Auch wenn es die Verantwortlichen beim FC Bayern gerne in schönere Worte kleiden: Die vergangene Saison genügte den Ansprüchen beim Rekordmeister nicht. Deutscher Meister zwar erneut. Aber dann das Halbfinal-Aus in der Champions League und die Niederlage im DFB-Pokalfinale - dass die Münchner ihren Fans neben der Meisterschale keinen weiteren Pokal präsentieren konnten am Saisonende, trübte doch etwas die Stimmung beim Bundesliga-Krösus.
Auseinander gehen die Meinungen etwas, was die Personalie Thomas Müller betrifft. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge erzeugte per Magazininterview schon mal etwas Druck: "Wir brauchen Thomas Müller in bester Verfassung. Er ist für unseren Klub sehr wichtig, ein Parade-Bayer", sagte Rummenigge, und legte nach: "An seiner Qualität gibt es keinen Zweifel. Aber wie für alle Nationalspieler gilt auch für Thomas: Er ist in der kommenden Saison sehr gefordert." Trainer Kovac müsse Müller wieder "auf das Niveau kriegen, auf dem er ohne Frage schon Weltklasse-Leistungen gezeigt hat."
Thomas Müller und die Zahlen
Der so angestachelte Müller sieht es nicht ganz so dramatisch und legt Zahlen auf den Tisch: "Wenn man der beste Vorlagengeber der Liga ist und acht Tore erzielt hat, dann weiß ich nicht, ob man von einer persönlich schwachen Saison sprechen kann", sagte er beim Bayern-Trainingslager am Tegernsee. Doch auch er weiß, dass Statistiken wenig bringen, wenn die Wahrnehmung der Leistungen - seiner, die der Bayern und auch der Nationalmannschaft - nun mal eine andere ist. In seiner bisher torreichsten Bundesligasaison 2015/16 traf er 20 Mal und lieferte sieben Vorlagen.
Nach den "herben Enttäuschungen" der vergangenen Woche musste deshalb auch der bayerische Gute-Laune-Bär erst einmal abschalten und durchschnaufen. "Ich wollte Abstand von diesem ganzen Schauspiel, von diesem Wanderzirkus mit Ball. Es hat gut getan, durchzuatmen", erklärte er. Geholfen hat es anscheinend, wenn man ihn im Trainingslager erlebt. Bayern-Saison und WM-Aus sind abgehakt. "Wenn man in eine neue Saison geht, schaue ich nicht zurück. Wir Menschen leben ja nach vorne", sagte im Mannschaftshotel: "Du kannst dich ja nur für das pushen, was vor dir liegt.
Ein Führungsspieler für die halben Räume
Mit mittlerweile 28 Jahren und fast 300 Pflichtspielen für den FC Bayern zählt Müller längst zu den Führungsspielern beim Rekordmeister - die sich auch beim neuen Trainer intensiv einbringen wollen. In der Nationalmannschaft hing Müller zuletzt auf dem rechten Flügel in der Luft, bei den Bayern soll das nicht passieren.
"Ich bin im Halbraum zuhause, ich sehe mich auf einer offensiven Mittelfeldposition", erklärte er am Tegernsee, vielleicht hoffend, dass ihn Niko Kovac nicht genauso unglücklich auf dem Feld platziert wie Nationaltrainer Joachim Löw. Und wenn er dann auf seiner Traumposition ran darf, "dann ist auch mein Input für die Mannschaft deutlich besser." Als Torschütze, als Vorlagengeber - aber auch als Führungsspieler, der das Team auf dem Platz vorantreiben kann.
"Der innerliche Drang ist, die Zukunft zu gestalten. Das Problem ist, dass wir hier Anfang August stehen und das Entscheidende passiert im April und Mai. Ein langer Weg." Thomas Müller am Tegernsee