Für Jupp Heynckes war sein letztes Spiel in der Champions League ein trauriger Tag, doch trotz fehlendem Happy End war der Bayern-Trainer am Ende mit sich im Reinen. "Ich finde, es ist auch gut so. Nicht mehr so viele gehen mit 72 noch solche Abenteuer ein", erklärte der sichtlich gerührte Heynckes auf der Pressekonferenz nach den Halbfinal-Rückspiel bei Real Madrid.
Es sollte einfach nicht sein mit dem zweiten "Triple" nach 2013. Und Heynckes wird der Letzte sein, dem man dafür die Schuld geben wird. Klar kann man die eine oder andere Personalie diskutieren - die Hereinnahme des international vergleichsweise unerfahrenen Corentin Tolisso für Javi Martinez zum Beispiel. Entscheidend waren diese Entscheidungen jedenfalls nicht.
Mit Heynckes kam der Aufschwung
Heynckes hat, nachdem er die Bayern am 9. Oktober zum insgesamt vierten Mal übernahm, aus einer verunsicherten Mannschaft ein Team gemacht, dass nicht nur souverän die sechste deutsche Meisterschaft in Folge holte, sondern die im Champions-League-Halbfinale mit Real Madrid auf Augenhöhe agierte und die "Königlichen" an den Rande des Ausscheidens gebracht hat.
Eine reife Leistung! Das sehen die Verantwortlichen so und die Fans ohnehin. "Don Jupp" wird vom Bayern-Anhang spätestens seit 2013 wie ein Heiliger verehrt. Was ihm früher als Schwäche ausgelegt worden wäre, gilt seither als "Gentleman"-like, charmant oder zumindest als "alte Schule", der der Erfolg Recht gebe.
Rummenigges tiefe Verbeugung
Aber nochmal: Wie er die Mannschaft in dieser Saison aus ihrem Formtief geholt hat, wie er unsichere Spieler stark geredet und verletzungsbedingte Ausfälle kompensiert hat, wie er die Zweckgemeinschaft vermeintlich egoistischer Fußball-Millionäre moderiert und die komplizierten Charaktere bei Laune gehalten hat, das sucht seinesgleichen. Sein Vorgänger Carlo Ancelotti ist daran krachend gescheitert. Sein Nachfolger Niko Kovac wird an ihm gemessen werden.
Dass Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Spieler und ihren Trainer nach dessen letztem Spiel auf der größten Bühne des europäischen Fußballs überschwänglich lobte, sagt vieles aus. Rummenigge habe "das beste Spiel gesehen, das ich mit Bayern München in der Champions League seit fünf Jahren erlebt habe". Eine tiefere Verbeugung vor dem Trainer, der mit seiner Elf gerade ausgeschieden ist, ist kaum vorstellbar.
"Double" wäre kein "Trostpreis"
Wenn Heynckes nun noch das DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt gewinnt (woran niemand ernsthaft zweifelt), wird er mit seinen Bayern das "Double" holen und zwei Trophäen mit zur Meisterfeier auf den Rathausbalkon bringen. Und dieses "Double"wird keinesfalls nur als "Trostpreis" gewertet werden. Denn alle wissen, in welch schlechter Verfassung die Bayern waren, als Heynckes das Team übernahm. Auch Rummenigge weiß, wem er es zu verdanken hat, dass diese Spielzeit noch gerettet wurde. In Berlin, so sagte er in der Nacht von Madrid, wolle man "eine Saison abrunden, die ihresgleichen sucht".