IOC-Präsident Thomas Bach
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IOC-Präsident Thomas Bach

    IOC treibt Russland-Frage voran - Wladimir Klitschko warnt Bach

    Das IOC unter der Führung des Würzburgers Thomas Bach treibt die Pläne zur Wiedereingliederung der russischen Athleten unter neutraler Flagge an - möglicherweise schon 2024 in Paris sollen sie wieder antreten. Die Ukraine droht mit Boykott.

    Wladimir Klitschko ist Olympiasieger. Insofern sollte sein Wort schon Gewicht besitzen beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Vor einigen Tagen schnappte er sich sein Handy, im Hintergrund zerbombte Häuser seiner Heimat Ukraine, und sprach den IOC-Präsidenten Thomas Bach direkt an: "Heute sind Russen Olympiasieger in Verbrechen gegen Zivilisten. Sie gewinnen die Goldmedaille in der Verschleppung von Kindern und der Vergewaltigung von Frauen."

    Bach solle diese Verbrechen nicht mit dem "olympischen Abzeichen" versehen, da er sich sonst zum "Komplizen dieses abscheulichen Krieges" mache und den olympischen Geist verrate, sagte Klitschko bei Instagram: "Ein Land, das die Grundprinzipien des Völkerrechts mit Füßen tritt", könne vom IOC nicht legitimiert und unterstützt werden.

    Bach plant Wiedereingliederung russischer Athleten

    Die Worte verraten: Es ist gerade etwas gewaltig im Argen in der Sportwelt. Ähnlich wie Klitschko äußerten sich auch andere ukrainische Sportlerinnen und Sportler. Denn: Das Internationale Olympische Komitee mit dem Würzburger Bach an der Spitze plant, russischen und belarussischen Sportlern die Rückkehr in den Weltsport als "neutrale Athleten" zu ermöglichen - 2024 in Paris könnten sie wieder bei Olympischen Sommerspielen antreten.

    Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs die Ukraine Ende Februar 2022 hatte das IOC den internationalen Weltverbänden den Ausschluss empfohlen, seit Monaten arbeitet der Verband allerdings an der Wiedereingliederung der Sportler unter strengen Bedingungen. Bach argumentiert mit den Menschenrechtsanforderungen der Olympischen Charta wie auch der Vereinten Nationen. Athleten "aufgrund ihres Passes auszuschließen", verstoße dagegen.

    Faeser gegen Wiedereingliederung - Handball-Präsident dafür

    In Deutschland lehnt die für den Sport zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Pläne strikt ab, allerdings gibt es auch Verständnis für das IOC wie von Andreas Michelmann, dem Präsidenten des Deutschen Handballbundes (DHB). "Wenn ich es ernst nehme, dass es im Kern um die Athleten geht, muss ich die Athleten trennen von den Staaten", sagte Michelmann im Deutschlandfunk.

    Klitschko, Olympiasieger von Atlanta 1996, folgt mit seinen Forderungen an das IOC dem ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der hatte Bach und das IOC scharf kritisiert. "Ich lade Herrn Bach nach Bachmut ein, dort kann er sich selbst davon überzeugen, dass Neutralität nicht existiert", wurde Selenskyj von der französischen Nachrichtenagentur AFP zitiert: "Es ist offensichtlich, dass jedes neutrale Banner russischer Athleten mit Blut befleckt ist."

    Russland fordert Aufhebung aller Sanktionen - Ukraine droht mit Boykott

    Das Nationale Olympische Komitee Russlands ROC fordert dagegen die Aufhebung aller Sanktionen für seine Athleten im Hinblick auf die Sommerspiele 2024 in Paris. "Russen müssen genau zu den gleichen Bedingungen teilnehmen wie alle anderen Athleten", sagte der Vorsitzende Stanislaw Posdnjakow laut nationaler Nachrichtenagenturen. Alle zusätzlichen Bedingungen seien "unerwünscht, vor allem die mit politischen Untertönen, die für die olympische Bewegung völlig inakzeptabel sind".

    Und die Ukraine? Die droht für den Fall einer Zulassung russischer und belarussischer Sportler bei Olympia 2024 mit einem Boykott der Sommerspiele in Paris. Darüber seien das IOC sowie die Dachverbände des internationalen Sports informiert worden, teilte der ukrainische Sportminister Wadym Gutzajt mit.

    Tennis-Ass Switolina denkt an getöteten Leichtathleten

    Angesichts von Geschichten, wie sich auch die ukrainische Tennisspielerin Elina Switolina auf Instagram teilte, ist das keine unbedachte Reaktion. Die Olympia-Bronzemedaillengewinnerin von 2021 in Tokio führte als Beispiel den ukrainischen Leichtathleten Volodymyr Androshchuk an, der im Krieg getötet wurde und nun keine Chance mehr hat, an den Spielen im kommenden Jahr teilzunehmen.

    "Er wird niemals sein Potenzial zeigen oder seine Träume bei den Spielen erfüllen können, also warum sollten russische und belarussische Athleten ihre Chance bekommen, wenn ihre Regierungen unschuldige Menschen und Athleten ihrer Chancen berauben?!!", ergänzte Switolina.

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