NSU-Prozess


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141. Verhandlungstag, 22.9.2014 "Dann ging er hoch wie eine Rakete"

Nett, clever beim Autoklauen und jähzornig - so wurde heute Uwe Böhnhardt von einem Zeugen aus dem früheren NSU-Umfeld in Jena beschrieben. Besonders ergiebig für den Prozess waren dessen Aussagen aber nicht.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 22.09.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

22 September

Montag, 22. September 2014

Wie alles begann - mit der Aussage eines heute 37 Jahre alten, schwer vom Alkohol gezeichneten Zeugen wurde das Gericht heute um 22 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Es ging um Uwe Böhnhardt, der damals mit dem Zeugen und anderen Kumpels aus Jena heftig getrunken, Autos geklaut und diese dann auf alten Truppenübungsplätzen zu Schrott gefahren haben soll. So beschreibt es der Zeuge, der offensichtlich kein großer Freund des späteren NSU-Terroristen war: "Der konnte nett sein, aber wenn er sich aufgeregt hat, dann ging er hoch wie eine Rakete." Beate Zschäpe auf der Anklagebank hört mit zusammengekniffenen Lippen der wenig schmeichelhaften Beschreibung ihres damaligen Freundes zu. Wenn ihm etwas nicht passte, dann habe Böhnhardt auch zugeschlagen, erinnert sich der Zeuge, der damals 14 Jahre alt war.

Waffen? "Mich haben nur Autos interessiert"

Ob Waffen bei der Clique eine Rolle gespielt haben, will der Vorsitzende Richter wissen. Der Zeuge bleibt vage: "Mich haben nur die Autos interessiert." Immerhin kann er sich erinnern, dass Uwe Böhnhardt nicht spontan wie anderen Autos geklaut habe, sondern mit Bedacht. "Der Uwe hat das geplant: welches Auto taugt etwas - und wann ist die beste Gelegenheit?" Mit gezielten Fragen versuchen später die Nebenklageanwälte herauszufinden, ob sich Parallelen finden lassen zwischen Böhnhardts umsichtigen Autodiebstählen und den geplanten Taten des NSU. Dafür taugt der Zeuge aber nicht: er hat die Clique bereits mit 15 Jahren verlassen - nach einem schweren Unfall mit einem gestohlenen Wagen, bei dem er fast ums Leben kam. Seine Kumpels hatten offensichtlich Angst, er könne bei der Polizei auspacken und sie sollen ihm bis auf die Intensivstation einer Klinik nachgestellt haben.

Aus Angst: falsche Todesmeldung

Seine Familie bekam es mit der Angst zu tun und verbreitete schließlich, der Schwerveletzte sei in einer Bamberger Klinik gestorben. Nach Jena kehrte er nie wieder zurück, was ihm vielleicht das Leben rettete. Damit endeten aber auch schon die Einblicke, die das Gericht in das frühe kriminelle Leben des Uwe Böhnhardt nehmen konnte. Wie aus einem jähzornigen, jugendlichen Autoklauer ein gewalttätiger Rechtsterrorist werden konnte, war von diesem Zeugen nicht zu erfahren.


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