Der Videobeweis bleibt weiter in der Kritik. Schiedsrichter Felix Zwayer hatte in der Nachspielzeit der Partie der Frankfurter Eintracht gegen den FC Bayern im DFB-Pokalfinale beim Stand von 1:2 nach einer Attacke von Kevin-Prince Boateng gegen Javi Martínez im Strafraum nicht auf Elfmeter für die Münchner entschieden. Der 37-Jährige hält die umstrittene Elfmeter-Szene im DFB-Pokalfinale auch in der Nachbetrachtung nicht für eine eindeutige Situation: "Es handelt sich sicher nicht um eine Schwarz-Weiß-Szene, für die es eine 100 Prozent korrekte und von allen akzeptierte Lösung gibt."
"Treffer und Wirkung haben für mich nicht zusammengepasst." Felix Zwayer
Zweifel am Videobeweis bleiben
Als einer von 13 Unparteiischen ist Zwayer bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ausgerechnet als Video-Schiedsrichter im Einsatz - und steht vor der Abreise nach Moskau heftig in der Kritik. DFB-Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich sagte dem "Kicker": "Gleichwohl machen wir uns in der Kommission intensiv Gedanken darüber, ob solche Entscheidungen am Ende in der Öffentlichkeit noch nachvollziehbar sind, da es dort schon eine erdrückende Meinungsmehrheit in Richtung Strafstoß gibt." Zweifel am Videobeweis sind als durchaus vorhanden.
Für Zwayer war es nicht der erste unglückliche Auftritt in dieser Saison. Beim Zweitrundensieg der Bayern gegen RB Leipzig schimpften Ralf Rangnick & Co. massiv über den Berliner, der einen klaren Elfmeter für Leipzig nach Sichtung der Bilder wieder zurücknahm. Ende Oktober schaute Zwayer seine fragwürdige Elfmeterentscheidung beim Bundesligaspiel zwischen Wolfsburg und Hoffenheim noch einmal an - und blieb dabei. Auch Peter Gagelmann wertete den ausgebliebenen Strafstoß im Pokalfinale als Fehler. "Das ist sehr schade, weil er das Spiel mit seinem Team fantastisch geleitet hat. Manchmal hängt man an einer Entscheidung, da sieht man dann alt aus", sagte der Ex-Schiedsrichter.
UEFA-Präsident sieht Videobeweis weiter kritisch
Dass der Videobeweis die Debatten über Schiedsrichter keinesfalls beendet hat, sondern bis zum Schluss noch anheizte, ist Sinnbild für eine Premierensaison mit vielen korrekt korrigierten Entscheidungen, aber auch Schwierigkeiten. Auf der WM-Bühne steht das technische Hilfsmittel nun vor der ganz großen internationalen Bewährungsprobe.
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin sieht das kritisch: "Ist die WM die geeignete Bühne, eine neue Technik auszutesten? Eines ist klar: Es wird dort viele unklare Situationen geben Zum Beispiel, wenn ein Schiedsrichter ein Abseits anzeigt, und dann sehen Sie aber, es war doch kein Abseits. Was ist dann zu tun? Niemand weiß es", sagte er. Die UEFA hat im Gegensatz zur FIFA noch keinen Videobeweis eingeführt.
Videobeweis soll "Skandal verhindern"
Der Weltverband zeigte sich zuletzt zuversichtlich für die WM in Russland vom 14. Juni bis 15. Juli. Vollständige Aufklärung sei dabei auch nicht möglich, betonte Schiedsrichter-Chef Massimo Busacca: "Nur eine Entscheidung bei der nächsten WM ist genug, um zu sagen: Es war gut, dass wir den Videobeweis eingeführt haben. Das Ziel ist nicht, dass wir zu 100 Prozent richtige Entscheidungen erreichen, sondern dass wir einen Skandal verhindern."
Bei jedem WM-Spiel sollen ein Video-Referee und drei Assistenten die Partie auf mehreren Bildschirmen im Video Operations Room in Moskau verfolgen. Die Kommunikation untereinander und mit dem Schiedsrichter auf dem Platz ist ein wichtiger Faktor. Deshalb sollen die Teams auch nach Sprachgruppen zusammengesetzt werden. Anders als in der Bundesliga werden die Fans im Stadion über Entscheidungen nach Videobeweis umfassend informiert.
Die fehlende Routine vieler Schiedsrichter im Umgang mit der Technik könnte aber zu einem Problem werden. Zwar wählte die FIFA Referees als Video-Assistenten aus, die die Hilfe bereits aus ihrer Liga kennen. Doch der Wirbel um Zwayer im Pokalfinale beweist, dass selbst erfahrene Schiedsrichter nicht vor Diskussion gefeit sind. Zudem haben viele der 36 Hauptschiedsrichter, die letztendlich die Entscheidungen auf dem Platz treffen, keine Liga-Erfahrung mit dem Videosystem. Schon beim Confed Cup im vergangenen Jahr führte dies oft zu Chaos.