Im Juni 2021 war mitten in der Halbfinalserie gegen die MHP Riesen Ludwigsburg eine Gehirnblutung bei Bayern-Basketballspieler Paul Zipser festgestellt worden. Nach einer komplizierten Kopf-OP bangten Familie und Verein um sein Leben. 271 Tage später gab er sein Comeback auf dem Bundesliga-Parkett.
Harte und tränenreiche Zeit
Für viele ist das Comeback des 28-jährigen Nationalspielers wie ein Wunder. "Also, es war am Anfang so, dass viele die Rückkehr bezweifelt haben", sagt Zipser. Nur wenige hätten daran geglaubt. Auch für ihn war Basketball direkt nach der OP "erst einmal kein Thema". "Ich will erst einmal länger als zehn Meter am Stück gehen", war das erste Ziel.
"Das war mit Abstand das Härteste in meinem Leben", erinnert sich Zipser über die Zeit mit den Rehamaßnahmen. "So viel geheult habe ich in meinem Leben noch nie."
"Neue Challenge" auf dem Weg zu "mehr als hundert Prozent"
Die Erfahrungen aus vergangenen Rehazeiten haben ihm dann aber geholfen, das richtig anzupacken. Anstatt ihn zurückzuwerfen, hätten die immer den nächsten Schritt bedeutet, erklärt Zipser. Die OP habe es zwar "ein bisserl schwerer als sonst" gemacht, aber es sei für ihn einfach "eine neue Challenge".
Sie decke besonders die Schwächen auf, die er jetzt gezielt bekämpfen konnte und weiter dagegen angehen will. "Wenn du da so viel dran arbeitest und es dann irgendwann ins Gleichgewicht bringst, dann hat das schon das Potenzial, einen besser zu machen im Nachhinein." Und da seien "sogar mehr als hundert Prozent" drin.
Der Trick: Voller Fokus, aber auch "nicht immer dran denken"
Einerseits habe er den "vollen Fokus, wenn ich was mache". Zugleich gebe es aber auch einen besonderen Trick: "Nicht immer dran denken", das habe ihm extrem geholfen. "Wenn ich nach zwei Stunden Training glaube, nichts erreicht zu haben, dann ziehe ich mir die Schuhe aus und dann ist gefühlt alles vergessen. Ich komme nach Hause, ich hab‘ meine Freunde, ich hab meine Frau, die mich komplett ablenken von allem", erklärt Zipser.
Zwischen "geilem Dribbling" und "Rollstuhlbasketball"
Stand der Dinge ist jetzt: Im Privatleben fühlt sich Zipser "bei 90 Prozent plus X", sportlich "bei 60 Prozent". Immer noch treibt es ihm die Tränen in die Augen, wie zuletzt beim BBL-Spiel gegen Gießen, als sich ein Dribbling wieder einmal "richtig geil angefühlt" hat. Die nächsten Sekunden könnten sich aber wie "Rollstuhlbasketball" anfühlen. Das macht’s "so verdammt schwer", erklärt der Flügelspieler.
Mit individuellem Plan durch die BBL- und die Euroleague-Spiele
Jetzt absolviert er mit den Bayern-Basketballern in den kommenden BBL- und Euroleague-Partien ein strenges Programm. Manchmal merke er aber im Spiel: "Du bist gar nicht so müde, wie du gedacht hast". Zipser hat weiterhin "seinen individuellen Plan": Er legt auch mal Pausen ein und steht nicht in allen Partien auf dem Parkett.
Schritt für Schritt weitergehen, auch in den internationalen Playoffs
In den Euroleague-Playoffs, die die Münchner jetzt erreicht haben, sei "alles möglich", verspricht Leistungsträger Zipser. Im vergangenen Jahr waren die Münchner im Viertelfinale ausgeschieden. Auf die Teilnahme am Final-Four-Turnier würde Zipser aber auch diesmal "selbst noch nicht mal drauf wetten".
Auch nicht davon träumen. Aber er will sich zusammen mit der Mannschaft "Schritt für Schritt die Chance geben". Genau das kennt er ja schon aus seiner erfolgreichen Rehazeit.
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