NSU-Prozess


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72. Verhandlungstag, 8.1.2014 Ein knallharter Neonazi und seine Frau

Ein knallharter Neonazi und dessen auf den ersten Blick eher unbedarfte Frau. Mit diesen Befragungen verging der 72. Verhandlungstag im NSU-Prozess mit einer endlosen Kette von Fragen und Antworten wie "kann ich mich nicht erinnern" oder "weiß ich".

Von: Oliver Bendixen

Stand: 08.01.2014 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

08 Januar

Mittwoch, 08. Januar 2014

Was nach diesem Verhandlungstag bliebt, war eine Erkenntnis, die schon aus den Akten bekannt war: Holger G., der mit auf der Anklagebank sitzt, hat 2005 den Eheleuten die Krankenversicherungskarte der Frau für 300 Euro abgekauft. Die Karte gab er dann an das NSU-Trio weiter. Beate Zschäpe gab sich ein Jahr später bei einem Arztbesuch als rechtmäßige Inhaberin der Karte aus. Dass die Karte für die im Untergrund lebende rechte Terroristen bestimmt war, wollen die Eheleute nicht gewusst haben.

Ungehaltener Richter Götzl

Holger G. wurde von seinem Freund als intensiver Drogenkonsument beschrieben. Die Ehefrau will davon nichts mitbekommen haben. Die Angaben der Zeugen waren teils so erkennbar widersprüchlich, dass der Vorsitzende Richter ungehalten wurde. Man könne durchaus auch das Weglassen von Details bei Fragen des Gerichts als Falschaussage werten, drohte Manfred Götzl. Das schien dem 33-jährigen Kaufmann aus Niedersachsen aber nicht sonderlich zu imponieren.

Hardcore-Rechtsextremist

Immerhin brachte seine Vernehmung und vor allem die Befragung durch die Nebenklageanwälte zu Tage, dass es sich bei ihm um einen Hardcore-Rechtsextremisten handelte. Er befürwortete die Vertreibung von in Deutschland lebenden Ausländern ebenso wie Anschläge auf Migranten und gewalttätige Demonstrationen, an denen auch er selbst teilnahm. Und so ergab sich über den ganzen Tag hin schon ein eindrucksvolle Bild der Unterstützer-Szene. Die Szene, die dem NSU über Jahre hinweg ein Leben im Untergrund ermöglicht hatte.


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