NSU-Prozess


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188. Verhandlungstag, 26.02.2015 "Die drei waren wie Helden"

Eine Aussteigerin aus der Skinhead-Szene gab sich heute im NSU-Prozess ungewohnt auskunftsfreudig. Sie erzählte vom "Märtyrer-Status" des NSU-Terror-Trios, ihrer Angst vor dem Angeklagten Ralf Wohlleben und ihrer Freundschaft zum Angeklagten Carsten S.

Von: Eva Frisch

Stand: 26.02.2015 | Archiv

Eva Frisch | Bild: Bayerischer Rundfunk

26 Februar

Donnerstag, 26. Februar 2015

Normalerweise glänzen Zeugen aus der rechten Szene im NSU-Prozess oft mit Erinnerungslücken. Nicht so Christina H. Die 30-jährige Szene-Aussteigerin erinnerte sich an Partys und Alkohol Ende der 1990er-Jahre. Da war Christina H. gerade mal 13 Jahre alt. Braune Subkultur als Partyspaß. Und dazu an Geschichten über die "drei". So wurden Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in der Szene genannt. "Die standen immer wie Helden da", sagte die Zeugin. "Sie wurden hoch gelobt. Es gab Bands in der Szene, die Lieder über sie geschrieben haben." Die drei seien wie Märtyrer gewesen, so Christina H.

"Liegestütze zur Strafe für einen Döner"

Das Trio hat Christina H. nie getroffen. Dafür aber den Angeklagten Ralf Wohlleben. Und an ihn hatte sie keine guten Erinnerungen. Von einer "angsteinflößenden Aura" sprach die Zeugin heute. Und dann beschrieb sie einen Vorfall in Wohllebens Wohnung: Ein 13-jähriger aus der Gruppe geriet in Verdacht, einen Döner gegessen zu haben. Da soll Wohlleben von ihm zehn Liegestützen zur Strafe verlangt haben. "Wenn du das noch mal machst, wirst du ausgepeitscht", soll Wohlleben laut Zeugin gedroht haben. Der war ein "Psycho", beschrieb Christina H. den Angeklagten heute.

Mögliche Mordwaffe übergeben

Besser lief es mit Carsten S. Der Mitangeklagte im NSU-Prozess sei ihr "Beschützer" in der rechten Gruppe gewesen. Und die beiden sind immer noch befreundet. Trotz ihres Ausstiegs aus der Szene holte sie ihre rechte Vergangenheit aber ein. Christina H. beschrieb heute ein Treffen mit Carsten S. Ende 2011. Da vertraute sich ihr der Angeklagte an. Er habe "eine Waffe übergeben" und jetzt habe er "Angst, dass mit der Waffe auch Menschen umgebracht worden sind." Dann sei er unter Tränen zusammengebrochen. Und tatsächlich soll Carsten S. laut Bundesanwaltschaft die Mordwaffe "Ceska" für das Trio besorgt haben. Er ist deshalb so wie Ralf Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen angeklagt.


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