Noch läuft in den großen Werkshallen der Firma Kaliko in Bamberg jeden Tag an die 10.000 Meter beschichteter Stoff aus den Maschinen und wird auf große Spulen aufgerollt. Das Traditionsunternehmen stellt textile Einbände für Bücher her. Doch Ende November ist nach 158 Jahren endgültig Schluss.
Die stark steigenden Energiekosten hätten dafür gesorgt, dass das Unternehmen Anfang des Jahres seine Preise um 25 Prozent habe erhöhen müssen. Daraufhin hätten die Kunden alle Aufträge storniert, sagt Geschäftsführer Wolfgang Rittmeier. Ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als für die Firma Insolvenz anzumelden.
Kunden wollten höhere Preise nicht mittragen
Energie einsparen könne seine Firma nicht, sagt Rittmeier. Die Maschinen liefen alle mit Gas. Ein Umbau käme einem Fabrikneubau gleich. Die Bamberger Traditionsfirma Kaliko habe die hohen Gaspreise daher zahlen müssen. Die Kunden allerdings seien nicht bereit gewesen, diese mitzutragen. "Uns blieb deshalb nichts anderes übrig", sagt Geschäftsführer Rittmeier. Diesmal endgültig.
Steigende Preise und ein Krieg bedeuten das Aus
Drei Mal innerhalb von neun Jahren hatte Kaliko zuvor schon Insolvenz angemeldet. Anfangs hofften Rittmeier und die knapp 120 Beschäftigten noch, von einem Investor übernommen zu werden, der das Unternehmen weiterführt. Doch nach dem Einmarsch Putins in die Ukraine Ende Februar sei auch der letzte möglichen Investor abgesprungen. Damit sei das Aus für Kaliko besiegelt gewesen. Mehr als 40 Mitarbeiter haben das Unternehmen bereits verlassen und sich neue Jobs gesucht.
Volle Auftragsbücher bis zum Schluss
Das Kuriose: Die verbliebenen 70 Mitarbeiter haben bis zur endgültigen Schließung der Firma jede Menge zu tun. Denn seit klar ist, dass Kaliko dicht gemacht wird, bestellen die Kunden plötzlich wieder. Einen Monat vor der Firmenschließung müssten die Beschäftigten Aufträge im Gegenwert von rund zwei Millionen Euro abarbeiten.
Mit Eröffnung der Insolvenz hätten die Kunden plötzlich Preissteigerungen von 25 Prozent akzeptiert, sagt Rittmeier. Seitdem produziere man wieder kostendeckend. Weil kein Investor gefunden wurde, sehe der Insolvenzverwalter aber dennoch keinen anderen Weg, als die Firma zu schließen.
Kaliko: Bucheinbände von Bamberg in alle Welt
Verlage aus aller Welt versuchen nun noch möglichst viele Aufträge bei Kaliko zu setzen, um für die kommenden Jahre genügend Bucheinband-Material "made in Franken" auf Lager zu haben. Die hohe Qualität der Produkte aus Bamberg werde von Verlagen und Buchbindern auf der ganzen Welt geschätzt, erzählt der Geschäftsführer. Der internationale Buchmarkt werde den Wegfall von Kaliko auf dem Markt spüren. Denn die Herstellung hochwertiger Bucheinbände beherrschten nur noch wenige. Rittmeier sagt, er kenne in Europa lediglich zwei Unternehmen- eines in Italien und eines in Belgien, die Bucheinbände in ähnlich hoher Qualität anböten.
Bereits Ende Oktober soll die Textilproduktion eingestellt werden. Bis November werden dann die letzten Aufträge zugeschnitten und verschickt, dann werden die Hallen geräumt. Am 1. Dezember ist Deutschlands letzter Bucheinband-Hersteller endgültig Geschichte.
Die steigenden Kosten für Gas haben die Bamberger Traditionsfirma Kaliko in die Insolvenz gezwungen.
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