NSU-Prozess


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143. Verhandlungstag, 24.9.2014 Was wusste Tino Brandt?

Im NSU-Prozess hat nochmals Tino Brandt ausgesagt, der sich selbst als überzeugten Nationalisten bezeichnet, aber als nicht militant. Dieses Bild bekam nun aber Risse.

Von: Eckhart Querner

Stand: 24.09.2014 | Archiv

Eckhart Querner | Bild: BR

24 September

Mittwoch, 24. September 2014

Wieder ein Verhandlungstag mit Tino Brandt, die wohl schillerndste Figur der Neonazi-Szene in Thüringen: Gründer und Sprecher des rechtsextremen Thüringer Heimatschutzes (THS), Vizechef der Thüringer NPD, Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (der aus dem Umfeld THS entstanden sein dürfte) und zu allem Überfluss noch Informant des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutzes.

Als Zeuge im Münchner NSU-Prozess wiederholt er gebetsmühlenartig, dass er den Thüringer Heimatschutz weg vom Gewaltimage gebracht habe, und sich dem politischen – legalen  - Weg verschrieben habe, um seine Ziele zu verfolgen.

Bisher war so viel klar: Brandt leugnet seine rechte Gesinnung nicht, aber er gibt sich als nichtmilitanter Aktivist. Spätestens heute hat dieses Bild von Brandt dicke Kratzer bekommen.

Wirklich nicht militant?

Da sind die Schießübungen. Er habe nie an Schießübungen in Thüringen teilgenommen, behauptet der 39jährige. Anwälte der Nebenklage konfrontieren ihn heute mit Zeugenaussagen und Fotos. Auf seinem Gartengrundstück in der Nähe von Kahla/Thüringen steht eine Hütte, die voller Einschusslöcher ist. Brandt erklärt, auf dem Grundstück hätten sich keine militärischen Übungen abhalten lassen. Doch zwei Nachbarn haben Brandt auf Fotos erkannt, die ihn dort bei Schießübungen gemeinsam mit Kameraden zeigen. Brandt widerspricht: er sei nicht dabei gewesen.

Weitere Fotos werden im Gerichtssaal gezeigt: dort sieht man Brandt auch bei Schießübungen im "Burenfreistaat" in Südafrika und in den USA. Brandt räumt freimütig ein, als Jugendlicher habe er auch bei einer rechten Sonnenwendfeier in Frankreich geschossen.

Belastende Aussage

Da ist der ehemalige Führungskamerad Brandts aus Bayern, Kai D. Er unterstützte Tino Brandt Anfang der 90er Jahre beim Aufbau rechter Strukturen in Thüringen. Zeuge Brandt wird vor Gericht mit der Aussage D.s konfrontiert. Dem war bekannt, dass Brandt V-Mann war und vom Erfurter Verfassungsschutz über Jahre größere Mengen Geld erhielt: "Brandt war für mich der Master of Desaster. Er hat vielleicht versucht, [mit der Unterstützung des Verfassungsschutzes] einen militärischen Arm aufzubauen." Auch hier widerspricht Brandt.: „Sie werden in Thüringen niemanden finden, der diese Aussage bestätigt.“ Aber vielleicht gibt es ja außerhalb von Thüringen jemanden…

Verfahren ein "Schauprozess"

Tiefe Einblicke in seine unverrückbare rechte Gesinnung gab der Zeuge heute: Als ihn ein Anwalt der Nebenklage fragt, ob er sich einmal mit den zehn Opfern des NSU befasst habe. Brandt wörtlich: "Ich halte das hier für einen Schauprozess. Auf irgendeine Weise wird da was passiert sein. Aber dass die beiden Uwes das gewesen sein sollen, kann ich mir nicht vorstellen." Derzeit sitzt Brandt in Untersuchungshaft. Weil er minderjährige Männer an Freier vermittelt haben soll.


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