Die Kunden des größten deutschen Lebensversicherers Allianz Leben bekommen im kommenden Jahr zum ersten Mal seit 2008 höhere Zinsen gutgeschrieben. Die Gesamtverzinsung der moderneren Produktlinie "Perspektive", die keine lebenslangen Zinsgarantien mehr vorsieht, steigt 2023 um 0,3 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent, wie die Allianz Deutschland AG am Montag mitteilte.
Auf die klassischen Lebens- und Renten-Policen, die lebenslange Zinsgarantien vorsehen, zahlt Allianz Leben dann einschließlich des Schlussüberschusses und der Beteiligung an den Bewertungsreserven 3,2 Prozent. Die klassischen Policen machen inzwischen weniger als die Hälfte des Bestandes von zwölf Millionen Verträgen aus.
Zinserhöhung zuletzt vor 15 Jahren
Zuletzt war die Gesamtverzinsung bei Allianz Leben vor 15 Jahren erhöht worden: auf damals 5,4 von 5,3 Prozent. Auch bei anderen Lebensversicherern, die ihre Überschussbeteiligung deklariert haben, geht der Trend 2023 angesichts steigender Leitzinsen wieder nach oben.
Produkt- und Privatkunden-Vorstand Volker Priebe sprach von einem "ermutigenden Schritt" der Allianz Leben. Sie profitiere davon, dass ein großer Teil ihrer Kapitalanlagen inzwischen aus alternativen Anlagen wie Immobilien, Infrastruktur-Investments oder Private-Equity-Fonds liege. "Das war ein verrücktes Jahr an den Kapitalmärkten. Wir nehmen den Rückenwind von den steigenden Zinsen mit, müssen aber weiter mit starken Schwankungen rechnen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Zeiten bleiben unsicher. Einige Experten erwarten für 2024 schon wieder deutlich sinkende Leitzinsen."
Positives Signal für Versicherte
Die Erhöhung ist für die Versicherten ein erstes Signal nach dürftigen Jahren. Wegen der Nullzinspolitik hatten vor allem Staatsanleihen, die bevorzugt von den Versicherern gekauft werden, kaum noch Zinsen abgeworfen. Die Kunden mussten zusehen, wie Jahr für Jahr die Renditen sanken und ihre Altersvorsorgen weniger Geld abwarfen.
Erhöhungen können entstandene Lücken nicht schließen
Die jetzigen Erhöhungen der Allianz um 0,3 Prozentpunkte, die als Marktführer die Orientierungsgröße für andere Gesellschaften ist, können die entstandenen Lücken jedoch nicht schließen. Zumal seit neuestem Inflationsraten von über zehn Prozent nicht nur das tägliche Leben verteuern, sondern auch alle Vorsorgeprodukte entwerten.
Ob die erste Anhebung bereits die Trendwende ist, ist mehr als fraglich. Erst müssen sich die Zinsen an den Kapitalmärkten stabilisieren, heißt es in der Branche. Und das könne dauern.
Mit Informationen von Reuters
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