NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 114. Verhandlungstag, 21.05.2014

Im Mittelpunkt dieses Prozesstages stehen der Tod von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Nach ihrem letzten Banküberfall in Eisenach hat vermutlich Mundlos Böhnhardt im Fluchtfahrzeug - einem Wohnmobil - erschossen, dann das Wohnmobil in Brand gesteckt und schließlich sich selbst erschossen.

Von: Mira Barthelmann und Oliver Bendixen

Stand: 21.05.2014 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Gehört wird zunächst der Gerichtsmediziner, der über die Ergebnisse der Obduktionen von Mundlos und Böhnhardt berichtet. Anschließend werden die beiden Polizeibeamten vernommen, die sich am Tattag als erste dem Wohnmobil näherten: Beide haben mehrere Schüsse vernommen und sind daraufhin in Deckung gegangen. Dann ging das Wohnmobil in Flammen auf.

Zeugen:
Reinhardt H. (Gerichtsmediziner)
Frank M. (Polizeibeamter, Eisenach)
Uwe S. (Polizeibeamter, Eisenach)
Ruprecht N. (Sachverständiger, Bundeskriminalamt Wiesbaden)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Matthias Reiche, MDR)
9.40 Uhr.
Die Angeklagten kommen in den Saal.
Zschäpe ganz in schwarz, Hose, Blazer, Pullover, mit weißem Schal, schwarz gemustert, macht zumindest in diesen Tagen keinen so entspannten Eindruck mehr.

Befragung des Sachverständigen Dr. Reinhardt H., 66, Gerichtsmediziner, Institut für Rechtsmedizin in Jena: 5.11.2011 Obduktion der Leichen [Mundlos und Böhnhardt].
H: Zuerst Ganzkörper-Scanning, um Daten unbegrenzt immer wieder abrufen zu können. Ging darum, Schussverletzungen und Projektile zu finden und evtl. andere Verletzungen. Es lagen sehr schwere Schädelverletzungen vor.

Dann Obduktion Böhnhardt, Name zu dem Zeitpunkt nicht bekannt, deshalb "Leiche 1": Kleidung sportlich, teilweise geschmolzen, Brandschäden. Nach dem Entkleiden, an rechter Körperrückseite und linkem Arm oberflächliche Verbrennungen, erhebliche Deformierung des gesamten Schädels, linke Schläfenseite Einschussverletzung: links unten nach rechts oben.

(Zschäpe hört konzentriert und mit gefalteten Händen zu, kämpft anscheinend mit den Tränen.)

Weitere Erklärungen des Sachverständigen zur de facto-Explosion des Schädels von Böhnhardt: Nur noch 102 Gramm Gehirn wurden gefunden, etwa 90 Prozent des Hirns wurden herausgeschleudert, muss eine großkalibrige Langwaffe gewesen sein. Zu sehen waren Tätowierungen, rechte Oberarmregion: Soldat mit Stahlhelm, rechter Oberschenkel: Ornamente mit zwei Gesichtern. Kein Alkohol oder andere drogenähnliche Substanzen im Blut. Böhnhardt wurde gemessen: 183 cm, vermessen wurden auch die Arme, um mögliche Selbsttötung abzuklären, Gewicht: etwa 79 Kilo.

Richter Manfred Götzl fragt nach Kleidung Böhnhardts.
H: "Adidas"-Turnschuhe, schwarze Socken, lange Sporthose, Herrenslip , graubraune Kapuzenjacke, Uhr, Shirt "Tom Tailor". Keine Spuren von Rauch in den Lungen, keine Rußbestandteile in den Atemwegen. Da sofortige Handlungsunfähigkeit nach dem Schuss einsetzte, war auch die Atemfunktion sofort zerstört.

Bei Beginn der Sektion von Mundlos war dieser bereits identifiziert, deshalb bei ihm kein Zahnstatus erhoben: Auch Brandspuren auf der Kleidung, Leiche wurde entkleidet, 178 cm groß, 73,1 kg. Einige Hautverbrennungen am linken Bein und der Hand. Auffällig die noch massivere Zerstörung des Kopfes, Schmauchspuren in der Mundhöhle, weshalb man von einem nach oben gerichteten Mundschuss ausgehen kann. Auch hier ist das Gehirn zum großen Teil aus dem Kopf herausgeschleudert worden.

