Neue Doppelhaeuser
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Erste Anzeichen für sinkende Immobilienpreise haben Statistiker erfasst. Experten rätseln, ob nun die Preise kräftig oder nur gering nachgeben.

    Amtliche Statistik: Immobilienpreise leicht rückläufig

    Gute Nachrichten für alle, die überlegen, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen: Erstmals seit rund acht Jahren sind die Preise für Immobilien gegenüber einem Vorquartal wieder gesunken. Für 2023 erwarten Experten einen verstärkten Abwärtstrend.

    In den Immobilienanzeigen ist der Preisverfall noch nicht richtig zu sehen, aber bei den tatsächlich erzielten Kaufpreisen zeichnet sich seit dem dritten Quartal ein Rückgang ab.

    Wohnungspreise im Schnitt minus 0,4 Prozent

    Laut Statistischem Bundesamt waren die Wohnungspreise von Juli bis September im Schnitt um 0,4 Prozent günstiger, als im zweiten Quartal. Weil der Markt bis zum Frühjahr noch boomte, ergaben sich zum Vorjahr 2021 immer noch Unterschiede von 4,9 Prozent. Dieser Preisunterschied hat sich in etwa halbiert.

    Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet im nächsten Jahr mit einer stärkeren Korrektur am Immobilienmarkt, die in Einzelfällen bis zu zehn Prozent betragen könnte. Die Experten der DZ Bank erwarten, dass die Wohnungspreise im Schnitt um 4 bis 6 Prozent zurückgehen, vor allem bei Mehrfamilienhäusern. Stabiler ist die Situation in dünn besiedelten ländlichen Kreisen. In den Top-Metropolen mit den teuersten Immobilien gab es zuletzt bereits kaum noch einen Preisanstieg.

    München mit schlechtestem "Preis-Miet-Verhältnis" bundesweit

    Ein Argument, warum die Preise in naher Zukunft nicht mehr weiter steigen und eher fallen könnten, ist der verhältnismäßig geringe Anstieg der Mieten in den letzten Jahren. Wenn zum Beispiel eine Mietrendite im Neubau nur noch bei zwei Prozent liegt, während Immobilienkredite inzwischen bis zu vier Prozent kosten, wäre das für einen Vermieter ein schlechtes Geschäft.

    Während Wohnungspreise sich im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelten, entwickelten sich die Nettokaltmieten eher moderat. So weist München, wo Preise und Mieten bundesweit am höchsten sind, zugleich ein besonders ungünstiges Verhältnis auf: Hier ist es im Vergleich zu den möglichen Mietrenditen am teuersten, eine Immobilie zu kaufen.

    UBS erwartet "erhebliche Preiskorrekturen"

    Für eine Wende am Immobilienmarkt sprechen ganz allgemein die stark gestiegenen Zinsen, die schwächere Konjunktur, die hohe Inflation und Baukosten, die sich mit der weltweiten Lieferkrise stark verteuerten. All das trifft auf eine geringere Kaufkraft der Haushalte, die vor allem unter anhaltend hohen Energiepreisen leiden. Vor diesem Hintergrund rechnen die meisten Experten mit einer – wenn auch geringen – Abschwächung der Preise, weil die Nachfrage nach wie vor hoch bleibt und es immer noch zu wenig Wohnraum gibt.

    Die Großbank UBS hat dagegen in deutschen Städten Immobilienblasen ausgemacht, vor allem in Frankfurt und auch in München, wo sie in den nächsten Quartalen mit erheblichen Preiskorrekturen rechnet. In diesem Sinn äußerte sich auch die Bundesbank, die von einer punktuellen Überbewertung von Immobilien spricht, die in einigen Städten und Lagen bis zu 20 Prozent betragen könnte.

    Gegen starke Preiskorrekturen spricht die fehlende Bautätigkeit

    Nach wie vor fehlt es in Deutschland aber vor allem an bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen. Es gibt keineswegs größere Leerstände – im Gegenteil. Außerdem hat nun die Bautätigkeit rapide nachgelassen. Das Statistische Bundesamt meldete zeitgleich mit den erstmals seit knapp acht Jahren leicht gesunkenen Verkaufspreisen einen umso rasanteren Rückgang der Aufträge. Die Talfahrt am Wohnungsbau beschleunigte sich im Oktober so stark, dass sich unter Berücksichtigung der hohen Inflation ein Auftragsminus von fast 26 Prozent ergab.

    Nach Abzug der hohen Baupreise und anderer Kosten machen viele Baufirmen in den letzten Monaten bereits Verluste. Man sehe deutlich, dass Inflation und steigende Zinskosten nachhaltig die Investitionsbereitschaft im Wohnungsbau bremsten, heißt es dazu beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB). So habe der Umsatz am Bau im Oktober nominal noch rund sechs Prozent über dem des Vorjahres gelegen. Nach Abzug der stark steigenden Baupreise seien es etwa zehn Prozent weniger gewesen.

    Weniger Wohnungsbau bei gleichzeitig hoher Nachfrage

    Es ist für viele Experten nur schwer vorstellbar, dass die Preise für Neubauwohnungen und Bestandsimmobilien stark fallen, wenn gleichzeitig die Baukosten so hoch bleiben. Und es spricht einiges dagegen, dass Bauen viel billiger wird in den nächsten Jahren. So steigen die Anforderungen an den Wohnungsbau im Hinblick auf Energieverbrauch und energetische Sanierung weiter an. Es soll nach Vorstellungen der Politik bis zur CO2-Neutralität von Wohnungen neu gebaut und nachgerüstet werden, was im Rahmen der heutigen Preisvorstellungen kaum möglich erscheint.

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