Am liebsten würde Christian Neureuther russische Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen in Paris im kommenden Jahr teilnehmen lassen. Denn für ihn "steht der Sportler an erster Stelle", so Neureuther am Sonntag in der BR-Sendung "Sonntags-Stammtisch". Allerdings stellt er die Bedingung: "Davor sollen sie dezidiert sagen, dass sie gegen den Krieg sind." Unter dem Regime Putins, das nicht nur einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, sondern auch das eigene Volk unterdrückt und mit Propaganda manipuliert, scheint das jedoch nicht wahrscheinlich.
Lange lässt sich die Frage nicht mehr hinausschieben, ob russische Athletinnen und Athleten bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr teilnehmen dürfen. Bei den aktuellen Wintersportereignissen sah man zuletzt russische Athleten für andere Nationen antreten – etwa bei der Eiskunstlauf-EM in Finnland. Im Biathlon fehlen sie ebenso wie Athleten aus Belarus.
Neureuther: Sotschi waren "Propaganda-Spiele"
Trotzdem hält es Christian Neureuther, der am Sonntag seinen Wiedereinstand beim Stammtisch gab, nachdem seine Frau Rosi Mittermaier am 4. Januar verstorben war, für möglich, dass Russland doch antreten darf. Denn der Chef des Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, und der russische Präsident Wladimir Putin seien "irgendwo noch immer ein Team". Dass die Olympischen Spiele 2014 im russischen Sotschi stattfinden konnten, sei nicht mehr als ein "IOC-Spielchen" gewesen. "Propaganda-Spiele" nannte Neureuther sie beim Sonntags-Stammtisch. Nun wolle Putin seine Sportler auch wieder bei Olympia unterbringen.
Neureuther: Russland hat "bei Olympia nichts verloren"
Denn in Russland gelte Sport als Staatspropaganda, der mit seinen Athleten die Stärke des Landes demonstrieren soll, so Neureuther. Oft werde dafür zu Doping gegriffen. Jetzt werde in Zusammenarbeit mit Thomas Bach nichts anderes gemacht, als "mit unlauteren Mitteln die Sportler nach vorne zu bringen und jetzt schießen sie auch noch ein Land zusammen. Dann haben sie bei Olympia nichts verloren", so der ehemalige Skirennläufer.
Zwei Sonderberichterstatter der UN haben jedoch Bedenken, ob ein völliger Ausschluss von Olympia verhältnismäßig ist – es gehe schließlich um Menschen, die Menschenrecht genießen. Bereits bei vergangenen Spielen hatte das IOC es Russland zumindest ermöglicht, an den Spielen unter neutraler Flagge teilzunehmen. Das Land war nach Dopingskandalen eigentlich für Olympia gesperrt.
IOC-Chef Bach für Russland-Teilnahme bei Olympia
Thomas Bach ließ zuletzt verlauten, dass der Sport noch die "einzige Brücke" sei, die die Menschen verbinde. Kurzum: Er will die russischen Athleten dabeihaben. Auch bei den letzten Olympischen Spielen in Peking hatte er die Menschenrechtsverletzungen Chinas mit keinem Wort kritisiert.
Die Ukraine freilich möchte auch Sportlerinnen und Sportler nach Paris schicken. Doch ukrainische Sportstätten sind zerbombt, viele Sportler kämpfen in der Armee. Dass diese Athleten dann auf russische Kontrahenten treffen sollen – für Neureuther undenkbar.
Experten gehen davon aus, dass das IOC Russland teilnehmen lässt, einmal mehr unter neutraler Flagge. Das kritisierte beim "Sonntags-Stammtisch" auch Manfred Weber (CSU), Fraktionschef der EVP im Europaparlament. Zwar sei der Sport eigentlich nicht politisch, doch es gehe hier "um Krieg und Frieden". Unter diesen Bedingungen könne der IOC unter keinen Umständen so weitermachen.
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