NSU-Prozess


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129. Verhandlungstag, 22.7.2014 Antrag abgelehnt

Beate Zschäpe wird ihre drei Verteidiger behalten müssen. Der Senatsvorsitzende brauchte keine drei Minuten um zu begründen, was er von dem Antrag hält: rundweg gar nichts.

Stand: 22.07.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

22 Juli

Dienstag, 22. Juli 2014

Diesen Kampf hat Beate Zschäpe kläglich verloren. Ein Krieg war es nicht, nicht einmal eine Schlacht. Bestenfalls ein Scharmützel, das der Vorsitzende Richter Manfred Götzl mit einem leichten juristischen Florett für den Rechtsstaat entschied. Der Antrag der Hauptangeklagten im NSU-Verfahren, per Gerichtsbeschluss ihren drei selbstgewählten Pflichtverteidigern die Mandate zu entziehen, wurde abgelehnt und auch einen vierten Pflichtverteidiger auf Staatskosten wird es für Zschäpe nicht geben.

Stichhaltige Gründe fehlen

Keine drei Minuten benötigte der Senatsvorsitzende um zu begründen, was er von dem Antrag hält: rundweg gar nichts. Gewogen und für zu leicht befunden, heißt so etwas. Um dem Gesetz Genüge zu tun, hätte Zschäpe schon detailliert darlegen müssen, wie tief ihr Verhältnis zu den drei Anwälten nun gestört ist. Tat sie aber nicht. Es fehlen stichhaltige Gründe für die Abberufung der Pflichtverteidiger, fand Götzl: Antrag abgelehnt und Ende. Dann ging er zu Befragung der geladenen Zeugen über, als sei gar nichts geschehen. Derweil hockte Zschäpe mit versteinertem Gesicht auf der Anklagebank - eingerahmt von den drei Verteidigern, die sie doch gar nicht mehr um sich haben will.

Angeklagte macht selbstbewussten Eindruck

Gegen wen ist die Angeklagte eigentlich ins Feld gezogen? Gegen das Gericht? Gegen ihre eigenen Anwälte? Gegen die Langeweile einer endlosen Kette von Verhandlungstagen, an denen von Zeugen berichtet wird, was sie ohnehin schon kennt? Oder gegen die kaum mehr unterdrückbare Ahnung, erst als alte Frau das Gefängnis verlassen zu können - wenn sich schon kein Mensch mehr an ihren Namen erinnern kann?

Dass sie in Wirklichkeit gestehen will und nur von ihren Verteidigern daran gehindert wird, ist reine Spekulation. Auf Außenstehende jedenfalls macht die Angeklagte einen sehr selbstbewussten Eindruck. Sie würde auch gegen den Rat ihrer Anwälte gestehen, wenn es ihr in den Sinn kommt. Ob deren Taktik, erst einmal die Bundesanwaltschaft mit Beweisen kommen zu lassen, aufgeht, werden wir am Ende des Prozesses wissen, das Insider irgendwann Anfang 2016 verorten. 

Halbherziger Entlastungsangriff der Verteidigung

Die Abfuhr, die ihr der Strafsenat erteilte, brachte Zschäpe jedenfalls mit der gleichen stoischen Ruhe hinter sich, wie die Aussagen ehemaliger Weggefährten aus der rechten Szene Thüringens. Und die fielen nicht gerade positiv für sie aus. Mal schnell Unruhe verbreiten - der Gedanke geht an der Realität vorbei. Die belastenden Aussagen stehen nun einmal im Raum - und werden kaum durch einen halbherzig geführten Entlastungsangriff gegen die Verteidigerriege überdeckt. Mag sein, dass aus ihrer Sicht die Belastungszeugen von den Anwälten nicht energisch genug in die Mangel genommen werden. Aber jeder Einwand: "so war es doch nicht" führt zwangsläufig zu der Frage: "Ja und- wie war es dann?", worauf Zschäpe aber nicht antworten will oder soll.

Mitleid mit ihr muss wohl niemand haben. Doch wer diesen Prozess verstehen will, der sollte sich nur für ein paar Minuten in die Rolle einer Angeklagten hineindenken, deren ganzes zukünftiges Leben drei Tage pro Woche von einer langsam vorwärtsrollenden Gerichtswalze zerquetscht wird. Da ist ihr Antrag, die Pflichtverteidiger abzusetzen, nicht mehr als ein hilfloser Versuch mit einem Finger diese Walze zu stoppen. 


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