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Unsicherheitsgefühl nimmt zu Mehr Kleine Waffenscheine in Bayern

In Bayern wurden im ersten Quartal dieses Jahres doppelt so viele sogenannte Kleine Waffenscheine ausgestellt wie im gesamten letzten Jahr. Die Zahl der Besitzer eines Kleinen Waffenscheines stieg damit in Bayern auf über 66.000 - mit steigender Tendenz.

Von: Rudolf Erhard

Stand: 08.11.2016

Kleiner Waffenschein | Bild: picture-alliance/dpa/Oliver Killig

Eine Schreckschusspistole ist im Fachhandel oder im Internet schon für 150 Euro zu haben, das ebenso beliebte Reizgasspray für 15 Euro. Allein in Bayern gibt es mehr als 1.000 Waffengeschäfte. Der Umsatz ist gut, berichtet Ingo Meinhard vom Bundesverband deutscher Waffenfachhändler.

"Die meisten Menschen kaufen sich wirklich Schreckschusspistolen, um sich Zuhause vor dem Hintergrund der häuslichen Einbruchskriminalität schützen zu können. Die wenigsten Menschen, die Schreckschusspistolen nachfragen, beantragen den Kleinen Waffenschein, um sich tagtäglich mit dieser Pistole in der Öffentlichkeit bewegen zu können."

Ingo Meinhard vom Bundesverband deutscher Waffenfachhändler

Kontrollen beim Waffenkauf

Die Zahl der Schreckschusswaffen in heimischen Schubladen beträgt ein Vielfaches der offiziell mit dem Kleinen Waffenschein registrierten bundesweit rund 440.000 Gas- oder Schreckschusspistolen. Zehn bis 15 Millionen Stück werden da vermutet. Wer Schreckschusswaffen nur daheim lagert, muss beim Kauf die Volljährigkeit nachweisen. Beim Mitführen in der Öffentlichkeit ist der Kleine Waffenschein zwingend vorgeschrieben. Das zuständige Landratsamt fordert Zuverlässigkeitsbescheinigungen für den Besitzer vom Landeskriminalamt bis zum Gesundheitsamt. Man habe den Anstieg des kleinen Waffenscheins im Blick, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Die aktuellen Entwicklungen von der Kölner Silvesternacht bis zu näher rückenden Terroranschlägen und Attentaten auch in Bayern verunsicherten die Menschen.

"Ich kann das verstehen. Es ist eine deutliche Zunahme gegenüber vorher, aber es bleibt eine kleine Minderheit, die sich so ausstattet. Für mich ist entscheidend, der Staat muss weiter bestmöglich für die Sicherheit der Bürger sorgen und dann bleibt auch Ordnung im Staat."

Innenminister Joachim Herrmann (CSU)

Innenminister Herrmann

Es habe auch bisher keinen nennenswerten Anstieg beim Missbrauch mit Schreckschusswaffen in der Öffentlichkeit gegeben, so Innenminister Herrmann. Er will lieber durch verstärkte Polizeipräsenz  die Gewissheit geben, auf das Mitführen solcher Waffen verzichten zu können:

"Im Übrigen ist es natürlich jedermanns gutes Recht, sich zu verteidigen. Trotzdem: Unser Anspruch in Bayern ist, dass die Polizei bestmöglich für die Sicherheit sorgt, dass die Menschen nicht auf solche Selbstverteidigung angewiesen sein müssen."

Innenminister Joachim Herrmann (CSU)

Ingo Meinhard vom Verband der Waffenhändler nennt als größten Vorteil des Mitführens einer Schreckschusswaffe in der Öffentlichkeit, dass der Träger eine andere "Körpersprache an den Tag lege" und man "in Gefahrensituationen nicht als Opfer klassifiziert" werde.

Das gesteht auch Arno Helfrich zu. Der Kriminalhauptkommissar leitet in München die Abteilung Prävention und Opferschutz. Er warnt aber vor trügerischer Sicherheit.

"Denn eine Schreckschusswaffe wird Sie nicht davor bewahren können, dass Sie trotzdem vielleicht Opfer eines Überfalles oder eines Übergriffes werden können. Zum einen kann es den Angreifer herausfordern, dass er Sie erst einmal so richtig in die Mangel nimmt, oder er wartet ab, was Sie mit der vermeintlichen scharfen Waffe dann tun."

Kriminalhauptkommissar Arno Helfrich

Auch Reizgassprays helfen nur bedingt. Deshalb geben Polizeifachleute wie Helfrich bayernweit bei vielen Veranstaltungen und Kursen andere Ratschläge zum Selbstschutz.

"Wenn Sie angegriffen werden, wirklich laut werden, aufmerksam machen auf die Situation, dadurch auch den Angreifer verunsichern. Und wenn Sie weiter weg sind von anderen Menschen, die Trillerpfeife, die Sie vielleicht einstecken haben, verwenden, oder sogar einen Taschenalarm, der wirklich ein sehr deutliches Zeichen gibt."

Kriminalhauptkommissar Arno Helfrich

Und dann lieber Hasenfuß als Held, sprich schnelle Flucht, sich den Täter einprägen und über 110 schnell die Polizei verständigen.


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