(Zschäpe wirkt wieder teilnahmslos und beschäftigt sich mit ihrem Laptop.)

Auch bei Mundlos keine Rauchgaseinatmungen. Keine Tätowierungen, aber Narbe an rechtem Oberschenkel.

Nach drei Wochen wurden beide Leichen noch einmal untersucht, weil Fragen nach weiteren Tätowierungen kamen, auch in diesem Fall nichts gefunden.

Richter fragt nach Kleidung.
H: Karo-Stoffhose, Gürtel Silberschnalle, Tabletten "Imodium" (Mittel gegen Durchfall), Turnschuhe "Nike", Pullover, Jacke mit Reißverschluss, mit olivgrünem T-Shirt.
RA Wolfgang Stahl (Verteidigung Zschäpe) fragt nach Schmauchspuren an den Händen.
H: Die entsprechenden Ergebnisse müssten im Landeskriminalamt (LKA) Thüringen vorliegen.
Nebenkläger fragt nach Details zur Identifizierung.
H: Am 5. November, als uns am Morgen die Leichen gebracht wurden, sagte man uns bereits, dass eine Leiche Uwe Mundlos sei.
Zeuge wird unvereidigt entlassen.

Pause bis 10.45 Uhr.

(Alf Meier, BR)
10.45 Uhr.
RA Alexander Hoffmann (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße) beantragt, den Kapuzenpullover des Angeklagten André E. zu beschlagnahmen, da eine Waffe, ein Sturmgewehr, darauf abgebildet sei, das zeuge von innerer Einstellung des Angeklagten, passe nicht in diesen Prozess, sei beweiserheblich für innere Motivation des Angeklagten.
RA Michael Kaiser (Verteidigung André E.)
widerspricht dem, keine Rückschlüsse über Kleidung.
Er selbst habe nichts entdeckt.
Herbert Diemer (Vertreter Bundesanwaltschaft): Kleidung von E. nicht prozessrelevant.
Götzl möchte, dass E. aufsteht und den Kapuzenpulli zeigt, um Sache zu klären. E. will nicht so recht.
Götzl: Jetzt interessiert es mich auch, was drauf ist.
Zur Klärung wird 5 Minuten unterbrochen.

(Matthias Reiche, MDR)
11.05 Uhr.
Es geht weiter.
RA Kaiser: Pullover sei aus der Black Metal-Szene, die sich durch Überzeichnung auszeichnet, außerdem habe er das Kleidungsstück schon häufiger hier getragen.

(Alf Meier, BR)
RA Kaiser: Motiv auf Kapuzenpulli stammt aus Metal-Szene, Musikrichtung, hat nichts mit Prozess zu tun, zeigt vermummte Gestalt mit zwei Gewehren.
Götzl: Ich wollte, dass Herr E. den Pullover einfach mal zeigt.

(Matthias Reiche, MDR)
Um Debatte zu beenden, steht E. nun doch auf und zeigt Shirt mit Bild. Zu sehen ist vermummte Gestalt mit zwei Waffen.
Richter fragt, ob Antrag auf Beschlagnahme aufrecht erhalten bleibt.
E. muss noch einmal aufstehen.

(Alf Meier, BR)
RA Hoffmann deutet an, dass das Motiv auf eine rechtsradikale Gesinnung schließen lässt, möglicherweise Kontext zu Gaskammern.
E. steht auf und zeigt Motiv auf Pullover.
Hoffmann will an Beschlagnahmung festhalten.
Diemer findet Pulli geschmacklos, sieht aber keinen Grund zur Beschlagnahmung.
RA Thomas Bliwier (Nebenklage-Anwalt der Eltern des ermordeten Halit Yozgat): Prüfen, ob eigener Straftatbestand vorliegt, deshalb Beweismittel beschlagnahmen.
Diverse Nebenkläger schließen sich dem Antrag an.
RA Olaf Klemke (Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben) widerspricht Beschlagnahmung.
RA Stahl bittet zu bedenken, dass das Motiv von der Lederweste verdeckt ist, deshalb nicht öffentlich zur Schau getragen wird.

