"Seit das russische Olympia-Komitee suspendiert ist, können russische Athleten nur mit einer IOC-Einladung in Pyeongchang antreten", heißt es in einer IOC-Pressemitteilung: "Die CAS-Entscheidung bedeutet nicht, dass Athleten aus der Gruppe der 28 zu den Spielen eingeladen werden." Verändert das CAS-Urteil also gar nichts und sorgt nur für erneute Missstimmung zwischen IOC und Russland?
Experte sieht Fehler beim IOC
Der Nürnberger Dopingexperte Fritz Sörgel erklärte im Exklusivinterview mit BR Sport, dass er gar nicht mit einem anderen Ausgang des CAS-Prozesses gerechnet habe. Das IOC habe durch die Individualsperren der Sportler einen taktischen Fehler begangen. Mit einer Kollektivstrafe wären die Erfolgschancen, dass die lebenslangen Sperren tatsächlich Bestand haben, höher gewesen. Wollte das IOC überhaupt, dass die Russen gesperrt bleiben? "Das IOC hat sich nicht wirklich in allen juristischen Dingen vom russischen Sport getrennt. Auch wenn Herr Bach (IOC-Präsident, Anm.d.Red.) formuliert hat 'Das ist der schlimmste Betrug, der im Sport bisher stattgefunden hat'. Das musste er sagen, aber das war nicht wirklich ernst gemeint."
Möglicherweise diente das Vorgehen gegen die russischen Athleten vor allem dazu, einen Mittelweg zu finden: Einerseits Härte als IOC zeigen, andererseits dafür sorgen, dass die Sperren keinen Bestand haben und das Verhältnis zu Russland intakt bleibt. Gut möglich also, dass auch das derzeitige Beharren, die entsperrten Sportler nicht nach Pyeongchang einzuladen, auch nur eine Momentaufnahme ist.
Russland hofft auf Einlenken
In Russland wurde die Aufhebung der Sperren verständlicherweise mit Erleichterung aufgenommen. "Wir sind froh, dass die Gerechtigkeit endlich triumphiert hat", sagte Sportminister Pawel Kolobkow in Moskau, der durch das CAS-Urteil eine Bestätigung sieht, dass die Athleten "sauber" seien. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax erwartet Kolobkow nun, dass das IOC reagiert und die Sportler tatsächlich zu den Spielen zulässt. Die russischen Sportbehörden stünden mit dem IOC in Kontakt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Kronzeugen-Anwalt kritisiert CAS-Urteil
Anderswo wurde das CAS-Urteil weniger freundlich aufgenommen. Jim Walden, Anwalt von Kronzeuge Grigorij Rodschenkow hat das Urteil scharf kritisiert. "Durch die unglückliche Entscheidung dieses Gremiums erhalten einige Athleten eine geringe Strafe, andere werden komplett verschont. Die CAS-Entscheidung ermutigt Betrüger, es für saubere Athleten schwerer zu machen und lädt das korrupte russische Doping-System und Putin zu weiteren unrechtmäßigen Siegen ein", sagte der New Yorker Anwalt. Rodtschenkow, der frühere Chef des Anti-Doping-Labors Moskau, habe bei der Anhörung "voll und ganz ausgesagt". Seine Erläuterungen seien durch forensische Beweise, Aussagen anderer Whistleblower und durch die geheime Datenbank des Moskauer Labors bestätigt worden. Dabei seien "1.000 schmutzige Tricks" ans Tageslicht gekommen, die "vertuscht wurden."