Gastwirte und Hotels bekommen keine Servicekräfte, im Einzelhandel fehlen Kassiererinnen und Kassierer, neue Kitas können wegen Mangel an Personal nicht öffnen, den Flughäfen fehlen zu Beginn der Reisesaison die Gepäcktransporteure: einige Beispiele von vielen. Doch wie lässt sich die Lücke schließen?
Aus der Wirtschaft kommt da der Ruf nach längeren Wochenarbeitszeiten – also zum Beispiel eine 42-Stunden-Woche. Das ließe sich leichter umsetzen, als eine allgemeine Einführung der Rente mit 70, so der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm.
Wie lange arbeiten die Deutschen im Schnitt?
Laut dem Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit kamen Beschäftigte im letzten Jahr im Schnitt auf 38,2 Stunden in der Woche. Bei Kräften in Teilzeit sind es laut Statistik im Schnitt 17,86. Das liegt in etwa auf dem Niveau der letzten Jahre – mit Abweichungen vor allem im Jahr 2020 wegen des Lockdowns. Im europäischen und außereuropäischen Vergleich liegen die Deutschen damit weit im unteren Bereich.
Allerdings gibt es hierzulande nach wie vor eine hohe Teilzeitquote. Und die Produktivität ist pro Stunde höher als in vielen anderen Ländern. Hinzu kommen zudem die Überstunden: Laut IAB kamen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2021 im Schnitt auf 20 bezahlte und etwas mehr unbezahlte Überstunden.
Was sagen Tarifverträge und Gesetz?
Das Arbeitszeitgesetz schreibt höchstens acht Stunden an Werktagen vor – also von Montag bis einschließlich Samstag - gesetzlich vorgeschriebene Pausen nicht einberechnet. Das macht dann in der Woche eine maximale Arbeitszeit von 48 Stunden. Allerdings sind Ausnahmen vorgesehen – die aber ausgeglichen werden müssen, in dem eine Zeit lang entsprechend kürzer gearbeitet wird.
In vielen Tarifverträgen sind aber in puncto Wochenarbeitszeit weit weniger Stunden vorgesehen. Da müsste nachverhandelt werden. So gilt in der Metall- und Elektroindustrie die 35-Stunden-Woche. Die Dienstleistungsbranchen weisen meist zwischen 38 oder 39 Stunden auf. Viele Beamtinnen und Beamte liegen darüber. Im Freistaat sind es 40 Stunden. Wichtig ist auch, was im Arbeitsvertrag festgehalten ist. Entweder wird auf einen entsprechenden Tarifvertrag verwiesen oder aber eine konkrete Zahl genannt.
Die von der Industrie ins Spiel gebrachte 42-Stunden-Woche ließe sich also nicht so leicht einführen. Beschäftigte hätten da auch noch ein Wörtchen mitzureden. Die Gewerkschaften auch – und die sind gegen eine längere Wochenarbeitszeit, auch wenn der Lohn entsprechend erhöht würde.
Welche Meinung haben Ärzte?
Wie lange jemand noch sinnvoll seine Arbeit erledigen kann, hängt natürlich von der Person ab. Die einen arbeiten lieber möglichst lange durch, um sich dann bei einer Pause auch entsprechend länger zu erholen. Andere arbeiten lieber kürzer und dafür unter Umständen effizienter. Die Arbeitsmedizin allerdings warnt: Nach Meinung vieler Ärztinnen und Ärzte sollten Beschäftigte nicht überfordert werden. Schon nach vier bis sechs Stunden lasse die Konzentration nach.
Zu viele Überstunden gefährden die Gesundheit, heißt es von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das Risiko von lebensbedrohlichen Herz, - und Kreislauferkrankungen steige erheblich, wenn Menschen mehr als 55 Stunden in der Woche tätig sind. Die diskutierten 42 Stunden liegen zwar weit darunter. Doch Gewerkschaften geben zu bedenken: Arbeitgeber riskieren, dass ihre Beschäftigten ineffizient für sie tätig sind, was das Fachkräfteproblem nicht wirklich lösen würde.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!