Götzl unterbricht bis 11.30 Uhr.

(Alf Meier, BR)
11.47 Uhr.
Götzl: T-Shirt wurde fotografisch gesichert, ich nehme an, dass sich der Antrag damit erledigt hat.

Dann Zeuge Frank M., 51 Jahre alt, Polizeibeamter, geschieden, zu laden über Polizei Eisenach [Einsatz am 4. November 2011, Brand des Wohnmobils].
M: Wir hatten den Auftrag, nach dem Banküberfall nach dem Wohnmobil zu suchen. Als wir das Wohnmobil überprüften, fielen Schüsse, wir sind in Deckung gegangen. Nach dem letzten Schuss fing das Wohnmobil an zu brennen. Sonst keine Beobachtungen.
Götzl: Wie war die Örtlichkeit?
M: Neubaugebiet, verschieden hohe Häuser, Wohnmobil am rechten Fahrbahnrand geparkt.
G : Noch mal Ereignisse schildern!

(Matthias Reiche, MDR)
M: Entdeckte mit seinem Kollegen bei Streife das weiße Wohnmobil, bekamen per Funk den Auftrag, das Fahrzeug zu checken, parkten Streifenwagen und gingen auf das Wohnmobil zu. Drei, vier Meter noch entfernt, fiel ein Schuss im Inneren des Wohnmobils, Polizisten zogen ihre Waffen und gingen hinter zwei parkenden Fahrzeugen in Deckung, wenig später dann zwei weitere Schüsse, fast zeitgleich mit dem letzten Schuss stiegen Flammen im Wohnmobil auf, auch starke Rauchentwicklung. Der erste Schuss habe sich etwas heller angehört. Feuerwehr kam 10 Minuten später, da war dann auch Kriminalpolizei vor Ort und übernahm die Ermittlungen.

(Alf Meier, BR)
Götzl: Weitere Personen gesehen?
M: Nein, nur eine Frau mit Hund auf der anderen Seite und einen Mann, der sein Fahrzeug wegfahren wollte wegen dem Brand.
G: Wann am Einsatzort?
M: Gegen 11 Uhr.
G: Sonstige Bewegungen, Geräusche wahrgenommen?
M: Nein, aber Kollege S. will gesehen haben, wie sich der Vorhang am Wohnmobil bewegte.

(Matthias Reiche, MDR)
Polizeistreife war gegen 11.00 Uhr vor Ort, laut Bericht entdeckten die Beamten um 11.55 Uhr das weiße Wohnmobil. Gaben Daten der Einsatzzentrale in Eisenach durch, Fahrer und Beifahrerseite waren mit Vorhängen zugezogen. Zentrale klärte Nummer ab: War nicht zur Fahndung ausgeschrieben, Halter unauffällig.

(Alf Meier, BR)
Zeuge erklärt dann anhand von einer Skizze, wo sich die verschiedenen Fahrzeuge befunden haben und wo Deckung genommen wurde.
Götzl: Wer hat Wohnmobil als erstes betreten?
M: Ich nehme an die Feuerwehr, kann ich aber nicht mehr genau sagen.

(Matthias Reiche, MDR)
Polizeibeamter bekommt Skizze vorgelegt, die er damals vom Tatort anfertigte.
Richter versucht vergeblich, mehr Details zu erfahren, beispielsweise wie viel Zeit zwischen den Schüssen verging.

(Alf Meier, BR)
Diemer: Haben Sie Person in Fahrzeug reingehen sehen?
M: Nein, niemand.
RA Wolfgang Heer (Verteidigung Zschäpe): Wie lange nach Knallgeräuschen vor Ort?
M: Ca. 1 Stunde.
H: Löscharbeiten gesehen?
M: Ja, aber nicht genau drauf geachtet.
H: Kann ich mir nicht vorstellen, was haben Sie denn gemacht?
M: Irgendwas, weiß ich nicht.
H: Wie wurde Wohnmobil gelöscht? Sie müssen sich schon etwas anstrengen.
M: Wir waren erst noch in der Deckung, konnte nichts sehen.


