NSU-Prozess


1

NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 143. Verhandlungstag, 24.09.2014

Erneut sagt der ehemalige V-Mann Tino Brandt aus. Als ihn ein Anwalt der Nebenklage fragt, ob er sich einmal mit den Opfern des NSU befasst habe, sagt Brandt, er halte das Verfahren für einen "Schauprozess".

Von: Holger Schmidt, Eckhart Querner, Tim Aßmann, Gunnar Breske und Oliver Bendixen

Stand: 24.09.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Brandt bezeichnet sich selbst als überzeugten Nationalisten, der aber nicht militant sei. Die Vertreter der Nebenklage können ihm aber Teilnahme an Schießübungen beweisen. Es zeigt sich in der Vernehmung, dass der Thüringer Verfassungsschutz kein großes Interesse am Aufspüren von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hatte.

Zeuge:
Tino Brandt (Ex-V-Mann und Ex-Neonaziführer)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Holger Schmidt, SWR)
10.30 Uhr, Befragung des Zeugen Tino Brandt:
Frage: Hat es bei Ihnen Hausdurchsuchungen gegeben, von denen Sie nichts gewusst haben?
B: Habe vielleicht 20 Hausdurchsuchungen in meinem Leben erlebt und von 3 oder 4 vorher was gewusst. Gefunden haben die aber nie was, hatte meine Sachen immer woanders.
RA Michael Kaiser (Verteidiger des Angeklagten André E.): Umfasst gegenwärtiges Verfahren gegen Sie auch Betrug?
B: Soll demnächst zur Anklage kommen.
K: Betrug?
B: Ja.
RA Alexander Hoffmann (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): An wie vielen Schulungen teilgenommen?
B: Weiß ich nicht mehr.
H: Wer hat die Schulungen gemacht?
B: Kann ich nicht mehr sagen. Auch mal Frankreich.
H: Wer sind die Führungskameraden gewesen?
B: Kai D. z. B., der zur GdNF ("Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front") gehörte. Später haben wir uns selbst organisiert, Anti-Antifa, THS ("Thüringer Heimatschutz"), uns quasi selbst geführt.
H: Wie stark beeinflusst von den massiven Übergriffen und Brandanschlägen auf Flüchtlinge 1992/1993?
B: Hat uns nicht beeinflusst.
H: In diesem Zusammenhang Verfahren der Staatsanwaltschaft Bochum gegen Sie in der Zeit?
B: Wurde gegen mich wegen verschiedener Schriften ermittelt und eingestellt.
H: Kay D. hat Buchhändler an- und Polizisten erschossen. Welche Bedeutung hatte das für Sie?
B: Hat unsere Arbeit nicht beeinflusst, für uns in Thüringen hatte das keine Bedeutung.

RA Peer Stolle (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Wie ist die Ansprache abgelaufen?
B: Auf der Straße angesprochen, ein paar Fragen gestellt.
S: Was für Fragen?
B: Zu unserem Konzept, zu unserer Politik.
S: Wie abgelaufen?
B: Kurz danach, Treffen in einer Gaststätte, hatten einen Fragenkatalog.
S: Unmittelbar Kai D. informiert?
B: Ja, sofort darauf.
S: Gab es noch mehr Hinweise, was zu tun war, wenn man angesprochen wird, außer einen Führungskamerad anzusprechen?
B: Mehr ist mir nicht erinnerlich.
S: Was wussten die denn bereits über sie?
b: Ich denke, die haben sich informiert über mich, aber was die wussten, weiß ich nicht.
S: Hat das Thüringer Landesamt ihnen Material gegeben?
B: Am Anfang ja, Antifa-Zeitungen.
S: Wer kam vom "THS" und hat Ihnen gesagt, er sei auch vom Verfassungsschutz angequatscht?
B: Kann mich nicht erinnern!
S: Ist das ihr Ernst?
B: Ja.
S: R.?
B: Nein.
S: R.?
B: Das ich angesprochen worden bin? Nein.

