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"Oldschool Society" vor Gericht Prozessauftakt gegen "dumme Terroristen"

So einfach machen es Angeklagte den Ermittlern selten: Internet-Chats und ein lockeres Gespräch über einen Anschlag am Telefon. Zum Auftakt des Prozesses gegen die "Oldschool Society" (OSS) vor dem Oberlandesgericht (OLG) München nannte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Rechtsextremen "dumme Terroristen".

Von: Thies Marsen

Stand: 27.04.2016 | Archiv

Prozess gegen "Oldschool Society": Angeklagte und Verteidiger | Bild: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe

Markus W. ist der einzige der vier Angeklagten, der optisch dem Klischee eines Neonazis nahe kommt: bullige Erscheinung, groß, kahlrasiert, riesige Ohrlöcher, Nasenring und Tätowierungen an Hals und Armen, die auch von seinem schwarzen Anzug und dem roten Hemd samt Krawatte nicht ganz verdeckt werden. Ausführlich beantwortet der 40-Jährige, der aus dem nordrhein-westfälischen Düren stammt und zuletzt in Sachsen wohnte, am ersten Verhandlungstag die Fragen des 8. Strafsenats am OLG zu seinem beruflichen und persönlichen Werdegang: zwei geschmissene Lehren, Hilfsarbeiterjobs, zuletzt Subunternehmer im Security-Gewerbe - bei Fußballspielen von RB Leipzig ebenso wie bei Konzerten von AC/DC, Udo Lindenberg oder den Toten Hosen.

Angeklagter Markus W.

Seine Ehe mit einer Polin scheiterte früh, er hat drei Kinder von drei verschiedenen Frauen. Ob sich Markus W. auch zu den Anschuldigungen gegen ihn äußern wird, sei noch nicht entschieden, sagt sein Verteidiger Reinhard Baehr.

"Heute hat er sich nur zu seinen persönlichen Verhältnissen eingelassen, dadurch haben die Zuhörer und das Gericht einen gewissen Eindruck von ihm bekommen können. Der Anklagevorwurf ist enorm, ihm werden sehr schwere Straftaten vorgeworfen. Jetzt kommt es drauf an, ob man ihm das wird nachweisen können oder nicht."

Reinhard Baehr, Verteidiger von Markus W.

Anklage: OSS wollte tödliche Nagelbomben bauen

Markus W. soll laut Anklage der "Vizepräsident" der OSS gewesen sein, die sich im Herbst 2014 übers Internet formiert und dann immer weiter radikalisiert hatte. Die vier Angeklagten zählten zur Führungsebene, zu einem selbsternannten "Geheimrat". Laut Anklage debattierten sie in Internetchats konkret über Anschläge. Insbesondere Markus W. soll mehrfach darauf gedrängt haben, Asylbewerberheime ins Visier zu nehmen. Und: Mit seiner Freundin, der Mitangeklagten Denis G., soll er in Tschechien illegale Feuerwerkskörper besorgt haben. Diese sollten in potenziell tödliche Nagelbomben umgebaut werden, so der Vertreter der Bundesanwaltschaft Jörn Hauschild.

"In einem Telefonat ist davon die Rede, dasss die pyrotechnischen Sprengkörper zusammen mit Nägeln verwendet werden sollten in Form von Nagelbomben - und diese Nägel haben wir in unmittelbarer Nähe zu den pyrotechnischen Sprengkörpern auch aufgefunden."

Jörn Hauschild, Vetreter der Bundesanwaltschaft

Stümperhaft laut Verfassungsschutz

Die Ermittlungsbehörden waren der OSS allerdings schon früh auf der Spur: Der Verfassungsschutz war auf die Gruppe aufmerksam geworden und hatte Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft verständigt. Monatelang wurde observiert - und dann zugegriffen, als die Gruppe sich im Mai vergangenen Jahres im sächsischen Borna zu einem Treffen verabredete, um dort offenbar auch einen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim zu verüben. Besonders konspirativ gingen sie dabei allerdings nicht vor, sagt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen.

"Dumme Terroristen in Teilen ja, wenn ich daran denke, dass sie dazu aufgefordert haben, zu einer tatsächlichen Verabredung zu kommen und gesagt haben: Bitte seid nüchtern!"

Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz

"Präsident" soll übernächste Woche aussagen

Angeklagter: OSS-"Präsident" Andreas H. aus Augsburg

Auch sonst machten es die mutmaßlichen Rechtsterroristen den Ermittlungsbehörden leicht: Ihren Hass und  ihre Gewalt-Phantasien stellten sie im Netz offen zur Schau, sie formierten sich nach dem Vorbild von Rockerclubs, gaben sich also einen Vorstand samt Präsidenten, Schriftführerin und sogar einem Pressesprecher. Letzterer war Olaf O. aus Bochum, der ebenfalls zu seinem persönlichen Werdegang aussagte: Der 48-Jährige arbeitete bei Opel am Fließband, bis ihn ein Gehirntumor völlig aus der Bahn warf. Danach scheiterte seine Ehe, er lebte fast nur noch von Hartz IV. Und er schloss sich im Netz der OSS an. Olaf O. ist der einzige Angeklagte, der schon im Ermittlungsverfahren umfassend ausgesagt hatte. Übernächste Woche geht der Prozess weiter, dann sollen die beiden anderen Angeklagten befragt werden: die 24-jährige Denis G. und der "Präsident" der OSS, der 57-jährige Andreas H. aus Augsburg.

Alle vier Angeklagten müssen sich nun wegen der Vorbereitung einer Straftat mit Sprengstoff und der Gründung einer terroristischen Vereinigung verantworten.


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