NSU-Prozess


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257. Verhandlungstag, 21.1.2016 "Zwei bis drei Flaschen Sekt pro Tag"

Beate Zschäpe will nicht nur nichts von der Planung der Morde gewusst haben, sie war durch ihren Alkoholkonsum offenbar auch in einer Art Dauerdelirium - Verteidigungstaktik oder die Beichte einer gebrochenen Frau?

Von: Julian von Löwis

Stand: 21.01.2016 | Archiv

Julian von Löwis | Bild: BR

21 Januar

Donnerstag, 21. Januar 2016

Ohne den Alkohol hätte sie das Leben im Untergrund nicht ertragen können. So ließ es Zschäpe ihren Anwalt heute in ihrem Namen verlesen. 13 Jahre lang lebte sie zusammen mit den bereits verstorbenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund. Immer auf der Flucht, immer in Angst vor der Polizei. Die beiden Uwes seien regelmäßig für zwei Wochen oder länger unterwegs gewesen und sie war alleine - und trank. Ihren mutmaßlichen Komplizen habe sie die Trinkerei aber verheimlichen müssen. Insgesamt sei das Vertrauensverhältnis innerhalb des Trios stark gestört gewesen. Zschäpe hatte vergangenen Dezember bereits erklärt, von den insgesamt zehn Morden und mindestens zwei Sprengstoffanschlägen nichts gewusst zu haben. Sie sei entsetzt gewesen von den Taten.

Zschäpe die Mitläuferin?

Nimmt man das, was Beate Zschäpe heute schildern ließ als gegeben, war sie eine verängstigte, verunsicherte Frau ohne emotionalen halt, ohne jegliche soziale Kontakte, außer zu den beiden Uwes, mit einem erheblichen Alkoholproblem.

In diesem Verfahren wurde auf der anderen Seite aber auch ein  ganz anderes Bild von ihr gezeichnet. Zeugen, die aussagten, Beate Zschäpe sei eine selbstbewusste Frau gewesen, die bestimmt aufgetreten sei und ihre Meinung klar und unmissverständlich äußerte. Auch ihr jüngstes Verhalten im Streit mit ihren drei ursprünglichen Pflichtverteidigern war nicht unbedingt das einer schüchternen und zurückhaltenden Person.

Wer war Beate Zschäpe?

Diese Frage hat sie heute teilweise versucht zu beantworten. Allerdings nur schriftlich vorformuliert, verlesen von ihrem Anwalt. Vielleicht hätte es etwas mehr zur Sache beigetragen, wenn sie, so wie ihr Mitangeklagter Ralf Wohlleben, zumindest selbst das Wort ergriffen hätte.


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