(Eckhart Querner, BR)
Fortsetzung 11.21 Uhr.
Stolle: Was haben Sie "THS"-Leuten gesagt, wenn die vom Landesamt angesprochen worden waren?
Brandt: Kann ich heute nicht mehr sagen.
S: Ist Herr K. angesprochen worden und zu Ihnen gekommen?
B: Weiß ich nicht mehr.
S: Zu ihren vier V-Mann-Führern: zwei davon Günter und René. In Schäfer-Befragung erwähnen Sie Matthias.
B: Keine Eigenerinnerungen mehr.
S: Das ist vor zwei Monaten gewesen. Herr Brandt!
B: Weiß ich nicht mehr.
S: Möchte Ihnen Bilder vorhalten. (Bilder werden gezeigt.)
B: (Foto 1): Ja. (Nächstes Bild): Ja, Namen weiß ich nicht mehr. Foto 3 (B.): Ja, Foto 4: (W.): Ja. (Foto 5): (Kann sich nicht erinnern.)
S: Die V-Mann-Führer hätten sich abgewechselt oder sind zu zweit gekommen, haben Sie gesagt.
B: Ja.
S: Gab es ein Hierarchieverhältnis?
B: Kann durchaus sein.
S: Landesamt hatte Interesse an Ihrer Ansage, weg von Gewalt zu gehen. Was wollten die zuerst von Ihnen wissen?
B: Kann ich Ihnen nicht sagen.
S: Wiesner hat von Vorbereitungen auf Heß-Gedenken 1994 berichtet.
B: Fand jedes Jahr statt. Wenn da was war, haben die die Informationen bekommen.
S: Haben Sie Zusammenhang hergestellt zwischen den Versammlungsverboten und den von Ihnen gegebenen Informationen?
B: Wenn wir was gemacht haben, haben wir das auch durchgezogen.
S: Hatten Informationen an Landesamt keine Auswirkungen?
B: Hat oft nichts dran geändert, dass Veranstaltungen stattgefunden haben.
S: Haben Sie bestimmte Codes ausgetauscht mit Landesamt, wann wer welche Telefonzelle benutzt zur Vorbereitungen von Aktionen des "THS".
B: Ich hab' meistens mein Handy genutzt.
S: Ein Auftrag war, Infos zum Trio zu bringen. Sollten Sie die V-Mann-Führer sofort informieren, wenn Sie Erkenntnisse hatten. Oder reichte das wöchentliche Treffen?
B: Ich denke, ich sollte anrufen.
S: Sie sollten zu K. und Wohlleben Kontakt halten, um Aufenthaltsort zu erfahren.
B: Kann sein. Ich wollte da wenig nachhaken, weil mich das gefährdet hätte.
S: Wenn Sie die Information so bekommen hätten?
B: Dann hätte ich sie wohl weitergegeben.
S: Sender an Ihrem Auto?
B: So grob.
S: Warum?
B: Die waren nicht in der Lage, Herrn K. zu folgen. K. hat mein Auto dann nicht mehr benutzt, weil es viel zu bekannt war.
S: Sind Ihnen begangene oder geplante Straftaten bekannt gewesen, auch so genannte Äußerungsdelikte?
B: Nein.
S: Gegen Sie wurde eine Reihe von Strafverfahren geführt. War das ein Thema beim Landesamt?
B: Wenn Verhandlung drohte, ist das mitgeteilt worden. Dann ist mir Geld gegeben worden für den Anwalt.
S: Wussten die unabhängig von Ihnen, dass da was anhängig war?
B: Glaub' ich nicht.
Stolle: Wäre rechtskräftige Verurteilung Grund für Abschaltung gewesen?
B: Ist mir nicht erinnerlich, dass das so gekommen wäre.
S: Gab es Zusicherungen, Absprachen vom Landesamt, wie man damit umgehen würde?

Beanstandungen, auch durch Jochen Weingarten (Vertreter Bundesanwaltschaft): Es geht bei vielen Fragen um Methoden des Landesamtes. Hat nichts mit dem Verfahrensgegenstand hier zu tun.

S: Gab es Äußerungen Ihrer V-Mann-Führer, bei Strafverfahren: Wir kümmern uns?
B: Da hieß es, man könne nichts tun, weil sonst die Enttarnung drohe.
S: Spielten beim Landesamt Ihre internationalen und bundesweiten Kontakte eine Rolle?
B: Die interessierten sich nur, wenn Thüringer irgendwo teilgenommen haben.
S: Zu Quellenehrlichkeit: Gab es Probleme mit dem Landesamt, wenn Sie bei bestimmten Personen zögerlich oder gar nicht berichtet haben?
B: Fällt mir nichts ein.
S: Vorhalt: zu Befragung V-Mann-Führer Norbert W.: "Wenn es um bestimmte Leute ging, hat er rumgedruckst." Haben Sie Erinnerungen daran?
B: Nein.
S: Zu Gespräch mit Thorsten Heise (NPD-Vorstand Thüringen) über Zusammenarbeit mit Verfassungsschutz. Vorhalt: Du hast Thüringen aufgebaut. Ohne dich gäbe es keine Strukturen. Was für Sachen haben Sie mit Herrn Heise gemacht?
B: Mit Heise hab ich relativ wenig zu tun gehabt. Das einzige war, dass ich auf seiner Hochzeitsfeier war.
S: Von 1994 bis 2001 keine politische Zusammenarbeit mit Heise - und trotzdem auf Hochzeit eingeladen gewesen?
B: Vielleicht haben wir uns mal auf einer Demo gesehen.
S: Sind Sie ab 2001 durch Kameraden befragt worden, worum es da ging?
B: Ein paar, auch K., haben mich aufgesucht. Ich hab‘ berichtet, wie Treffen abgelaufen sind, um was es ging.
S: Ging es da auch um die Suche nach dem Trio?
B: Kann ich Ihnen heute nicht mehr sagen.
S: In Ihrer Vernehmung haben Sie gesagt: Insgesamt war Zusammenarbeit mit Landesamt eine Win-Win-Situation. Ich hatte Geld für meine politische Arbeit. Konnte mit meiner Informationsweitergabe leben. Also damit, nicht über Straftaten zu berichten.
S: Keine weiteren Fragen.

