Ein großer Höhepunkt steht für die Taekwondo-Sportlerinnen und Sportler vor der Tür: die Europameisterschaften im britischen Manchester. Am Nürnberger Bundesstützpunkt bereiten sich die Athletinnen und Athleten auf den Wettkampf vor – seit Kurzem auch sechs aus der Ukraine.
Ukrainische Europameisterin dankbar für Gastfreundschaft
Training im Taekwondo-Bundesstützpunkt in Nürnberg Langwasser: Die Athletinnen und Athleten tragen Schutzwesten, Helme und schützende Handschuhe. Sensoren in der Schutzausrüstung zählen die Treffer. Pfeilschnell kickt die Ukrainerin Iryna Romoldanova immer wieder gegen die Weste ihrer deutschen Trainingspartnerin. Romoldanova hat 2016 die Europameisterschaft gewonnen, 2015 wurde sie Vizeweltmeisterin. Vor wenigen Wochen ist sie aus Kiew nach Nürnberg geflohen und ist froh, hier ihren Sport machen zu können. "Das ist eine tolle Möglichkeit, mit den anderen hier zusammen zu trainieren. Die deutsche Nationalmannschaft ist sehr stark und ich kann hier sehr gute Erfahrungen sammeln", sagt Romoldanova. Immer wieder betont sie, wie dankbar sie ist, in Franken aufgenommen worden zu sein.
Knallharte Konkurrentinnen feilen gemeinsam an EM-Form
Bei der Europameisterschaft in Manchester könnte Romoldanova in der Klasse bis 49 Kilo auf die Nürnbergerin Anya Kisskalt treffen. Beide Sportlerinnen wollen unbedingt Gold. Knallharte Konkurrentinnen feilen also in Franken gemeinsam an der Form für die EM. Anya Kisskalt sieht das aber nicht als Problem: "So wie es aussieht, treffen wir uns nicht gleich im ersten Kampf. Ich finde es schön, dass wir eine andere internationale Kämpferin hier dabeihaben. Wenn sie hier dabei ist, gibt das Extramotivation und man pusht sich auch im Training gegenseitig", sagt die 20-jährige Nürnbergerin.
Wohnung von ukrainischem Athleten schwer beschädigt
Auch Vladyslav Bondar hat in Nürnberg ein vorübergehendes Zuhause gefunden. Seine Wohnung in Kiew wurde in den ersten Kriegstagen von einem russischen Geschoss getroffen. Ein großes Loch klafft in der Außenwand. Bondar kann die Tränen kaum unterdrücken, als er von der Lage in der Heimat erzählt. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wäre seine Wohnung zum Zeitpunkt des Angriffs nicht verlassen gewesen. Umso glücklicher ist er, mit den insgesamt fünf anderen ukrainischen Taekwondo-Athletinnen und Athleten sowie einer Kampfrichterin in Nürnberg aufgenommen worden zu sein.
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Russlanddeutscher Trainer hat vermittelt
Der Kontakt zu den Ukrainern kam über den Nürnberger Trainer Sergej Kolb zustande. "Sie waren in Albanien auf einem Wettkampf und konnten wegen des Krieges nicht zurück. Dann haben sie Kontakt über mich aufgenommen und haben gefragt, ob sie nach Deutschland dürfen. Ich habe natürlich gleich zugesagt und wir haben sie gleich aufgenommen", erzählt der Trainer. Kolb selbst ist Russlanddeutscher. Für die Ukrainer, die alle auch Russisch sprechen, ist Kolb jetzt Ansprechpartner und Dolmetscher. Wohnungen hat den Gästen die Stadt Nürnberg vermittelt.
Situation in Ukraine belastet die Sportlerinnen und Sportler
Die Trainings- und Lebensqualität in Nürnberg sei hervorragend, sagen die ukrainischen Athleten. Aber natürlich falle es ihnen schwer, sich angesichts der Situation in ihrem Heimatland, auf den Sport zu konzentrieren. Sie hoffen auf ein schnelles Ende des Krieges. Bis sie zurück können nach Kiew, versuchen sie die Zeit in Nürnberg aber nicht nur für den Sport zu nutzen, sagt Vladyslav Bondar. "Neben dem Training besuche ich mit meiner Frau von Montag bis Donnerstag täglich einen Deutschkurs. Und am Wochenende unternehmen wir viel mit unseren Vermietern Karl und Nicole – bei uns zuhause oder wir gehen in die Stadt", so der Ukrainer.
Große Ziele bei Europameisterschaft
Am Freitag kommender Woche beginnt in Manchester die Taekwondo Europameisterschaft. Die russischen Sportlerinnen und Sportler sind aufgrund des Kriegs von den Wettkämpfen ausgeschlossen. Die ukrainischen Teilnehmer Vladyslav Bondar und Iryna Romoldanova wollen dagegen – genau wie ihre fränkischen Trainingspartner – Medaillen sammeln. Am liebsten natürlich goldene.
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