NSU-Prozess


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343. Verhandlungstag, 7.2.2017 Viel Streit, wenig Inhalt

Eigentlich war der ganze Tag für die Befragung des Psychiaters Henning Saß zu seinem Gutachten über Beate Zschäpe vorgesehen. Doch statt Fragen gab es heute überwiegend Streit.

Von: Julian von Löwis

Stand: 07.02.2017 | Archiv

Julian von Löwis | Bild: BR

07 Februar

Dienstag, 07. Februar 2017

Muss das Gericht den Gutachter auf Verlangen der Verteidigung dazu auffordern, seine handschriftlichen Notizen zur Hauptverhandlung mitzunehmen? Ja, sagen Zschäpes Altverteidiger Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl. Sie wollten heute vom Sachverständigen wissen, was er sich am ersten Verhandlungstag notiert hat. Saß konnte und wollte diese Frage nicht beantworten, ohne seine Notizen, die in seinem Büro in Aachen liegen, ginge das aber ohnehin nicht. Schließlich habe er aber alle relevanten Überlegungen, die in sein Gutachten eingeflossen seien, dargelegt.

Verteidigung will Gutachten entkräften

Saß stuft in seinem Gutachten Zschäpe als voll schuldfähig ein und das versuchen die Verteidiger mit allen Mitteln zu entkräften. Sie wollen ein eigenes Gegengutachten anfertigen lassen und dazu brauchen sie so viele Informationen wie möglich über das von Saß. Dazu gehören laut Sturm vor allem auch jene Gedanken dazu, die sich der Psychiater am ersten Verhandlungstag notiert hat.

Gelächter im Gerichtsaal - Richter stinksauer

Sturm frägt Saß mehrfach das gleiche, wird von Richter Manfred Götzl zurechtgewiesen und stellt dann einen Antrag an das Gericht, den Gutachter anzuweisen, seine Notizen in die Verhandlung mitzunehmen. Götzl lehnt dies ab und es folgen mehrere Wortgefechte zwischen der Verteidigung, dem Gericht und der Bundesanwaltschaft, die auf Götzls Seite ist. "Da könnte ich hier ja jetzt aus der Hose springen", regt sich Wolfgang Stahl auf, "ohne seine Notizen kann der Sachverständige die Fragen der Verteidigung nicht beantworten". Als dann zum wiederholten Male eine Unterbrechung gefordert wird, hört man ein lautes Lachen auf der Zuschauertribüne. "Was soll das jetzt?", schreit Richter Götzl, "hier herrscht Ruhe!" - so in Rage hat man den Vorsitzenden länger nicht mehr erleben können. Er wirft Wolfgang Stahl vor, die Stimmung im Saal mit seiner flapsigen Ausdrucksweise angestachelt zu haben. Der Tag endet schließlich damit, dass die Verteidiger Götzls Entscheidung, den Sachverständigen eben nicht anzuweisen seine Notizen mitzubringen, beanstanden.

Henning Saß ist für morgen wieder geladen, der Streit von heute wird wohl noch in eine nächste Runde gehen.


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