RA Seda Basay (Nebenklage-Anwältin der Witwe des ermordeten Enver Simsek): Thema Schießübungen, Wehrsportübungen. Herr D. - seit wann kennen Sie den?
B: Seit 1992/93.
Basay: Vorhalt Vernehmung D.: "Es haben im Raum Rudolstadt Schießübungen stattgefunden. Brandt wollte mich mitnehmen." Was sagen Sie dazu?
B: Das ist Unsinn. D. hat immer versucht, Radikalität reinzubringen. Bei einer Hausbesetzung, die von der Polizei geräumt wurde, hat er versucht, die Jugendlichen aufzustacheln, damit irgendetwas passiert und die Sache in die Medien kommt.
Basay: Dann machen wir mal weiter: "Brandt war für mich der Master of Desaster. Er hat vielleicht versucht, einen militärischen Arm aufzubauen."
B: Ich denke, Sie werden in Thüringen niemanden finden, der diese Aussage bestätigt.
Basay: Was hat es mit Kahla auf sich?
B: Wiederholung der Beschreibung des Gartengrundstücks. Jemand hat es gekauft, ich hab es gepachtet, die Jenaer haben es genutzt.
Basay zeigt Fotos von Grundstück.
B: (Foto 1) Zeigt Hütte auf Gartengrundstück.
Foto 2 und 3: Einschusslöcher.
Basay: Es gibt zwei Nachbarn in Kahla, die sich beschwert haben, daraufhin hat die Polizei einen Vermerk geschrieben. 16.10.1994: "Aus 50 Metern Entfernung hat Nachbar K. die Rechten beobachtet, die mit einer Langwaffe Schießübungen gemacht haben. K. erkannte u. a. Brandt und B."
B: Ich war nicht dabei. Typisch Thüringer Polizei: Wenn ich das Grundstück gepachtet habe, muss ich dabei gewesen sein.
Basay: Ich rede nicht von der Polizei, sondern von den Nachbarn. Kennen Sie einen Pkw von Uwe Böhnhardt?
B: Weiß ich nicht.
Basay: Kfz soll auf Grundstück geparkt gewesen sein. - Waren Sie mal in Südafrika?
B: Zum Gedenken 100 Jahre Burenkrieg. War im Burenfreistaat gewesen.
Basay hält Fotos aus Südafrika vor: Gruppenfoto mit Brandt, Langwaffen in der Hand. Was haben Sie in der Hand?
B: Eine Waffe, denk' ich mal.
Nächstes Foto: B. mit Langwaffe, zielend.
B: Das war bei Zielübungen im Burenfreistaat.
Basay: Kennen Sie Ray S.? Sagt Ihnen Enrico K. was?
B: Einer der Jugendlichen aus Saalfeld.
Basay: Herr S. ist ein Bekannter von Herrn K. Halte Ihnen Vernehmung vor (21.11.2011): "Da sind wir ins Gespräch gekommen. Tino Brandt wurde gebeten, an den Bahnhof zu kommen. Er bot mir Hilfe bei der Beschaffung von Klamotten, Baseballschlägern, Zeitschriften (?) an. Dann ist der Herr V., mit dem Tino Brandt zur Seite hinter das Auto von Herrn V. gegangen. Herr V. wurde von Brandt beauftragt, sich umzuhören, wer Waffen bräuchte. Er bräuchte den Tino nur anrufen, dann würden sie welche besorgen. Ich weiß nicht genau, welche Waffen, es muss sich um Schusswaffen gehandelt haben, weil die schwierig zu besorgen sind.")

Unterbrechung, Mittagspause bis 13.15 Uhr.

(Tim Aßmann, BR; Gunnar Breske, MDR)
Weiter um 13.29 Uhr mit dem Zeugen Tino Brandt.
Basay: Außer in Südafrika noch irgendwo auf dem Erdball Schießübungen gemacht?
Brandt: Südamerika.
Basay: Kennen sie Harald N.?
B: War Verlagsleiter.
Basay: Vorhalt: N.: Gab Eigenmächtigkeiten von Brandt, hielt sich aber in Grenzen, so dass ich vor Enttarnung keine Möglichkeit sah, ihn zu entlassen. Er bestellte mal in der Schweiz ein Buch, das in Deutschland nicht hätte verkauft werden dürfen.
Basay: Was war das für ein Buch?
B: Wurde falsch geliefert. Ich hatte Gefechtstechnik bestellt, wurde dann zurückgeschickt.
Basay: Kennen sie Hans von Bach?
B: Mehrere Bücher geschrieben.

RA Nicole Schneiders (Verteidigerin des Angeklagten Ralf Wohlleben) beanstandet, sieht keinen Zusammenhang zum Verfahren.

Basay: Erkläre das, aber nur ohne Zeugen.
Richter Manfred Götzl: Lässt sich Frage auch so stellen, dass sich Zusammenhang erschließt?
Basay: Sagt ihnen das Buch "Totaler Widerstand" etwas?
B: Ja, hatte ich nicht bestellt.
Basay: Titel des Buches weiter: "Anleitung zum Kleinkrieg für Jedermann".
B: Ja, jetzt haben sie den Titel genannt. Ich hatte es nicht bestellt, wurde aus Versehen geliefert.

RA Sebastian Scharmer (Nebenklage-Anwalt von Gamze Kubasik, Tochter des ermordeten Mehmet Kubasik): Kai D. Sie sagten: "Er war unsere Führungskraft".
B: Da meine ich den THS ("Thüringer Heimatschutz"). Später brauchten wir D. da nicht mehr. D. hatte damals schon Kontakte nach Saalfeld-Rudolstadt. Er brachte Propaganda-Material mit und reiste regelmäßig zu den "THS"-Führungssitzungen an, bis wir uns von ihm getrennt haben, weil uns seine Ideen nicht passten und wir uns aus Bayern auch nicht mehr bevormunden lassen wollten.
S: Kannten die Drei Kai D.?
B: Mit Sicherheit.
S: Seit wann wussten Sie, dass D. für den Verfassungsschutz (VS) in Bayern gearbeitet hat?
B: 2000 hat sich Frank S. dazu geäußert und direkte Informationen habe ich erst im Zuge der NSU-Untersuchungsausschüsse gehört.

