NSU-Prozess


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86. Verhandlungstag, 19.2.2014 Zuhause bei Beate Zschäpe

Am 26. Januar 1998 durchsuchte die Polizei in Jena Wohnungen und Garagen mutmaßlicher Rechtsextremisten. In der Garage Nummer 6, die Beate Zschäpe gemietet hatte, fanden sie Sprengstoff und Teile einer Bombenattrappe.

Von: Alf Meier

Stand: 19.02.2014 | Archiv

Alf Meier | Bild: BR

19 Februar

Mittwoch, 19. Februar 2014

Daraufhin wurde auch die Wohnung der mutmaßlichen Rechtsterroristen unter die Lupe genommen. Ein Kriminalbeamter, der damals dabei war, sagte heute im Prozess aus.

Nach dem Fund in der Garage sei Gefahr im Verzug gewesen und deshalb habe man auch ohne richterliche Anordnung die Wohnung von Beate Zschäpe nach Sprengstoff oder Dingen, die geeignet sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, durchsuchen wollen, sagte der heute 47-jährige Polizist. Als nach Klingeln und Klopfen niemand öffnete, sei ein Schlüsseldienst gerufen worden, der die Wohnung dann gegen 15.30 Uhr aufgemacht habe. Diese sei nicht allzu groß gewesen: Ein Zimmer, Küche, Diele und Bad.

Morgenstern und Armbrust

Nazi-Spiel Pogromly

Im Wohnzimmer fanden die Beamten dann ein kleines Waffenarsenal: An der Wand hingen eine Gaspistole, ein Luftgewehr mit Zielfernrohr, ein Wurfstern, ein Jagdmesser, ein Buschmesser, ein Morgenstern, eine Armbrust mit fünf Pfeilen sowie eine Zwille. Auch eine Reichskriegsflagge, rechtsradikale Schriften und ein Wurfanker befanden sich in der Wohnung. Unter dem Sofa lag ein Pogromly-Exemplar. Von dem Monopoly angelehnten, fremdenfeindlichen und antisemitischen Brettspiel sollen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe mindestens 30 Exemplare produziert haben. Im Keller entdeckten die Polizisten noch ein Paket Dämmwatte, beachteten es zunächst aber nicht weiter. Als sie jedoch auf der Dienststelle erfuhren, dass beim Bau einer Bombe Dämmwatte verwendet worden war, wurde das Material doch noch beschlagnahmt.

Verwertungsverbot?

Nach Beendigung der Zeugeneinvernahme widersprach die Verteidigung von Beate Zschäpe einer Verwertung der Aussage des Polizisten. Es habe keine richterliche Anordnung für die Durchsuchung der Wohnung gegeben, sagte Rechtsanwalt Heer, diese wäre aber nötig gewesen. Eine pauschale Anordnung der Beschlagnahme aller Gegenstände würde zudem gegen das Grundgesetz verstoßen, es läge somit ein umfassendes Beweisverwertungsverbot vor. Die Verteidigung des Mitangeklagten Ralf Wohlleben schloss sich diesem Antrag an. Ganz anders bewertete die Anklage den Vorgang: Die Aussage des Kriminalbeamten sei komplett verwertbar, sagte Bundesanwalt Herbert Diemer, eine ausführliche Begründung werde es nächste Woche geben.

Opferanwälte: Zschäpe war in der Nähe von Heilbronn

Am Ende der heutigen Verhandlung stellten Opferanwälte dann noch einen Beweisantrag: Beate Zschäpe könnte sich ihrer Ansicht nach beim Heilbronner NSU-Mordanschlag auf zwei Polizisten in der Nähe aufgehalten haben. Nach einer Zeugenaussage sei Zschäpe zur Zeit des Anschlags im Jahr 2008 im 35 Kilometer entfernten Backnang gewesen und habe dort übernachtet, sagen die sechs Anwälte der Nebenklage. Sie beantragten eine Beamtin der "Ermittlungsgruppe Umfeld" im Prozess zu hören. Diese könne nähere Angaben über die Aussage der Zeugin machen. Die Zeugin soll sich erst im Januar bei Behörden gemeldet haben. Die "Ermittlungsgruppe Umfeld" hatte Bezüge der Neonazi-Terroristen nach Baden-Württemberg untersucht.


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