NSU-Prozess


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NSU-Prozess: Gerichtssaal-Protokoll 26. Verhandlungstag, 23.07.2013

Am 26. Verhandlungstag im NSU-Prozess vernimmt das Oberlandesgericht München Sachverständige zum ersten dem NSU angelasteten Mord am Nürnberger Blumenhändler Enver Simsek.

Von: Stefan Schölermann und Holger Schmidt

Stand: 23.07.2013 | Archiv

NSU Prozess Gerichtsprotokoll | Bild: BR

Ein Rechtsmediziner stellt das Obduktionsergebnis vor. Demnach wurde der 38-Jährige von mehreren Kugeln getroffen, überwiegend im Gesicht.

Zeugen:
Stefan S. (Rechtsmediziner, Obduktion Simsek)
Dieter S. (Sachverständiger, Waffeningenieur)
Herbert M. (Polizeibeamter, Vernehmung von Zeugin M., Mordfall Özüdogru)

ARD-Reporter über das Geschehen im Gerichtssaal

(Stefan Schölermann, NDR)
Beginn 9.48 Uhr.
53 Nebenklagevertreter anwesend.
Zeuge Professor Stefan S., 54, Rechtsmedizin Erlangen (Obduktion Simsek).
S: 12. 9. 2000 Sektion durchgeführt, Leichnam eines 38 Jahre alten Mannes.
1. Schussverletzung: tödlich, Schädelsteckschuss Oberlippe eingetreten, durch Oberkieferschneidezähne, Projektil trat an linkem Schläfenlappen in Großhirn ein.
Kupferfarbenes Projektil in Scheitelbein. Schädelknochenbruch. Schädelweichteildurchschuss.
2. Schuss: Oberlippe eingetreten, Durchschuss durch linken Augapfel, 1,1 cm lange Augenbraue.
3. Schuss: In linke Wange, 0,4 cm Durchmesser, im Gehörgang in der Kopfscharte Projektil.
4. Schuss: rechte Wange, bohnenkerngroßer Einschuss. Wunde wurde asserviert, um zu prüfen, ob Nahschuss.
5. Schuss: Kopf- Rumpf- Steckschuss linke Wange, Aussprengung des Kieferknochen, Projektil fand sich in Rückenmuskulatur, Lunge verletzt.
6. Schussverletzung: Rumpfsteckschuss, rechte Brustseite, Schusskanal, Projektil in Höhe Schulterblatt.
7. Schussverletzung: linker Armdurchschuss.
8. Schussverletzung: linker Ellenbogen, schwarze Verfärbung des Narbenrandes.
Tödlich war der Schädelsteckschuss, alle anderen Verletzungen hätten überlebt werden können.
20 Minuten Schilderung.
5 Projektile sind bei Obduktion aufgefunden worden.
Richter Manfred Götzl: Lebensgefährlichkeit der Schüsse?
S: Lungenschuss hätte tödlich sein können. Ebenso der Blutverlust.
Wenn man die Verletzungen zusammennimmt, wäre der Blutverlust in einer Stunde kritisch gewesen.

(Holger Schmidt, SWR)
Zeuge Dieter S., 61 Jahre, verheiratet, Waffeningenieur, Bayerisches Landeskriminalamt (LKA).
Hülsenauswurfdiagramm: Auswurf der Hülsen nicht rekonstruierbar. Theoretisch 2,5 m nach rechts und 1 m nach hinten. Was aber, wenn Schütze Waffe verkantet? Sieht man manchmal im Fernsehen. Nicht rekonstruierbar.
Schusskanäle rekonstruiert, dabei Annahmen, wie z. B. Falllinie des Körpers. Auch Dach-Durchschüsse einbezogen.
Lichtbilder mit Schusskanälen werden gezeigt. Zeuge S. betont, wie vage die Rekonstruktion ist.
Problem auch: Sind die Munitionsteile wirklich dort gefunden, wo sie gelandet sind? Problem z. B. Transport.
Richter Götzl: "Wenn Sie sagen: 8 oder 9 Schüsse - wir brauchen das ganz genau!"
S: Gesichert: 6 Schüsse. 5 Schüsse 7.65, vielleicht auch 6. 2 Schüsse 6.35. Sind Summe 8.
G: Linker Streifschuss im Arm: Gehört er zu den acht Schüssen - oder ist er ein neunter?
S: Nicht sicher zu sagen. Summe 7 bis 9 Schüsse, je nachdem, wie man die Kanäle zusammenführt oder trennt. Schussentfernung größer, 10 bis 15 cm, aber nicht weiter festzulegen.