RA Scharmer konfrontiert jetzt mit Aussagen von D., wonach Brandt den „THS“ für bewaffneten Kampf aufbaute und nach Franken ausdehnen wollte.
B: Weiß nicht, welche Phantasien er da hatte.
S: Man fand in NSU-Garage auf Liste Telefonnummer von D. Hatten die Kontakt?
B: War üblich, sich die Nummern von Führungskräften aufzuschreiben - für alle Fälle.

Scharmer zitiert aus VS-Vermerk, wonach Brandt D. ein Handy lieh.
B: Ist möglich.
S: Wie viele Handys hatten sie denn?
B: Zwei, drei.
S: War das in den 90er Jahren üblich, dass man mehrere Handys hatte.
B: Ja.
S: Grund dafür, dass Sie ihm Handy liehen?
B: Weiß nicht, ob ich das tat, also weiß ich auch keinen Grund.
S: Mitglied im "Thule"-Netz?
B: Ja.
S: Unter welchem Namen?
B: "Eulenspiegel".
S: D. Deckname?
B: Glaube "Undertaker".
D. wollte "Thule"-Netz als Kommunikationsmittel aufbauen, aber die anderen haben nicht mitgezogen, schlief dann ein, Ziel war schnelle Austauschmöglichkeit.

Beanstandung durch RA Schneiders - hat nichts mit Verfahren zu tun.
Scharmer will sich nur erklären, wenn Zeuge Raum verlässt - Götzl: Herr Brandt, dann gehen sie bitte raus! (Zeigt auf Saaltür) - Götzl fällt dann ein, dass Brandt in U-Haft sitzt. Also Herr Brandt, für Sie dann bitte die Tür (Gelächter). Auch Götzl lacht.
Brandt geht raus - Schneiders will nun nicht weiter ausführen, sie hätte alles gesagt, Götzl darüber sehr ungehalten, RA Olaf Klemke (Verteidigung Wohlleben) fällt Götzl ins Wort - viel gespielte Empörung.
Scharmer erläutert Bezug seiner Frage zum Verfahren, Mundlos soll auch in „Thule“-Netz kommuniziert haben, Adressen von Gegnern seien gesammelt worden, wie später auch beim NSU.
Götzl lässt Frage zu, Schneiders will Beschluss

Pause bis 14.10 Uhr.

(Eckhart Querner, BR)
14.15 Uhr.
Beschluss: Fragestellung zulässig.
Scharmer: Welche Vorteile hat das "Thule"-Netz?
B: Es hat uns nichts gebracht. Das Landesamt hatte mal einen Zugang. Die haben das genutzt. Ich hab' es nicht genutzt, es hatte keine wirklichen Vorteile.
S: Haben Sie mit NSU-Mitgliedern, "THS"-Kameraden darüber gesprochen, „Thule“-Netz zu nutzen, um dem Landesamt das Abhören der Telefone zu erschweren?
B: Wir hatten nur zwei Zugänge in Thüringen, nur Rudolstadt, nicht Jena.
S: Worauf stützen Sie diese Erkenntnis?
B: Ich hab' nur mit einer Person ("Mephisto") in Thüringen darüber kommuniziert.
S: Wurden im "Thule"-Netz Daten politischer Gegner ausgetauscht?
B: Wie gesagt, das "Thule"-Netz hat uns nichts genützt.
S: Haben Sie "Thule"-Netz unter "Eulenspiegel" genutzt? Vorhalt: Zitiert aus Einträgen "Eulenspiegels" in "Thule"-Netz. Kritik an zu milden Urteilen für politische Gegner. Ankündigung, Namen von Richtern im "Thule"-Netz zu verbreiten.

Scharmer zu Anwerbevorgang Tino Brandt durch Landesamt. Haben Sie Ihren V-Mann-Führern von Gespräch mit D. berichtet?
B: Kann ich Ihnen heute nicht mehr sagen.
S: Sagt Ihnen Matthias Fischer etwas?
B: Nein.
S: Mandy St.?
B: Name ist öfter im Fernsehen gefallen. Kenn' ich nicht persönlich.

Scharmer: zu Schießübungen: Lässt sich von Brandt Unterschied zwischen Schießübung und Wehrsportübung erklären.
B: Wehrsportübung: Wenn Sie mit Waffe in Bewegung schießen, durchs Gelände rennen.
S: Na gut.
RA Eberhard Reinecke (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße): Loyalität immer gegenüber rechter Bewegung und nicht gegenüber Landesamt, hab ich das richtig verstanden?
B: Im Normalfall ist das nicht mit dem Landesamt kollidiert. Meine Haltung war gefestigt. Ich war loyal gegenüber der rechten Szene.
R: Sie hatten im Juli gesagt, es gebe Grenze, die Ihre Person betraf: Wenn ich nicht in Partei aufsteige, kann ich abgeschaltet werden. Am 22.3.1999 soll ihnen vom Verfassungsschutz mal ein Bild vorgelegt worden sein.
B: Nicht erinnerlich.
Reinecke lässt Foto (angeblich Böhnhardt) zeigen: Ist Ihnen erinnerlich, dass Verfassungsschutz Ihnen das Foto mal gezeigt hat.
B: Nicht erinnerlich.
R: Was haben Sie bei Sonnenwendfeier in den 90er Jahren in Frankreich gemacht?
B: Wir haben das Grundgesetz dem Feuer beigegeben, es gab Schießübungen.
R: Haben Sie selbst da auch geschossen?
B: Ich denke ja.
R: Hatten Sie wegen Inhalte ihrer Interviews Auseinandersetzungen mit anderen „THS“-Kameraden?
B: Ich denke nicht.

