In den vergangenen Monaten haben Tom Enders und seine Kollegen schon einige böse Überraschungen erlebt. Quasi in letzter Minute ging der Führungs-Mannschaft von Airbus der eine oder andere sicher geglaubte Auftrag verloren. Zum Zuge kam – auch zum Erstaunen der Fachpresse – jeweils der amerikanische Konkurrent Boeing. So unterzeichnete Emirates Airlines bei der Luftfahrtmesse in Dubai einen Großauftrag für Langstreckenmaschinen made in USA.
Druck aus Washington?
Diese Order kam offensichtlich selbst für das Management von Emirates wie aus dem Nichts. In der Branche heißt es, Washington habe wohl kurzfristig politischen Druck auf die Regierung des Emirats ausgeübt. Umgekehrt erschwert es die US-Regierung ausländischen Anbietern, Flugzeuge in den Vereinigten Staaten zu verkaufen. Dieser doppelte Protektionismus könnte Airbus das Leben auf Dauer sehr schwer machen, sagte Konzernchef Tom Enders dem Bayerischen Rundfunk:
"Amerika ist immer noch die größte und wichtigste Macht der Welt. Und wenn man als Luftfahrtkonzern den amerikanischen Präsidenten sozusagen als Verkaufs-Agenten einsetzen kann, dann ist das sicher ein Trumpf. Wir merken schon einiges in den Märkten. Aber wir sind natürlich auch sehr wettbewerbsstark. Und wir zählen auch darauf, dass wenn die Situation eskalieren sollte – was ich nicht hoffe – dass dann Europa in der Lage ist, entsprechend Paroli zu bieten." Airbus-Chef Tom Enders
Orderbuch von Airbus wird allmählich dünner
Besonders ärgerlich für Airbus: Der jüngste Boeing-Auftrag aus Dubai bedroht ein Prestigeprojekt, nämlich den Superjumbo A380. In der Branche galt es als offenes Geheimnis, dass Emirates bei der Messe eigentlich um die 40 Exemplare des riesigen Jets ordern wollte. Es wäre seit Jahren der erste Großauftrag für das Airbus-Flaggschiff gewesen. Und ein Signal, dass dieses Flugzeug eine Zukunft hat. Denn allmählich wird das Orderbuch immer dünner. Kommen keine Neuaufträge, muss Airbus in ein paar Jahren die Produktion einstellen. Tom Enders will dieses Rennen gegen die Zeit aber noch nicht verloren geben:
"Es ist in der Tat richtig, dass wir im Auftragsbuch zu wenige Orders für die A380 haben. Wir arbeiten deshalb fieberhaft daran, noch zusätzliche Aufträge zu kriegen. Emirates ist die beste Aussicht momentan. Und noch einmal: Ich bin da optimistisch, dass das funktioniert." Tom Enders
Verdacht auf Schmiergeldzahlungen
Eine Zeitbombe von ganz anderem Kaliber sind dagegen die Ermittlungen rund um ein verzweigtes System von Tochterfirmen, bei denen es um den Verdacht von Schmiergeldzahlungen bei diversen Großaufträgen aus der Vergangenheit geht. Ermittlungen laufen unter anderem durch die britischen und französischen Behörden. Konzernchef Tom Enders beteuert, er habe inzwischen intern aufgeräumt und neue Kontrollsysteme eingeführt. Grundsätzlich widerspricht er auch der Schutzbehauptung, in manchen Ländern gehe nichts ohne Bestechung:
"Die Antwort darauf lautet: Wenn das nicht möglich ist, dann sollte man auf einen Verkauf verzichten. Das kann nicht anders sein. Viele Unternehmen haben gezeigt, dass aus der anfänglichen Angst, dass man einen Geschäftseinbruch erleiden würde dann die Realisierung kam, dass dies keineswegs der Fall ist. Da mag es durchaus einen Durchhänger geben. Aber es ist sicher, dass ein sauberes Unternehmen am Ende im Markt besser dasteht, wettbewerbsfähiger ist als Unternehmen, die das nicht ganz so sehen." Tom Enders
Wie die Ermittlungen ausgehen werden, ist offen. In einem internen Brief hat Enders aber die Mitarbeiter von Airbus vorsorglich auf schwerwiegende Konsequenzen und möglicherweise erhebliche Strafen für den Konzern vorbereitet.