Anette Greger (Vertreterin Bundesanwaltschaft): Zeitablauf: 10 bis 15 Sekunden.
RA Seda Basay (Nebenklage-Anwältin der Witwe von Enver Simsek): 2 Gutachten erstellt. Wieso hat das fast zwei Jahre lang gedauert?
S: Untersuchung zurückgestellt, weil andere Dinge vordringlich waren.
B: Ist es logisch, dass es ein Schütze war? Was kann man daran ablenken (meint: ableiten)?
S: Es gibt immer eine schussstarke und eine schussschwache Hand. Wenn nur ein Schütze, dann wahrscheinlicher, Waffen nacheinander. Aber nicht auszuschließen. Insbesondere durch Schalldämpfer wird die Durchschussfähigkeit erhöht. Auch ein ungeübter Schütze kann so sehr treffgenau schießen.
RA Stephan Lucas (Nebenklage-Anwalt von Semiya Simsek, Tochter von Enver Simsek):
Sie haben das Video selbst gesehen?
S: Nein. Ich war zwar der Regisseur, habe es aber nie gesehen. Ist vom Videoteam gefilmt worden.
L: Von wem können wir erfahren, wo sich das Video aufhält?
S: Dienststelle.
L: Lässt sich herausfinden, warum sich die Untersuchung so lange hingezogen hat?
S: Nicht mehr zu sagen, aber Ergebnisse fließen oft schnell in die Ermittlungen ein, schriftliche Gutachten brauchen dann länger.
L: Wer kann das noch erklären?
S: Niemand.
RA Yavuz Narin (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Theodoros Boulgarides): Hypothese linkshändig oder rechtshändig?
S: Nein, nicht zu sagen. Wir haben beides diskutiert.
RA Detlef Kolloge (Nebenklage-Anwalt der Angehörigen des ermordeten Mehmet Turgut): Wie kommen Sie auf Schalldämpfer?
S: BKA (Bundeskriminalamt)!
RA Olaf Klemke (Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben): Sie haben vom BKA erfahren, dass Schalldämpfer verwendet worden?
S: Ja. Ist bei jedem Tatort erfolgt und irgendwann, weiß nicht mehr wann, ist uns mitgeteilt worden, dass ein Schalldämpfer verwendet worden ist.
K: Sicher, dass schon "beim Tötungsdelikt zum Nachteil des Enver Simsek"?
S: Nein, nicht sicher.
K: Stabilisierungseffekt durch Schalldämpfer: Ihr Kollege kommt zu einem anderen Ergebnis?!
S: Seine Wahrnehmung!
K: Gut, dann werden wir ihn hören müssen.
RA Anja Sturm (Verteidigung Zschäpe):Theorie Plastikteile von ihnen?
S: Bin seit 1976 Waffenfachmann, hatte das 2 Mal und habe die Kollegen vom Erkennungsdienst darauf sensibilisiert.

(Holger Schmidt, SWR)
RA Olaf Klemke zu Vernehmung von Kriminaloberkommissar (KOK) Thomas S.
Problem: Art. 6, Menschenrechtskonvention. Dieses Problem stellt sich noch viel schärfer für Herrn Wohlleben in Bezug auf Holger G. Einvernahme Thomas S. hat offenbart, dass eine ganze Reihe von Fragen, die nahegelegen hätten, nicht gestellt wurde, Chance, Angaben kritisch zu hinterfragen, nicht oder nur ungenügend genutzt wurde. Als Faktum bleibt für mich bestehen, dass auf die Angaben des Herrn G. Feststellungen in Bezug auf Herrn Wohlleben nicht gestützt werden können.
Grundsätzlich hat ja jeder Angeklagte das Recht, die Belastungszeugen konfrontativ zu befragen, zu examinieren. Nicht zwingend in der Hauptverhandlung, aber zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens muss er die Möglichkeit haben. Dies lässt sich heilen, wenn dieser Mangel verfahrensrechtlich kompensiert werden kann, dies liegt hier fern, weil er sich ja hier nicht äußern will. Der Generalbundesanwalt hat Recht, wenn er sagt, dieser Mangel ist nicht der Justiz zuzurechnen.
Erklärung RA Johannes Pausch (Verteidiger des Angeklagten Carsten S.):
Stelle fest nach Befragung KOK S.:
1. Carsten S. also nicht das einzige Mitglied der rechten Szene, mit Kontakt zum Trio.
2. Carsten S. nicht bei Bewaffnungsdiskussion dabei.
3. Diskussion in der Szene insgesamt aber nicht verborgen geblieben.
4. Carsten S. nicht bei Gespräch dabei: "Die werden sich erschießen".
Carsten S. muss Einsatz der Waffe nicht für naheliegend gehalten haben, da es auch das BKA nicht für naheliegend hielt.