Reinecke lässt Ausschnitt aus ZDF-Film "NSU im Staatsauftrag" bei Minute 8'40'' zeigen.
Technik funktioniert nicht.
Reinecke fragt weitere Fragen, zitiert aus Internetseite Thüringer heimatschutz.de. Wir sind systemkritisch und -feindlich. Die Errichtung einer multikulturellen Gesellschaft ist eines der größten Verbrechen, die an der Menschheit verübt worden sind.

Jetzt Film: Interview mit Tino Brandt, neben ihm im Bild Ralf Wohlleben. Hier sagt B: "THS" - dieser Name ist Programm.
B: Daran kann ich mich erinnern.
Reinecke: Thema Militanz: Woher kannten sich R. und Böhnhardt?
B: Die saßen möglicherweise mal zusammen im Knast. Hab ich durch TV-Berichterstattung erfahren.
Reinecke zu Wochensprüchen der NSDAP: "So wie wir mitleidslos hart gewesen sind im Kampf um die Macht, werden wir genau so mitleidslos und hart sein im Kampf um die Erhaltung unseres Volkes" (Hitler).

RA Mehmet Daimagüler (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen der ermordeten Ismail Yasar und Abdurrahim Özüdogru): Bezahlung durch Landesamt ging sukzessive nach oben. Trifft das zu?
B: Grundsätzlich stimmt das. Einzelheiten zu Geldbeträgen kann ich nichts sagen. Ich denke, dass sich das von Jahr zu Jahr erhöht hat.
D: War die Entlohnung leistungsbezogen?
B: War relativ konstant. Ich denke ich war eine wichtigere Person in der rechten Szene.
D: Landesamt hat Spitzelgelder generell versteuert?
B: So ist mir das gesagt worden.
D: Wann haben Sie das erste Mal von sogenannten "Döner"-Morden gehört?
B: Im November 2011, nach den sogenannten Selbstmorden.
D: Kennen Sie das Buch, die sogenannten "Turner-Tagebücher"?
B: Es wird Waffenverbot in USA eingeführt. Die Weißen in Amerika machen einen Aufstand.
D: Durch Morde an Schwarzen, Juden?
B: Kann ich Ihnen nicht mehr sagen.

D: Haben Sie sich mit Ermordeten befasst?
B: Ich hab' mich ansonsten nicht damit befasst.

RA Antonia von der Behrens (Nebenklage-Anwältin der Angehörigen des ermordeten Mehmet Kubasik): Kennen Sie Ivo S.?
B: Ja.
Behrens zu Mirko und Marcel E., zu Schäfer-Kommission. Damals Frage an Sie: Wissen Sie, von weiteren V-Leuten in Thüringen? - Antwort: Es gab wohl einen zweiten V-Mann.
B: Bei Treffen wussten V-Mann-Führer vieles, was ich noch nicht wusste.
Behrens: Zu V-Mann des MAD (Militärischer Abschirmdienst), Offizier. Wer war das?
B: Ich hatte seinerzeit jemanden im Verdacht. Da hat sich kein Anhaltspunkt ergeben. Da muss ich passen.
Behrens: Bei der Schäfer-Kommission haben Sie gesagt, dass es einen V-Mann des MAD gab, der immer in Ihrer Nähe gewesen war.

RA Olaf Klemke (Verteidigung Wohlleben) beanstandet.

B: Mir ist das nicht erinnerlich.
Behrens beantragt Verhängung von Ordnungsgeld.
Behrens: Wen hatten Sie damals im Kopf?
B: Ist mir ehrlich nicht erinnerlich.
B. ist unglaubwürdig, weil er sich zwar erinnert, dass er jemanden in Verdacht hatte, an die Person und ihren Namen will er sich aber nicht erinnern.
Fortsetzung Fragen Behrens:
Götzl beanstandet "Kann es sein"-Frage von Behrens.
Behrens: Hat Ronny S. eine Offizierslaufbahn gemacht?
B: Kann sein.
Behrens: War er der Mann, dessen Namen sie im Kopf hatten?
B: Ich denke nein.
Behrens: Das ist Aussageverweigerung.
Behrens: Wie ist Befragung der Schäfer-Kommission abgelaufen?
B: Zwei oder drei Personen, darunter Herr Schäfer, an Schreibtisch.
Behrens: Haben Sie sich anwaltlichen Rat geholt vorher?
B: Nein.
Behrens: Welche Funktion hatten Sie bei Mittwochsstammtischen?
B: Mittwochsstammtisch hat stattgefunden, ob ich da war oder nicht. Es war ein geselliges Zusammensein.
Behrens: Sind Sie von Tisch zu Tisch gegangen, um zu hören, was bei den Kameradschaften so los ist?
B: Das ist hin und wieder passiert. Oft war es nur Unterhaltung. Keine Information, die es gelohnt hätte, ans Landesamt weiterzugeben.

