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Flüchtlingsdebatte nach den Anschlägen Massive Kritik an Söder-Tweet

Nach den Anschlägen von Paris hat Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) für einen Tweet massive Kritik geerntet. Er zog darin Parallelen zur sogenannten Flüchtlingskrise. SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte derweil, die Flüchtlinge für den Terror verantwortlich zu machen

Von: Max Muth

Stand: 14.11.2015 | Archiv

Finanzminsister Söder hat mit einem Tweet heftige Reaktionen ausgelöst  | Bild: Screenshot Twitter

Am Tag nach den verheerenden Terror-Anschlägen von Paris haben mehrere Politiker Konsequenzen aus den Anschlägen gefordert. Vor allem aus der CSU wurde der Ruf nach politischen Konsequenzen laut. Bayerns Heimatminister Söder lehnte sich am weitesten aus dem Fenster.

"#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen"

Heimatminister Markus Söder (CSU) auf Twitter

Scharfe Kritik auch aus der Union

Für seinen Tweet erntete Söder in sozialen Netzwerken viel Kritik. Kommentatoren warfen ihm vor, die Anschläge für parteipolitische Zwecke zu instrumentalisieren. "Schämen sie sich, Herr Söder", war noch eine der harmloseren Antworten. Sogar sein Unionskollege, der stellvertretende CDU-Vorsitzende Laschet bat Söder um Klärung.

Laschet schrieb auf Twitter: "Vor diesen Terroristen des IS fliehen die Flüchtlinge nach Deutschland. Was meint Ihr Tweet?" Doch auch Söders Parteichef Horst Seehofer forderte eine schnelle politische Reaktion auf die Anschläge. Auf der Internetseite der CSU schreibt Seehofer:

"Eines ist für mich klar: Wir müssen uns umgehend wieder Klarheit verschaffen, wer in unser Land kommt, wer durch unser Land fährt und wer sich hier aufhält. Es müssen wieder die Regeln des Rechts zur Geltung kommen, die leider seit vielen Wochen nicht mehr eingehalten werden."

Bayerns Ministerpräsident Seehofer

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hingegen war um ausgewogene Worte bemüht. Ohne explizite Adressaten zu nennen, sagte er in Berlin:

"Ich habe die dringende Bitte als Bundesinnenminister und als verantwortlicher Politiker dieses Landes, dass jetzt nicht vorschnell irgendein Bogen zur Debatte um das Thema Flüchtlinge geschlagen wird"

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU)

SPD warnt vor Parallelen

Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) warnte vor Aktionismus. Es müsse höllisch aufgepasst werden, dass die Mordtaten der Terrorgruppe IS nicht mit dem Schicksal der Flüchtlinge aus Syrien, Jordanien, Irak oder Afghanistan verquickt würden. Gabriel sagte, man dürfe nicht die Flüchtenden darunter leiden lassen, dass sie aus den Regionen kommen, aus denen der Terror zu uns in die Welt getragen wird. Muslimische Flüchtlinge könnten nichts dafür, dass Mörder in Frankreich unter dem Namen einer Religion die Menschen bedrohen.

Schon direkt nach den Anschlägen noch in der Nacht hatte sich in den sozialen Netzwerken eine ähnliche Diskussion entwickelt. Da war es um ein Facebook-Posting des "Welt"-Kolumnisten und ehemaligen "Spiegel"-Autoren Matthias Matussek gegangen.

"Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen."

Matthias Matussek

Garniert hatte der Autor seine Zeilen mit einem Smiley-Emoticon. "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann bezeichnete Matusseks Nachricht als "ekelhaft". Auch "Welt"-Chefredakteur Peters sah sich zu einer Reaktion genötigt. Er nannte das Posting "durchgeknallt".

Türkische Gemeinde fürchtet das Schlimmste

Die Türkische Gemeinde in Deutschland befürchtet derweil eine neue Welle von Islamfeindlichkeit. Ihr Vorsitzender, Sofuoglu, sagte der Online-Ausgabe der "Stuttgarter Zeitung", im Moment herrsche sowieso eine sehr angespannte Situation. Rechtspopulistische Gruppen wie Pegida oder die AfD würden sich jetzt bestärkt fühlen und noch lauter in der Öffentlichkeit auftreten. Unter dem Motto "Refugees welcome" sind in Hamburg bis zu 9.000 Menschen auf die Straße gegangen. Sie forderten "Bleiberecht für alle statt Verschärfung des Asylrechts".


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