(Matthias Reiche, MDR)
RA Heer fängt jetzt noch einmal von vorn an: Wie haben Sie das Eintreffen der Feuerwehr bemerkt, worüber haben Sie während der Löscharbeiten gesprochen, was haben Sie wahrgenommen?
Zeuge weiß es nicht mehr, Zschäpes Anwälte beraten sich am Tisch, Heer zeigt seinen Kollegen etwas im Laptop.

(Alf Meier, BR)
RA Heer: Wie haben Sie denn das Eintreffen bemerkt?
M: Kamen mit Fahrzeug an.
H: Ich glaube nicht, dass Sie nicht auf die Löscharbeiten geachtet haben.
M: Wir standen dann am Funkwagen, Löscharbeiten haben nur kurz gedauert, vielleicht nur 10 Minuten.
H: Wasser? Schaum? Zugang zu Wohnmobil verschafft?
M: Ja, wohl aufgebrochen.
H: Ein Feuerwehrzug, mehrere?
M (langsam genervt): Ich weiß es nicht mehr!
H: Haben Sie sich an Ihr Fahrzeug gestellt?
M: Ja, in der Richtung.
M. und Heer streiten sich jetzt, von welcher Seite man was sehen konnte.

(Matthias Reiche, MDR)
RA Heer fragt weiter nach Organisation der Arbeit vor Ort und gerät mit Götzl aneinander, kurz und heftig.

(Alf Meier, BR)
Götzl: Wohl Missverständnis.
Positionen lassen sich nicht klären, Heer hat keine weiteren Fragen.
RA Stahl hakt noch mal nach - Stahl (sanft): Fühlen Sie sich nicht so angegriffen, das ist nicht unsere Absicht.
(Vergleich Stahl "Good Cop" / Heer "Bad Cop" drängt sich auf.)
M: Ich habe einfach nicht so auf die Löscharbeiten geachtet, unser Chef war auch schon da.
RA Klemke: Deckung hinter Pkw welcher Art?
M: Weiß ich nicht mehr genau, dann gewechselt hinter Mauer.
Klemke: Tür von Wohnmobil aufgebrochen?
M: Habe ich nicht gesehen, nur gehört von anderen.

Mittagspause bis 14 Uhr.

(Alf Meier, BR)
14.06 Uhr.
Geht um 4.12.2011 Eisenach, Zeuge Uwe S., 52 Jahre, Polizei Eisenach, war mit Zeugen M. am Wohnmobil.
S: Uns wurde mitgeteilt , dass wir nach Wohnmobil mit Vogtländer Kennzeichen Ausschau halten. Haben das dann entdeckt, sollten dann überprüfen, ob Personen drin sind, aber nicht reingehen. Beim Nähern an Fahrzeug dann Schuss, wir in Deckung, dann noch drei weitere Schüsse. Später kam Kripo und Feuerwehr fast zeitgleich.
Götzl: Personen am Fahrzeug gesehen?
S: Nein.
G: Wo waren Sie?
S: Vor meinem Kollegen.
G: Was bemerkt?
S: Kurz vorm ersten Schuss Kratzgeräusch aus Wohnmobil gehört, so, als ob einer einen Stuhl wegschiebt. Konnten nicht in Fahrzeug schauen, Vorhang davor.

(Matthias Reiche, MDR)
S: Nach dem 3. Schuss kam Rauch aus undichter Stelle und dann hat der Vorhang, der das Seitenfenster abdunkelte, Feuer gefangen.

Nach Erinnerung von S. konnte man auf Beifahrer- und Fahrerseite Plätze einsehen, dahinter dann zugezogener Vorhang.

(Alf Meier, BR)
S: Als Kripo und Feuerwehr kam, haben wir uns zurückgezogen, von Löscharbeiten nichts mitbekommen.
Götzl: Schuss nach außen?
S: Beim dritten Schuss bis nach außen Dachteile und Isolierung rausgeflogen.

(Matthias Reiche, MDR)
S: Beim 3. Schuss flogen im hinteren Teil des Wohnmobils Dachteile weg. Ich hatte den Eindruck, dass der erste Schuss aus einer anderen Waffe kam, Klangbild war anders, als die bei den darauffolgenden Schüssen.