(Tim Aßmann, BR; Gunnar Breske, MDR)
Weiter um 14.19 Uhr.
Beschluss: Frage zulässig, Sachzusammenhang vorhanden. Soll darum gehen, ob auch Mundlos in dem Netz kommunizierte. Brandt wird wieder herein geführt.
Scharmer: Vorteile des Netzwerks?
B: Haben das nicht wirklich benutzt, angeschaut, hat uns nichts gebracht. Das Landesamt hatte Zugang, wir haben es mal genutzt, hat keine Vorteile gebracht.
S: Austausch mit Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt, D. anderen darüber gesprochen, dass Netzwerk TKÜ erschwert. War das mal Thema?
B: Mit den Namen aus Jena, die sie genannt haben, kann ich mich an so ein Gespräch nicht erinnern. In Jena hat das überhaupt niemand genutzt, wenn ich mich richtig erinnere.
S: Sie schrieben unter Synonym "Eulenspiegel". Im Buch "Heimatschutz" steht: Unter "Eulenspiegel" kommentiert Brandt im "Thule"-Netz das rechte Tagesgeschehen.

Scharmer hält nun Textstellen vor.
B: Erinnere mich an Vorgang, aber nicht an Zitate.
In den Textstellen spricht er auch davon, die Adressen von Staatsanwälten und Richtern weiterzugeben, die einen Neonazi verurteilten. Brandt bestätigt auf Nachfrage von Scharmer, dass sie (die Gruppe) im Bedarfsfall auch Anzeigen gegen Richter und Staatsanwälte gestellt hätten (weil er gestern behauptete, Antifa-Adressen nur gesammelt zu haben, um die Betreffenden anzeigen zu können.)
Scharmer: Unterschied zwischen Wehrsport- und Schießübungen?
Schießübungen sind für Brandt kein Wehrsport. Letzteres ist, wenn man in Tarnklamotten durchs Unterholz rennt.

RA Eberhard Reinecke (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße) will jetzt wissen, wem die Loyalität von Brandt galt: dem "THS" oder dem VS?
B: Im Normalfall kollidierte das nicht mit den Fragen des VS. In meiner politischen Meinung war ich damals recht gefestigt, hab‘ daran geglaubt, Loyalität war gegenüber der rechten Szene.
R: Waren sie mal auf Sonnwendfeier in Frankreich?
B: Ja.
R: Was gemacht?
B: Grundgesetz dem Feuer beigegeben.
R: Den Film aus arte, in dem das gezeigt wird, kennen Sie.
B: Ich hab das aus meiner Erinnerung, den Film aber auch gesehen.
R: Haben sie da auch geschossen?
B: Ich denke ja.

Es gibt jetzt wieder Irritationen, ob Reinecke zur Sache fragt.
Götzl: Sie nuscheln so. Ich versteh‘ sie gar nicht.

Reinecke fragt nun nach Aussage von R. im Knast zu Böhnhardt und hält entsprechend vor.
Brandt weiß davon nichts.
RA Daimagüler: Herr Zeuge: Zahlungen durch VS?
B: Am Anfang weniger, später mehr.
D: Steigerung in welchen Intervallen?
B: Am Anfang Treffen einmal monatlich, später einmal wöchentlich. Summen weiß ich nicht mehr. Steigerte sich von Jahr zu Jahr.
D: Wurde Steigerung angeboten oder haben sie gefragt?
B: Weiß ich nicht mehr.
D: Warum haben Sie mehr bekommen?
B: Denke, dass man zufrieden war. Mir ist mitgeteilt worden, dass es automatisch versteuert wurde.
D: Wann zum ersten Mal von "Döner"-Morden gehört?
B: Ich denke 2011, als über angeblichen Selbstmord berichtet wurde. Vorher wurde darüber bei uns in den Zeitungen nicht groß berichtet.
D: Kennen sie Lied "Dönerkiller"?
B: Denke, ist entstanden, nachdem ich aus der rechten Szene raus war.
D: Also erst danach gehört?
B: Ja.
D: Waren Türken Thema beim "THS"?
B: Denke nicht, da es bei uns in Thüringen keine Türken gab.
B: Die Zusammenführung von Ausländern im Heimatland war durchaus Thema.
D: Was ist mit den Türken, die schon hier leben?
B: Die müssen die Zusammenführung in ihrem Heimatland machen.
D: Wie stehen Sie heute zu türkischen Mitbürgern?
B: Ich habe keine Probleme mit Türken.
D: Das habe ich nicht gefragt.
B: Ich bin nach wie vor dafür, dass die Familien-Zusammenführung im Ausland stattfindet.
D: Und was ist mit den Türken, die hier leben?

