NSU-Prozess


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419. Verhandlungstag, 24.4.2018 Endlich wieder Bewegung im NSU-Prozess

Es kommt wieder Bewegung in den NSU-Prozess. Monatelang war das Verfahren vor dem Münchner Oberlandesgericht vor allem wegen seiner Verzögerungen in den Schlagzeilen. Heute, am 419. Verhandlungstag und knapp fünf Jahre nach Beginn des Mammut-Prozesses, begannen die Plädoyers der Verteidigung von Beate Zschäpe.

Von: Eckhart Querner

Stand: 24.04.2018 | Archiv

Eckhart Querner | Bild: Julia Meuller

24 April

Dienstag, 24. April 2018

Die Ansprüche sind gesunken. Da gilt es bereits als ein guter Tag, wenn es im Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU mal wieder voran geht. So geschehen heute. Auch wenn viele Prozessbeobachter nicht mehr damit gerechnet hatten, konnten am Mittag die Vertrauensanwälte der Hauptangeklagte Zschäpe mit ihrem Plädoyer beginnen.

Zschäpe-Verteidiger bestreitet Mittäterschaft

Um kurz vor 13.00 Uhr, als Zschäpe-Wahlverteidiger Hermann Borchert das Wort ergriff, war im Saal eine gewisse Erleichterung zu vernehmen. Borchert fuhr volle Breitseite gegen die Bundesanwaltschaft. Ihr warf er spekulative Argumente vor, Indizien hätte die Anklage einseitig und bewusst fehlerhaft ausgelegt. Seine Mandantin bestreite vehement, die zehn Morde des NSU gewollt und unterstützt zu  haben. Borchert, der zusammen mit seinem Kollegen Mathias Grasel erst 2015, also zwei Jahre nach Beginn in den Prozess eingestiegen war, bestritt eine Mittäterschaft Zschäpes an den Verbrechen der NSU-Rechtsterroristen.

Vertreter der Opferfamilien kritisierten diese Argumentation, sie sei falsch. Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer erklärte, Borchert habe im Gegensatz zu Bundesanwaltschaft und Nebenklägern nur die Hälfte der Verhandlung mitbekommen und ganz wesentliche Zeugenaussagen eben nicht persönlich. Wörtlich sagte Scharmer: "Wir würdigen die Beweisaufnahme, die wir gesehen haben, was Herr Borchert nicht kann."

Zschäpe erteilte Interview-Verbot

Gegenüber Journalisten äußerten sich Borchert und Grasel nicht. Sie hatten schon zuvor mitgeteilt, ihre Mandantin erlaube keine Interviews. Die Hauptangeklagte hielt während des Plädoyers ihren Kopf auf die Hände gestützt und schaute minutenlang auf den Tisch vor ihr. Streckenweise las sie auch das Plädoyer mit.

Bei zahlreichen Prozessbeteiligten keimte heute die Hoffnung, dass das Verfahren nun doch auf der Zielgeraden angelangt sei. So sagte Nebenklage-Anwalt Thomas Bliwier, der die Opferfamilie Yozgat vertritt, er sei vielleicht zum ersten Mal in diesem Verfahren "ein bisschen optimistisch, dass es jetzt mit den Plädoyers der Verteidigung zum Ende" komme. Doch sicher ist das nicht, denn die Verteidigung des Angeklagten André E. hat heute bereits einen neuen Beweisantrag angekündigt.


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