(Alf Meier, BR)
RA Heer: Mit welchem Fahrzeug damals unterwegs?
S: Mercedes Vito.
H: Von Löscharbeiten nichts mitbekommen, sagten Sie. Nachdem Sie mit Absperrmaßnahmen fertig waren - was von Löscharbeiten mitbekommen?
S: Ein wenig, weil wir vor zum Chef sind, Löschwagen war da.

(Matthias Reiche, MDR)
RA Heer fragt nach Beobachtungen zu den Löscharbeiten.
Zeuge klingt deutlich plausibler als der zuvor vernommenen Beamte.
S: Hatten in einiger Entfernung noch 20 Minuten / halbe Stunde Absperrung vorgenommen. Was um das Wohnmobil geschah, konnten die Beamten nicht genau sehen, da immer eine große Ansammlung von Feuerwehrleuten den Blick verstellten.

5 Minuten Pause.

(Alf Meier, BR)
RA Anja Sturm (Verteidigung Zschäpe): Alte Dame mit Hund gesehen?
S: Ja, zwischen letztem Schuss und Brand und Einsatz der Feuerwehr, habe ich aus der Deckung heraus gesehen und weggeschickt.
Foto aus Akten wird auf Wunsch von RA Nicole Schneiders (Verteidigung Wohlleben) gezeigt. Schneiders will von Seeland wissen, wo er sich befand, wo Deckung genommen.

(Matthias Reiche, MDR)
RA Schneiders zeigt Bild vom Tatort (später aufgenommen), will wissen, wo genau die Beamten standen, und ob sie die gesamte Zeit das Wohnmobil im Blick hatten bzw. etwas anderes ihre Aufmerksamkeit beanspruchte.
S: Kam eine Frau mit Hund und ein Mann, der sein vor dem Wohnmobil stehendes Auto wegfahren wollte.

Noch einmal 5 Minuten Pause.

Wieder wird ein Bild gezeigt, auf dem Zeuge selbst zu sehen ist.
RA Schneiders: Wie haben Sie hinter dem Container bzw. dem daneben stehenden Pkw Deckung genommen?
Zeuge erklärt, dass sie die Deckung noch einmal gewechselt haben, als das Feuer sich im Wohnmobil ausbreitete, hinter eine Betonwand auf der anderen Seite, etwa 10 Meter hinter dem Heck des Wohnmobils.

(Alf Meier, BR)
RA Klemke: Wie viele Meter gelaufen, um Deckung zu wechseln?
S: Zwischen 7 und 10 Meter.
K: Wann haben Sie denn Deckung gewechselt?
S: Als Wohnmobil richtig brannte.

15.00 Uhr, Zeuge entlassen.

(Matthias Reiche, MDR)
Vernehmung Zeuge Ruprecht N., 63, Sachverständiger, Bundeskriminalamt (BKA) Wiesbaden.
Geht um sichergestellte Munition in der Mordserie.
N: In den Fällen 2000 bis 2006 wurde Munition an den Tatwaffenerkennungsdienst geschickt, dort eine standardisierte Untersuchung, in besagten Fällen wurde eine Ceska 83 als Tatwaffe festgestellt.
Ceska 83/7,65, in diesem Fall spezielle Merkmale der Munition: z. B. Stoßbodenspuren verlaufen markant bogenförmig symmetrisch zur vertikalen Achse des Stoßbodens, typisch für Ceska-Fabrikat sind eigentlich gerade vertikale Stoßbodenspuren.

Es gab zwei Fälle (Hamburg, Nürnberg), in denen noch zweite Waffe verwendet wurde, ohne dass der Tatwaffenerkennungsdienst die 2. Waffe exakt bestimmen konnte. Beide Waffen wurden dann im Brandschutt der Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden. Verwendung eines Schalldämpfers war nachzuweisen (Alu-Anhaftung am Projektil an immer derselben Stelle), beispielsweise im Fall Rostock oder Dortmund, allerdings ist ein Mündungsvorsatz nicht identifizierbar. Ohne, dass man die Tatwaffe Ceska hatte, konnte man sich ihr und der Waffennummern schon sehr annähern. Bei den neun Morden wurden mindestens 27 Schüsse abgegeben, aber nur neun Hülsen gefunden, das hat System, es wurde aus Plastiktüte geschossen, die die Geschosshülsen auffing.

Zeuge wird entlassen.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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