Verbale Botschaften der Spieler, die Regenbogenbinde von Manuel Neuer - und nun eine Sonderregel im Verbandsrecht: Der deutsche Fußball lässt auf Gesten konkrete Taten folgen. Künftig lässt der DFB Spieler und Spielerinnen mit dem Geschlechtseintrag "divers" oder "ohne Angabe" selbst entscheiden, ob sie für eine Frauen- oder Männermannschaft auflaufen. Die neue Regelung gilt ab der kommenden Saison für den Amateur- und den Jugendbereich sowie im Futsal. Das teilte der DFB am Donnerstag (23.06.2022) mit.
Alle sollen spielen können
Zuletzt hatte sich die Transgender-Debatte im Sport an der US-Schwimmerin Lia Thomas entzündet, die die männliche Pubertät durchlief und nach Entscheidung des Weltverbandes FINA nun nicht mehr bei den Frauen antreten darf. Der DFB geht mit der Aufnahme der neuen Regel in seine Spiel-, Jugend- und Futsal-Ordnung in eine andere Richtung. "Der Fußball steht für Vielfalt, und auch der DFB setzt sich dafür ein", sagte Thomas Hitzlsperger, Verbandsbotschafter für Vielfalt: "Mit der Regelung des Spielrechts schaffen wir weitere wichtige Voraussetzungen, um auch Spieler*innen unterschiedlichster Geschlechteridentitäten das Spielen zu ermöglichen."
Bislang war das in den Personaldokumenten eingetragene Geschlecht "männlich" oder "weiblich" maßgeblich für die Erteilung des Spielrechts. Eine gesonderte Regelung für die seit 2018 möglichen Eintragungen "divers" oder "ohne Angabe" gab es nicht, bei den Landesverbänden kam es oft zu Unklarheiten.
Selbstbestimmung im Fokus
Nun können trans Spieler und Spielerinnen selbstbestimmt jederzeit darüber entscheiden, ob sie in eine Mannschaft des anderen Geschlechts wechseln wollen. Gleiches gilt für alle Personen, die ihr Geschlecht angleichen lassen. Bei der Erteilung des Spielrechts sollen Vertrauenspersonen helfen. "Selbstbestimmung von Spielerinnen und Spielern zu berücksichtigen, ist das, was wir uns wünschen", betonte Gabriel_Nox Koenig vom Bundesverband Trans. Besonders für trans, inter und nicht-binäre Jugendliche ergebe sich so "die Basis, überhaupt Sport zu machen und daran Spaß haben zu können". Der Berliner Fußball-Verband hatte entsprechende Regeln bereits im Jahr 2019 eingeführt.
Erfahrung bekräftigt DFB
Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Wettbewerbsintegrität dadurch "nicht gefährdet" werde, heißt es vom DFB. Auch klar geregelt wurde, dass Personen am Spielbetrieb teilnehmen können, solange die sportliche Betätigung während der Einnahme von Medikamenten die Gesundheit der betroffenen Personen nicht beeinträchtigt. Die Regelung schließt somit eine Dopingrelevanz aus.
Kritik von Bierhoff an WM-Gastgeber Katar
Passend zum Vielfalts-Zeichen des DFB prangerte Oliver Bierhoff auch nochmals den Umgang des kommenden WM-Gastgebers Katar mit Homosexuellen an. "Ich meine, das Schlimme ist natürlich die gesellschaftliche Ächtung, die man da ja heraushört", sagte der Nationalmannschaftsdirektor auch mit Verweis auf eine persönliche Bekanntschaft aus der LGBTIQ+-Gemeinschaft: "Das andere ist, wenn du in deinem Leben Angst hast und dann auch noch von einer staatlichen Institution gegängelt wirst - das ist natürlich schon dramatisch." Derartige Zustände machen klare Statements wie die neue Regel des DFB umso wertvoller.
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