Die Hacker-Gruppe "Fancy Bears" hat die Fußballwelt in Aufregung versetzt. Sie hat Daten veröffentlicht, wonach offenbar bei der WM 2010 in Südafrika 25 Spieler Mittel nehmen durften, die eigentlich verboten waren und auf der Dopingliste standen. Warum: Die Spieler waren offensichtlich krank, litten an Asthma und hatten medizinische Ausnahmegenehmigungen für die Medikamente. Auch vier deutsche Nationalspieler waren aufgeführt. Kann das sein?
Mehr Spieler betroffen, als angenommen
Offenbar leiden viel mehr Fußballprofis an Asthma und chronischen Atemwegsproblemen als bisher angenommen. Fürths Sportdirektor Martin Meichelbeck bestätigte schon vor einigen Monaten im Interview, dass zum Teil sogar medizinische Ausnahmegenehmigungen beantragt werden müssen: für Mittel, die eigentlich auf der Dopingliste stehen.
"Jetzt nehmen wir mal an, jemand hätte ein Asthma, dann muss man dieses Asthma-Spray auch erstmal genehmigen lassen - auch von der NADA. Es gibt halt auch mal Situationen, wo man vielleicht auch ein spezielles Cortison-Präparat auch braucht. Das muss man dann natürlich auch anmelden und angeben." Fürths Sportdirektor Martin Meichelbeck
NADA prüft Ausnahmegenehmigungen
Was Fußball-Profis also nehmen dürfen und ihnen ganz offensichtlich auch regelmäßig verabreicht wird: Schmerzmittel, die sind sowieso erlaubt. Asthmasprays, um besser Luft zu bekommen. Und Cortison gegen Entzündungen. Wer für das entsprechende Präparat eine Ausnahmegenehmigung braucht, stellt einen Antrag bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA. Dort wird dann geprüft und entschieden, ob der Spieler tatsächlich so krank ist, dass er das Medikament unbedingt braucht.
Keine Zahlen von der FIFA und UEFA
Im Jahr 2016 hat die NADA im deutschen Fußball 13 Ausnahmegenehmigungen bewilligt. Wie viele es tatsächlich sind, und für welche Medikamente und Mittel genau, darum wird ein Geheimnis gemacht. Denn für die Nationalspieler ist die FIFA zuständig, und für die Bundesliga-Vereine, die in der Champions League oder Europa League spielen, die UEFA. Dort wird aber gemauert. Weder die UEFA noch die FIFA geben auf Anfrage Zahlen heraus. Gemäß den veröffentlichten Daten der Hacker-Gruppe Fancy Bears hätten bei der WM 2010 in Südafrika allein vier Spieler der deutschen Nationalmannschaft Ausnahmegenehmigungen für Asthmamittel gehabt. Für den Sportmediziner und Anti-Doping-Forscher Perikles Simon von der Uni Mainz nicht überraschend.
"Dieses Verhältnis an Asthmatikern unter den Sporttreibenden ist völlig zu erwarten." Anti-Doping-Forscher Perikles Simon
Simon verweist auf Studien mit 20 Prozent Asthmatikern im American Football bis hin zu sogar 70 Prozent im Schwimmen. Entsprechende Untersuchungen explizit für den Fußball sind zwar nicht bekannt. Der Sportmediziner geht aber davon aus, dass auch mindestens jeder fünfter Fußball-Profi an Asthma leidet, und viele die Erkrankung im Laufe ihrer Karriere durch die besonderen Belastungen im Fußball erst bekommen haben.
"Wo viele Intervalle gerannt werden, die in der Kälte stattfinden, die teilweise auch in verschmutzter Luft in städtischen Ballungsräumen, bei Inversions-Wetterlage stattfinden, kann das selbstverständlich Asthma auch ein Stück weit triggern." Anti-Doping-Forscher Perikles Simon
Verdächtigungen im Radsport
Gerade im Radsport gab es in der Vergangenheit den Verdacht, dass die Regelung der medizinischen Ausnahmegenehmigungen zu Dopingzwecken missbraucht wurde. Der Radsport-Weltverband hat darauf reagiert unddas Verfahren geändert und verschärft. Seitdem würden viel weniger Ausnahmegenehmigungen beantragt und vergeben, heißt es. 2009 seien es im gesamten Radsport 239 gewesen, im vergangenen Jahr nur noch 15. Im Vergleich zur FIFA nennt der Radsport-Weltverband also auch Zahlen.
"Wenn jetzt jemand schweres Asthma hat, dann hat er im Leistungssport nichts zu suchen. Da kann man drüber lachen. Aber wir haben die Paralympics deswegen eingeführt, weil wir den Einbeinigen auch die Chance geben wollen, sich gegen andere zu messen." Marcel Kittel
Auch der andere deutsche Top-Fahrer Tony Martin hat sich in diesem Jahr schon zur Diskussion um die medizinischen Ausnahmegenehmigungen - kurz auch TUE genannt - geäußert: "Vielleicht wäre es wirklich das Beste, wenn man die TUEs öffentlich machen würde." Er habe bisher keine medizinische Ausnahmegenehmigungen gebraucht, und werde in Zukunft auch sicherlich keine brauchen.