NSU-Prozess


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NSU-Prozess: 424. Verhandlungstag "Zeichen der Sühne" – Verteidiger von Holger G. fordern kein konkretes Strafmaß

Im NSU-Prozess haben die Verteidiger des mutmaßlichen NSU-Unterstützers Holger G. eine milde Strafe vorgeschlagen. Auf Wunsch ihres Mandanten stellten sie aber keinen konkreten Strafantrag. Die Bundesanwaltschaft wirft Holger G. die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor und fordert fünf Jahre Haft.

Von: Ina Krauß

Stand: 09.05.2018 | Archiv

Holger G. (re.) mit Verteidiger Pajam Rokni-Yazdi  | Bild: picture-alliance/dpa

Holger G. sei bereit, persönlich Verantwortung zu übernehmen und erwarte eine Sanktionierung seiner Taten, sagte sein Anwalt Pajam Rokni-Yazdi im Plädoyer. Am Schluss solle nicht der Eindruck entstehen, "dass man mit einem blauen Auge davonkommt, wenn man seine Dokumente an Personen übergibt, die im Untergrund leben."

Den Freunden keine Morde zugetraut

Holger G.s Anwälte bestreiten den Vorwurf der Bundesanwaltschaft, ihr Mandant habe wissentlich eine terroristische Vereinigung unterstützt. G. hatte zwar bereits zu Beginn des NSU-Prozesses zugegeben, Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe im Untergrund einen Führerschein, einen Reisepass und weitere Dokumente übergeben, sowie eine scharfe Waffe überbracht zu haben. Er habe Freunde unterstützen wollen, die sich der Strafverfolgung entzogen hatten. Er sei sich auch bewusst gewesen, dass diese zur Finanzierung ihres Lebens Überfälle begingen. Doch Morde oder Bombenanschläge habe er den Freunden nicht zugetraut.

Von den Freunden, die er aus seinen Zeiten in der rechtsradikalen Jenaer Kameradschaft kannte, fühle sich Holger G. heute missbraucht, berichten seine Anwälte. Sie hätten ihn beschwichtigt und ihm zugesichert, dass sie die Dokumente lediglich brauchten, um sich bei einer Polizeikontrolle notfalls auszuweisen.

Ausflüchte eines Terrorhelfers?

Die Bundesanwaltschaft hält diesen Teil von Holger G.s Einlassung für eine Schutzbehauptung und fordert eine Verurteilung von Holger G. zu fünf Jahren Haft. Seine Anwälte werfen der Bundesanwaltschaft allerdings vor, sich aus G.s Geständnis nur das Negative herauszupicken, um eine Verurteilung zu erreichen. Der öffentliche Druck auf das Verfahren und die Bundesanwaltschaft sei hoch, ihr Mandant in der Öffentlichkeit als Terrorhelfer vorverurteilt. An das Gericht appellierte Anwalt Rokni-Yazdi, trotz der hohen Erwartungen an eine Bestrafung der Täter ein gerechtes Urteil zu fällen

"Zeichen der Sühne"

Holger G.s Anwälte schlossen sich in ihrem Plädoyer der Version anderer Verteidiger an, der NSU hätte lediglich bis 2007 bestanden. Nach dem letzten Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter hätte sich die terroristische Vereinigung aufgelöst. Danach begingen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt lediglich Raubüberfälle. Darum sei lediglich die Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gegeben. Juristisch sei eine Verurteilung zu weniger als zwei Jahren gerechtfertigt. Auch eine Bewährungsstrafe brachten sie ins Spiel. Doch ihr Mandant wollte keine konkrete Strafmaßforderung. Er will damit ein Signal senden, ein „Zeichen der Sühne“, wie Anwalt Stefan Hachmeister sagt. Schon in seinem Geständnis hatte sich Holger G. bei den Opfern und Hinterbliebenen dafür entschuldigt, dass er durch die Übergabe seiner Dokumente die Taten des NSU - ohne es zu wissen -möglich gemacht habe.


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