RA Klemke beanstandet: Einstellung des Zeugen heute zu Türken hat doch mit der Sache nichts zu tun. Ist auch nicht geeignet, Glaubwürdigkeit des Zeugen zu prüfen.
B: Ich habe kein Problem mit Türken, bin immer noch für Zusammenführung im Ausland.
D: Was ist mit den 3,2 Millionen Türken in Deutschland?
Beanstandung Klemke: Hat nichts mit Verfahren zu tun, RA Wolfgang Stahl (Verteidigung Zschäpe) pflichtet bei.
RA Daimagüler hält aufrecht, es muss möglich sein, in einem Verfahren, wo es um 8 tote türkischstämmige Menschen geht, die von Nazis ermordet wurden, diese Frage zu stellen.
RA Edith Lunnebach (Nebenklage-Anwältin der Opfer des Anschlags in der Kölner Probsteigasse) nimmt Stellung: Wenn jemand in diesem Gerichtssaal von Rückführung spricht, ist die Frage von Dr. Daimagüler berechtigt. (Kollegen auf Tribüne sind sich uneinig, ob Brandt von Rückführung gesprochen hat.)
Klemke verlangt Beschluss.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 15.30 Uhr.
Frage wird zugelassen.
Brandt: Habe keine Probleme mit Türken, die normal in Gesellschaft integriert sind.
Daimagüler: Wann sind sie nicht integriert?
B: Wenn die Damen vollverschleiert sind, wenn sie die Sprache nicht beherrschen.
D: Haben von Rückführung gesprochen. Wie gemeint?
B: Habe mir da damals keinen Kopf gemacht.
D: Waren die ermordeten Migranten integriert?
Klemke beanstandet.
Götzl: Woher soll der Zeuge die Informationen haben?
D: Zeuge hat deutlich gemacht, dass er sich über die Zusammenhänge im Internet informiert hat.
Götzl regt an, anders zu fragen.
D: Bei Recherchen mal mit Morden befasst?
B: Halte diese NSU-Mordgeschichte nicht für glaubhaft und halte das hier eher für einen Schauprozess.
D: Haben sie sich mit den Ermordeten beschäftigt?
B: Ich habe das zur Kenntnis genommen. Privat glaube ich nicht, dass die zwei Uwes die ermordet haben sollen.

RA von der Behrens will nun von Brandt wissen, wen er als möglichen V-Mann des MAD im Kopf hatte (hatte er vorhin mal gesagt). Brandt will aber nicht mehr wissen, wen er da im Kopf hatte. Nur dass er jemanden im Kopf hatte, das weiß er genau. Das erscheint nicht nur von der Behrens unglaubwürdig. Götzl hakt nun nach. Brandt gibt vor, das wirklich nicht mehr zu wissen.

Brandt: Das Landesamt hat das immer so angedeutet und deshalb hatte man das im Hinterkopf, dass es da jemanden gibt.
Götzl: Welche Umstände führten dazu, dass sie bestimmte Person in den Fokus bekommen haben?
B: Es gab Anhaltspunkte seitens des Landesamtes.
Götzl bohrt noch etwas nach, aber Brandt wird einfach nicht konkreter.
RA von der Behrens hält nun noch diverse Namen möglicher "THS"-Mitglieder vor. Brandt gibt an, kein gutes Namensgedächtnis zu haben und er weiß auch nicht, wer von den Erwähnten möglicherweise eine Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr gemacht hat.
Sie hält ihm einen Namen vor und fragt, ob der der Informant des MAD sein könnte. Brandt sagt, er denke nicht. RA von der Behrens meint, dann müsse er ja doch wissen, wen er da im Kopf hat und wirft Brandt nun Aussageverweigerung vor.

(Tim Aßmann, BR)
16.39 Uhr.
RA Gül Pinar (Nebenklage-Anwältin der Angehörigen des ermordeten Süleyman Tasköprü): Gedenkmarsch 1996. Wer hat den organisiert?
Brandt: 1996?
P: Ja.
B: Also bei Heß war immer D. dabei, irgendwelche Sauerländer, die später bei Unfall starben. Information lief telefonisch. Man ist Stück für Stück hingeführt an das Ziel und erst am Schluss ist gesagt worden: Worms ist das Ziel.
P: Wer hat angerufen?
B: Die einzelnen Autobesatzungen.
P: Jedes Auto hatte eine Telefonnummer?
B: Es gab mehrere Infotelefone. Die Nummer ist bekannt gegeben worden. Gab drei, vier Nummern und die wurden weiter verbreitet. Waren ganz normale Handynummern und die waren auf den Flugblättern zu den Märschen im Vorfeld veröffentlich worden. Später war mal meine eigene Nummer Infotelefon. Organisiert hat das Rudolf-Heß-Komitee. Waren D., die Sauerländer.

Klemke beanstandet Frage nach Mitgliedern des Komitees.

P: Wurde Infotelefon von Hamburgern betrieben?
B: Kann ich nicht mehr sagen.
P: Worch?
B: Bei den Komitee-Treffen, wo ich dabei war, war Worch (Neonazi-Führungsfigur Christian Worch) nicht dabei. Hab' dem Komitee ein, zwei Jahre selbst angehört.
P: Gehörten zu dem Komitee auch mögliche V-Männer?
B: Kai D.

Pinar verliest nun weitere Namen, Klemke beanstandet.

P: Sind sie in Gewahrsam genommen worden (in Worms)?
B: Ja.
P: Telefonliste beschlagnahmt?
B: Weiß nicht, ob ich eine dabei hatte.
P: Kannten Sie dann die Nummern der anderen Autobesatzungen auswendig?
B: Weiß ich nicht.
P: 1997 in Heinsberg an Rechtsschulung teilgenommen?
B: Weiß nicht, hab' an vielen teilgenommen und auch welche gegeben.
P: Referentin Gisa P.?
B: Die kenn' ich. Die hat "THS" mal vertreten, als die Homepage durch LKA stillgelegt wurde.

RA Christina Clemm (Nebenklage-Anwältin der Opfer des Nagelbombenanschlags in Kölner Keupstraße): Haben sich Kameradschaften auf Bundesebene getroffen?
Brandt: Nur zu Heß-Märschen.
C: Kameradschaft Walter Spangenberg?
B: Sagt mir nix.
C: Axel Reitz?
B: Kann ich nicht zuordnen.
C: Johann H.?
B: Kein Bild im Kopf. Ich kann nur bis 2001 was sagen.
C: Geht um den Zeitraum.
Götzl: Geht auch darum, worauf sie hinaus wollen. Wenn sie nur Namen sagen, kann ich das nicht ersehen und finde es problematisch. Ich bitte, effektiv zu fragen.