(Stefan Schölermann, NDR)
Zeuge Dieter S., 61, Waffenexperte, LKA Bayern.
Hautstück ist auf Schmauch untersucht worden, lediglich Schmierkontakt!! Kein aufgesetzter Schuss.
Ceska wirft normalerweise hülsen 2 Meter weit aus, hängt aber von Waffenhaltung ab.
Hülsenlage lässt keinen Schluss auf Schussposition zu.
Kaliber 6,35, unbekannte Selbstladewaffe und Ceska.
Durchschuss im Dach des Sprinters. Schützenposition bestimmbar.
Schützenposition lässt sich nur schwer bestimmen, da fast nur Steckschüsse.
Der letzte Schuss kann auch der erste sein.
Tangentialer Gesichtsdurchschuss.
Haben SEK-Beamten mit Einschussmarkierungen markiert und dann mit Farbmunition beschossen, um die Bewegung des Körpers nachzuvollziehen.
Daraus wahrscheinlicher Ablauf.
Schütze stand wohl an der Einstiegsschwelle, die ist 35 cm hoch. Das heißt: Schüsse kamen tendenziell von unten.
Brustschuss rechts und Einschuss in Wange dürften die ersten Schüsse gewesen sein.
Dann Zusammenbruch und Schüsse in Gesicht und Wange.
Ablauf Hypothese!
6,35-Schüsse schwer einzuordnen.
Schüsse in Arm sind zu deuten als Abwehrverletzung.
Schütze ist möglichweise in den Wagen eingestiegen und hat auf den Menschen geschossen.
Zeitablauf: Wir reden von 10 bis 15 Sekunden.
2 oder 1 Schütze: Wenn 1 Schütze, dann müsste er die Waffen hintereinander eingesetzt haben, wegen der räumlichen Enge hat vermutlich nur einer von beiden Tätern geschossen und die Pistolen nacheinander abgefeuert.
Man muss von mindestens 8 Schüssen ausgehen, es fehlen Munitionsteile, das kann beim Transport verlorengegangen sein.
6. Schüsse: 7,65 ( 5 Hülsen), 6.35- Durchschuss im Gesicht und im linken Arm.
"Es können 7 bis 9 Schüsse abgegeben worden sein".

Richter Götzl fragt nach Bekleidungsstücken des Opfers.
Zeuge S: Keine Nahschussspuren, d. h. nicht aufgesetzt. Schüsse auf Distanz von 60 bis 80 Zentimeter.
Greger: Zeitliche Abläufe: Wenn wir von 2 Schützen ausgehen: 10 bis 15 Sekunden.
Nebenklage: Warum Gutachten 2 Jahre gedauert?
S: Andere Dinge waren vordringlich, knapp besetzt.
Nebenklage: Waren es 1 oder 2 Schützen?
S: Es ist denkbar, dass ein Schütze beidhändig schießt. Wenn 1 Schütze, dann hintereinander. Nicht auszuschließen. Mit der Schalldämpferlösung kann auf kurze Distanz auch ein ungeübter Schütze gut treffen. Systembestimmung vom BKA durchgeführt.
Nebenklage: Nochmal Nachfrage wegen 2 Jahre Dauer. Grund dafür?
S: Schwer zu sagen: Ergebnisse werden rasch ermittelt, Gutachten werden später geschrieben.
Nebenklage: Gutachten hat doch nur 2 bis 3 Seiten, das andere 5 Seiten.
S: Verzögerung kann ich nicht erklären. Wir waren knapp besetzt.
Nebenklage: Wer könnte sonst die Zeitdauer erklären?
S: Niemand, ich war der Sachbearbeiter. Müsste ich z. B. meinen Hausarzt fragen.
Nebenklage: Waren Täter links- oder rechtshändig?
S: Nicht möglich zu klären.
Nebenklage: Sind beide Möglichkeiten geprüft worden?
S: Ja: Fakt ist: es können 2 Schützen oder 1 Schütze gewesen sein.

S: BKA hat Geschosse untersucht und hat wohl aus den Geschossen auf Schalldämpfer geschlossen.
Verteidiger Wohlleben: Habe ich richtig verstanden, dass sie vom BKA erfahren haben, dass
Schalldämpfer verwendet wurde?
S: Ja, Ergebnis des Bestimmungsverfahrens. Ich kann aber nicht mehr genau sagen, wann.
Verteidiger Wohlleben: Wissen Sie, ob es auch im Fall Simsek Schaldämpfer gab?
S: Wir wissen es nicht, bloßer Rückschluss. Schalldämpfer kann man sich wie verlängerter Zeigefinger vorstellen. Man musste deshalb nicht zwingend ein geübter Schütze sein.
Verteidiger Wohlleben (zitiert Beamten W.): Der Schütze hatte Visierungsprobleme.
RA Sturm: Sie hatten den Gedanken mit der Tüte in die Überlegung eingebracht.
S: Im Fall Trappentreustraße (München, Mordfall Boulgarides) hatten wir keine Hülsen gefunden. Schüsse durch Tüte hinterlassen spezifische Plastikteilchen.
Anwalt Carsten S.: Schalldämpfer nur bei Kaliber 7.65?
S: Ja.
RA Klemke: Wie viel ungeübte Schützen haben Sie schießen lassen?
S: Das ist schwierig nach so langer Zeit. Ich schätze, 2 ungeübte Schützen.

