Victoria Tippelt (links) und Stephanie Gebhardt stehen zwischen Kajaks
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Haben bei den Special Olympics in Berlin ein Alleinstellungsmerkmal: Victoria Tippelt (links) und Stephanie Gebhardt.

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Kajakfahrer aus Hof: Einzigartig bei den Special Olympics

Im Juni starten in Berlin die Weltspiele für geistig behinderte Sportler. Eigentlich sitzt bei den Special Olympics in einem Zweierboot immer nur ein Athlet mit Einschränkungen – zwei Hoferinnen haben deshalb beim Turnier ein Alleinstellungsmerkmal.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Deutschland steht vor dem "größten Multisportereignis seit den Olympischen Spielen 1972 in München". Verbandspräsidentin Christiane Krajewski scheut keine großen Vergleiche, wenn sie die Großveranstaltung ankündigt, die am 17. Juni erstmals in Deutschland ausgetragen werden soll: die "Special Olympics World Games".

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Special Olympics in Berlin: 7.000 Sportler aus aller Welt

Neun Tage lang treten in Berlin 7.000 geistig eingeschränkte Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt gegeneinander an. Darunter sind auch zwei Athletinnen aus Hof, Stephanie Gebhardt und Victoria Tippelt. Ihr Ziel: die Schnellsten sein, beim 500-Meter-Rennen im Kajakrennboot.

"Heute geht es darum, einen guten Rhythmus zu finden für euch beide, damit das Boot optimal schnell läuft", lautet die Ansage von Christel Schlisio. Die Trainerin mit den kreisrunden Brillengläsern steht vor Gebhardt und Tippelt, die Schwimmwesten über ihren blauen Trainingspullover tragen. Rund einen Monat vor Turnierstart in Berlin wird hier beim Faltbootclub Hof die Paddeltechnik erst in der Theorie feinjustiert. Gleich geht’s aufs Wasser.

Training für die Weltspiele mit neongelbem Leibchen

Zusammengerechnet sind Gebhardt und Tippelt schon 50 Jahre lang Mitglied in dem Verein und haben seitdem national und international sämtliche Titel und Medaillen abgeräumt. Gemeinsam in einem Boot fahren die beiden seit 2021. "Damals haben sie gezielt auf die nationalen Spiele hintrainiert", erklärt Trainerin Schlisio. Jetzt wollen die zwei auch im internationalen Vergleich zusammen erfolgreich sein. 

Beim Training am Untreusee im Süden von Hof paddelt Schlisio in einem eigenen Boot neben den beiden Athletinnen her. Die Trainerin hat sich inzwischen ein neongelbes Leibchen übergezogen. Schließlich soll sie auch in größerer Entfernung für Tippelt gut sichtbar sein. Die besitzt krankheitsbedingt nämlich nur noch 20 Prozent ihrer Sehkraft. "Ab einem Meter wird alles sehr unscharf, dann erkenne ich nur durchs Hören, wer oder was es ist. Oder durch einen Zopf, der weht. Dann hoffe ich, dass es eine Frau ist", erklärt die 36-Jährige. Weil Tippelts Augen zudem sehr lichtempfindlich sind, trägt sie auch an diesem verregneten Nachmittag eine Sonnenbrille. Dennoch hat Tippelt durch ihre Seheinschränkung beim Kajakfahren keine Probleme, sagt sie. Und selbst wenn: Trainingspartnerin Stephanie Gebhardt sitzt im Boot vor ihr und hat den Überblick. 

In Hof keine Besonderheit, in Berlin die Ausnahme

Aber auch Gebhardt – die Schwester von Kanu-Olympionikin Melanie Gebhardt – ist auf Hilfe angewiesen. Die 30-Jährige wurde nicht nur mit einem Down-Syndrom geboren, sondern hat auch Diabetes. Da passt es gut, dass Tippelt von Beruf Diätassistentin ist und sich mit Ernährung auskennt. Heute hat Tippelt für ihre Trainingspartnerin einen Apfel-Kirsch-Saft griffbereit im Boot. 

Tippelt mit der Sehbehinderung und Gebhardt mit Down-Syndrom und Diabetes – beim Faltbootclub in Hof gehören zwei eingeschränkte Sportlerinnen in einem Boot zum Alltag. Das ist aber nicht überall so, nicht einmal bei den Special Olympics. Dort sitzen in einem Zweierkajak normalerweise ein Athlet mit Einschränkungen und ein Partner ohne Einschränkungen. Entsprechend unvorbereitet agierten die Turnierverantwortlichen ob der ungewöhnlichen Besetzung. "Die wollten die beiden mit der Bahn nach Stuttgart zum Trainingslager schicken. Dann habe ich erklärt: 'Das geht ein bisschen schlecht'", sagt Trainerin Schlisio.

Trainerin Schlisio: "Eine Medaille wird's auf alle Fälle" 

Einen Bonus wird das einzige Boot mit zwei eingeschränkten Athleten in Berlin übrigens nicht bekommen. Der Ehrgeiz dürfte bei den beiden Hoferinnen deshalb besonders groß sein. "So schnell wie möglich paddeln, das ist das primäre Ziel. Ich persönlich habe schon die Zeit im Kopf", erklärt Tippelt. Verraten will sie die aber nicht. Ein bisschen schneller als im Training dürften die beiden in Berlin dann doch sein. Denn für die Spiele hat der Verein extra ein neues Boot gekauft. Und das ist sieben Kilogramm leichter. Abgesehen davon herrscht in Hof purer Optimismus. "Eine Medaille wird's auf alle Fälle werden, da bin ich mir sicher", so Schlisio. "Und natürlich wäre es das Schönste, wenn es Gold wird."

Victoria Tippelt paddelt in einem Kajak.
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Im Juni starten in Berlin die Weltspiele für geistig behinderte Sportler – zwei Hoferinnen haben bei dem Turnier ein Alleinstellungsmerkmal.

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