" und Reformhäuser meldeten Insolvenz an, der Großhändler Biuno wurde abgewickelt. Es ist das Ende eines Booms: In den beiden Corona-Jahren seit 2019 legte die Branche um 30 Prozent zu. Neue Märkte schossen wie Pilze aus dem Boden. Inzwischen sind deren Umsätze im Schnitt um 15 Prozent gesunken. Einige Käufer bleiben aus - wohl auch wegen der hohen Inflation.
Bio-Ware wird billiger
Die Supermärkte von Tegut behaupten, es würde nicht weniger Öko-Ware verkauft, sondern nur zu niedrigeren Preisen. Bio-Marktführer Alnatura beklagt die Billig-Konkurrenz von Discountern wie Aldi und Lidl. Die schließen zum Teil Lieferverträge mit regionalen Landwirten ab.
Generell ist bei den Erzeugern die Bio-Ware unter Druck geraten. So bringt den Bauern Bio-Milch inzwischen weniger ein als die konventionelle. Alnatura liefert seine Produkte auch an die Konkurrenz, kann damit die Umsätze weitgehend halten und vermeidet Verluste. Bei Basic traten dagegen die Probleme schon während des Bio-Booms auf - noch bevor die Energiepreise alles verteuerten.
Edeka, Rewe, Aldi und Lidl melden hohe Nachfrage nach Bio-Produkten
Bio steht längst nicht mehr für Nischenprodukte und Weltanschauung. Es geht eher um mehr Qualität und Geschmack. Knapp zwei Drittel des Bio-Umsatzes von 15,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr wurden an der Ladenkasse von Supermärkten und Discountern gemacht, mit steigender Tendenz. In der aktuellen Energiekrise und der allgemein hohen Inflation greifen offenbar viele Kunden auf möglichst günstige Bio-Produkte zurück.
Die Nürnberger Experten von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stellten in Umfragen fest, dass tendenziell teurere Reformhäuser und Naturkostläden bereits im ersten Halbjahr 2022 fast 40 Prozent weniger verkauften als im Corona-Boom von 2021. Bei Bio-Supermärkten wie Basic oder Alnatura waren es nur 15 Prozent weniger. Für das Management von Basic war das schlimm genug: Das Unternehmen hat angesichts gestiegener Kosten wie für Energie und Ladenmieten jetzt aufgegeben. Die Konsequenzen einer Insolvenz in Eigenregie mit dem Schutzschirmverfahren kann derzeit noch niemand abschätzen.
Alnatura verkauft seine Bio-Produkte auch an Konkurrenz
Das Konzept von Alnatura-Gründer und Geschäftsführer Götz Rehn sieht anders aus. Es umfasst nicht nur die eigenen Märkte, sondern eine Produktpalette, mit der auch Konkurrenten und Händler jenseits der Bio-Szene beliefert werden - auch Lieferdienste wie Gorillas sind mit Alnatura-Produkten unterwegs. Man müsse auch bei jungen Leuten Präsenz zeigen, meint Rehn dazu, der vor 35 Jahren in Mannheim den ersten Bio-Supermarkt in Deutschland eröffnete.
Auch aus Sicht der Lieferanten können Altnatura-Chef Rehn und Naturland, ein Verband für ökologischen Landbau, nur Positives berichten. So bräuchten Bio-Bauern keinen extrem teuren Kunstdünger kaufen, für dessen Herstellung sehr viel Gas notwendig ist. Sie müssten auch kein Geld ausgeben für Spritzmittel gegen Insekten, Pilze oder Unkrautvernichtungsmittel.
Konventionelle Landwirte seien dagegen von den Kostensteigerungen der fossilen Energieträger viel stärker betroffen und von Exportmärkten abhängig, auf denen die weltweiten Agrarpreise gemacht werden. Diese sind wesentlich stärker gestiegen als für regionale Bio-Produkte wie etwa aus dem deutschen Gartenbau.
Bio-Bauern profitieren nicht von höheren Weltmarkt-Preisen
Der ideale Bio-Bauer arbeitet nachhaltig und schont die natürlichen Ressourcen. Er spart die hohen Transport- und Logistik-Kosten von konventionellen Landwirten, indem er seine regionalen Produkte am besten gleich in der Region vermarktet. Doch in der Praxis ist es oft nicht so einfach; denn es gibt auch regionale Abhängigkeiten. Wer nur Kunden in der Region hat, kann nicht zu Weltmarkt-Preisen verkaufen, die durchaus deutlich höher sein können als im direkten Umfeld.
So gab es in diesem Herbst das meiste Geld ausgerechnet für konventionelle Milch aus Massentierhaltung wie in Norddeutschland, nämlich 60 Cent pro Liter. Der Grund waren die stark gestiegenen Exportpreise und die hohe Auslandsnachfrage. Weltweit war die Produktion von Kuhmilch wegen Preiserhöhungen für Futter, Energie und Wasser rückläufig, was die Preise steigen ließ.
Die aufwendig produzierte Weidemilch und Bio-Milch aus Öko-Betrieben, die von Molkerei-Genossenschaften meist nur regional vermarktet wird, brachte in der gleichen Zeit dagegen nur 58 Cent für die Landwirte. Wenn die hochwertigere Bio-Milch am Ende billiger ist, scheint etwas nicht zu stimmen im Preisgefüge für die Öko-Bauern.
Direktvermarktung von Öko-Bauern ebenfalls stark rückläufig
Ähnliche Erfahrungen mussten Schweinemäster bereits vor vielen Jahren machen. Für sie lohnt sich die Aufzucht von Bio-Fleisch weniger als für konventionelle Betriebe. Auch beim Getreidepreis fällt auf, dass Bio-Ware deutlich schlechter bezahlt wird als das konventionelle Getreide, das zum Weltmarktpreis an der Agrarbörse gehandelt wird. Und im Kleinen stellen alternative Bauernhöfe häufig fest, dass an Hühnern und Eiern in Biobetrieben so gut wie nichts zu verdienen ist.
Der Ausweg für Öko-Bauern war bislang häufig die Direktvermarktung über Hofläden, wo es alle landwirtschaftlichen Produkte aus der eigenen Herstellung zu kaufen gibt und einige weitere von anderen Biohöfen oder –Händlern. Doch auch diese Läden laufen inzwischen nicht mehr so gut, erleiden gegenüber dem Höhepunkt der Corona-Krise Umsatzeinbußen.
Laut Ökobarometer des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft macht der Bio-Anteil am gesamten Lebensmittelmarkt in Deutschland 6,8 Prozent aus. Von einer großflächigen Umstellung auf ökologischen Landbau ist die deutsche Landwirtschaft noch genauso weit entfernt wie vor Jahren. Es bleibt also ein großes Wagnis, einen konventionellen Hof auf biologische Landwirtschaft umzustellen.
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