RA Reinhard Schön (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in Kölner Keupstraße): Was verstehen Sie unter Schauprozess?
B: Darunter versteh' ich, dass den zwei Uwes die Geschichte vorgeworfen wird. Kann ich mir nicht vorstellen, glaube ich nicht. Auch nicht das, was Ralf Wohlleben vorgeworfen wird. Mit Sicherheit werden die Leute verurteilt, egal ob es stimmt oder nicht, ich glaube das jedenfalls so nicht.
S: Zweifeln sie Legitimität des Gerichtes an?
B: Wenn ich sage, dass das in meinen Augen Schauprozess ist, reicht das, glaube ich.

(Tim Aßmann, BR)
Weiter um 16.40 Uhr.
Die Pause haben die meisten der vorher anwesenden Opferanwälte genutzt, um zu gehen. Auch Anja Sturm und Wolfgang Heer (beide Verteidigung Zschäpe) sind weg.
Götzl: Die Reihen haben sich ja mittlerweile gelichtet, muss ich feststellen. Wer hat denn noch Fragen?

RA Alexander Hoffmann (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in Kölner Keupstraße): Waren Sie eine der Personen, deren Nummer in Worms verteilt wurden, weil sie die Personen verteilen sollten?
Brandt: War ich, aber ich weiß nicht, ob ich es in Worms war. War es bei ein, zwei Märschen.
H: Gab es aus "THS"-Region noch weitere Ansprechpartner, die mit ihrer Nummer auftraten?
B: Glaube, bei einem Marsch noch der Jörg K. aus Gera, aber weiß nicht.
H: Sven R.?
B: Nach meiner Erinnerung nicht.

RA Yavuz Narin (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Theodoros Boulgarides) hält aus der Befragung von V-Mann-Führer W. in Untersuchungsausschuss vor: Brandt soll W. gesagt haben, Zschäpe sei die Matratze der Szene.
Zschäpe legt Kopf schief, schaut auf Tisch und lächelt.
Brandt: Kann mich nicht erinnern, so eine Äußerung getätigt zu haben.
N: Sie haben ja gesagt, Sie hätten Gewalt stets abgelehnt. Zutreffend?
B: Ja.
N: Hatten hier den BKA-Beamten S. als Zeugen. Der sagte, es habe Diskussion über Gewalt gegeben und man gehe davon aus, dass sich Tino Brandt dafür ausgesprochen habe.
B: Wunschgedanke der Polizei. Wäre typisch dafür.
N: Haben Sie mal Personen aufgefordert, im Untergrund Zellen zu bilden?
B: Mit Sicherheit nicht. Nein.
N: Kennen sie Jan W.?
B: Weiß ich nicht, kann sein.
N: Sektionsführer Sachsen, "Blood & Honour".
B: Dann bestimmt vom Sehen her.

RA Stephan Kuhn (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in Kölner Keupstraße): Hatten sie was mit Firma "NS88" zu tun?
B: Nein. Firma in Dänemark.
K: Warum Pressemitteilung für "THS", dass mit dem Trio nix zu tun.
B: Befürchtet, dass das Verbotsverfahren Auftrieb geben würde. Habe die Mitteilung nur unterschrieben, denke, die hat mir damals K. vorgelegt.

(Oliver Bendixen, BR)
17.32 Uhr.
Kuhn: Kennen Sie Thomas R. oder S. aus Chemnitz?
Brandt: Persönlich nicht.
K: Haben sie mit D. über S. gesprochen?
B: Nein.
K: Haben sie mit D. politisch zusammengearbeitet?
B: Vereinzelt ja. Eher weniger politische Kontakte.
K: Hat D. Rolle beim Aufbau des "THS" gespielt?
B: Nein.
K: Sie haben in ihrer Vernehmung gesagt, dass Sie dasselbe schon die Anwältin von Wohlleben gefragt hat. Bei welche Gelegenheit war das?
B: Sie hat mich angerufen. Namen weiß nicht mehr.
K: Wie oft sind Sie in diesem Verfahren vernommen worden?
B: Einmal. Meine Vernehmung ist im "Focus" aufgetaucht. Dann habe ich mich beschwert. Dann gab es keine Vernehmung mehr.
K: Sind Sie noch in der rechten Szene aktiv?
B: Mich hat keiner mehr gebraucht. Bin definitiv nicht mehr in der rechten Szene aktiv.
K: Haben Sie mal bei Dienel um Geld für die Untergetauchten gebeten?
B: Kann ich mich nicht erinnern.

RA Klemke: Sie erwähnten, dass Sie sich über die Veröffentlichung beschwert haben. Worum ging es da?
B: Ich habe damals Strafanzeige erstattet und eine Dienstaufsichtsbeschwerde erstattet. Habe später Einstellung erhalten, weil die Person nicht zu ermitteln war, die das weitergegeben hat.

(Oliver Bendixen, BR)
17.42 Uhr.
RA Klemke: Haben Sie Kenntnisse von Repressalien gegenüber V-Leuten oder Aussteigern?
B: Nein, habe ich nicht.
K: Waren Sie mal beim stellvertretenden JN-Vorsitzenden Sascha Rossmüller? Um was ging es?
B: Es ging darum, dass Carsten S. JN-Landesvorsitzender werden sollte.

Ende.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


1