NSU-Prozess


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181. Verhandlungstag, 03.02.2015 "Der Russki hat gesagt: Kriegst alles für 100 Mark"

Ein Angebot, das Robin H. nicht ablehnen konnte: In der heutigen Verhandlung gab der ehemalige Skinhead an, viele Waffen besessen zu haben, darunter eine Kalaschnikow und eine Kiste Handgranaten.

Von: Alf Meier

Stand: 03.02.2015 | Archiv

Kalaschnikow | Bild: picture-alliance/dpa

Waffen habe er zum Schutz vor Ausländern gekauft, sagte der 40-jährige Chemnitzer. Alle seien doch damals ausländerfeindlich gewesen. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl, welche Ausländer er denn gekannt habe, sagte Robin H.: "Gar keine! Meine eigene Dummheit damals".

"Hab' gesagt, ich brauch 'ne Wumme"

Reporter-Tagebuch

Tim Aßmann | Bild: BR zum Artikel 181. Verhandlungstag, 03.02.2015 Die drei Affen von Chemnitz

Auch dieser Verhandlungstag zeigt: Dass sich das Terrortrio in Chemnitz versteckte, war in der Neonaziszene ein offenes Geheimnis. Trotzdem flogen sie nicht auf. Von Tim Aßmann. [mehr]

Ein Sturmgewehr der Marke Kalaschnikow und eine Kiste Handgranaten kaufte H. Anfang der 1990er Jahre nach eigenen Angaben von einem russischen Soldaten. "Der Russki hat gesagt: Kriegst alles für 100 Mark", sagte H.

In Dänemark habe er später noch eine Schrotflinte und eine Pistole Kaliber 9mm erworben. Geholfen habe ihm dabei ein Bekannter aus Flensburg. "Hab' ihm gesagt, ich brauch ne Wumme". Diesmal hätte er die Waffen allerdings zum Schutz gegen "Rechte" gekauft.

Aus Szene ausgestiegen

Der ehemalige Skinhead war nämlich 1994 aus der Szene ausgestiegen, hatte in einem Verfahren gegen den Neonazi Thomas S. ausgesagt. S. sei zu eineinhalb Jahren Gefängnis, unter anderem wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung, verurteilt worden, sagte der Zeuge. Er selbst habe nach seiner Aussage an einer Art Verfolgungswahn gelitten, aber keine Angst gehabt, er sei ja bewaffnet gewesen.

"Wie ein Loch gesoffen"

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR zum Artikel NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 181. Verhandlungstag, 3.2.2015

Am 181. Verhandlungstag sagt der Zeuge Enrico R. aus Chemnitz zu Treffen mit Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und dem Mitangeklagten Ralf Wohlleben aus. Es geht um den Zugang der rechtsextremen Gruppe zu Waffen. [mehr]

Die im NSU-Prozess Angeklagten will H. nicht kennen. Auch mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hat er angeblich nie etwas zu tun gehabt. Richter Manfred Götzl hatte zu Beginn der Vernehmung große Mühe mit dem oft einsilbigen Zeugen. H. machte Erinnerungslücken geltend, gab an, in seiner Zeit als Skinhead "wie ein Loch" gesoffen zu haben. Erst nach mehrfacher Ermahnung wurde er gesprächiger.

Für die Urteilsfindung im NSU-Prozess hat die Vernehmung vermutlich nicht viel gebracht. Immerhin: H. gab den Prozessteilnehmern einen Einblick in die Skinheadszene in Ostdeutschland Anfang der 1990er Jahre und zeigte auf, wie erschreckend einfach man an Kriegswaffen gelangen konnte. Kalaschnikow und Handgranaten versenkte H. übrigens nach eigener Aussage später in einem Steinbruch.

Mit Beate Zschäpe bekannt

Vor der Vernehmung von Robin H. hatte das Gericht bereits einen anderen Ex-Neonazi befragt. Enrico R. gab am Vormittag an, Beate Zschäpe recht gut gekannt zu haben. Der 45-Jährige beschrieb sie als ruhigen, sich selbst zurücknehmenden Menschen. Nach dem Abtauchen des NSU-Trios in den Untergrund sei die Szene zunächst über den Aufenthaltsort der mutmaßlichen Terroristen im Bilde gewesen, sagte er. Über die Polizei habe man geschmunzelt.


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