Ende Vernehmung S., 11.05 Uhr.

Erklärung RA Klemke zu Vernehmung Holger G.:
Rügt Verstoß gegen Europäische Menschenrechtskonvention.
Eine ganze Reihe von Fragen sind von den Vernehmern von Holger G. nicht gestellt worden. Deshalb hat Mandant keine Chance, kritisch zu fragen.

Über Gründe kann ich nur spekulieren. Erwartungshaltung.
Feststellung des Herrn G. zu Lasten von Wohlleben können nicht auf G.s Aussagen gestützt werden.
Grundsätzlich hat jeder Angeklagte das Recht. die Zeugen zu examinieren, nicht zwingend in Hauptverhandlung.
Art. 6, Europäische Menschenrechtskonvention.
Das kann hier nicht kompensiert werden, da G. nicht gezwungen worden.
Staatsanwaltschaft hat recht, wenn sie sagt, der Mangel ist nicht der Justiz zuzurechnen. Aber: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sage, dass, selbst wenn dieser Mangel nicht der Justiz zugerechnet werden kann, kann es ein Verfahrensverstoß sein, wenn die konfrontative Befragung nicht durchgeführt werden kann.
Wenn bestimmte Fragen schon bei der Beweiserhebung nicht gestellt wurden - wie will man das kompensieren bei der Beweiswürdigung?
Zum Waffentransport gibt es außer den Aussagen von Holger G. keine Beweismittel, die das belegen. Deshalb kann das ohne Verstoß nicht festgestellt werden.
Verteidigung Carsten S.: KOK S. hat sich als Rechts-Ermittler bezeichnet.
Carsten S. war offenbar nicht der einzige, der zu Trio Kontakt hatte.
Carsten S. war an Richtungsdiskussionen nicht beteiligt.
Carsten S. war an einem Treffen nicht beteiligt, bei dem Holger G. gesagt haben soll: "Die werden sich eher erschießen als ergeben."
BKA ging von Nicht-Gefährlichkeit von Heise aus.
Carsten S. muss nicht unbedingt von Gefahr ausgegangen sein, da selbst das BKA das nicht für naheliegend hielt.

Pause bis 11.40 Uhr.

(Stefan Schölermann, NDR)
Fortsetzung 11.45 Uhr.
Erklärung Wolfgang Heer (Verteidigung Zschäpe) zu KOK S.:
Vernehmungen wurden nicht de lege artis durchgeführt. Es seien nur einzelne
Sätze festgehalten worden, stattdessen habe es Zusammenfassungen durch Beamte gegeben.
Der Beamte habe bestimmte Dinge für nicht aufzeichnungswürdig gehalten. Es ist deshalb nicht möglich, sich ein umfassendes Bild von der Glaubwürdigkeit von Holger G. zu machen. Behörden seien darauf bedacht gewesen, zielorientiert zu befragen. Keine Differenzierung zwischen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe.
Mehrere Aussagen ungeprüft übernommen.

In einer Vernehmung habe Holger G. Böhnhardt und Mundlos als erstrangig bezeichnet, dann kamen Wohlleben und Zschäpe.
In anderer Aussage habe Holger G. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe als gleichrangig bezeichnet.
KOK S. habe nicht hinterfragt, wer die Systemchecks vorgenommen hat: Zitat "Ich nehme an, alle drei."
Holger G. habe sich mehrfach widersprochen, vor allem bei Angaben zum Waffentransport.
KOK S.: Ich bin immer davon ausgegangen, dass Gerlach mehrfach in der Polenzstraße (Zwickau) gewesen ist.
Nebenkläger: Holger G.s Angaben waren glaubhaft und konsistent, das ergebe sich aus Angaben von KOK S.
Korrekturen von Holger G. seien Beleg für das Bemühen um Korrektheit. Er hat zwar Wissen zögerlich preisgegeben, aber das heißt nicht, dass es unzutreffend ist, was er gesagt hat.
In eigener Sache habe Holger G. sich allerdings widersprochen bzw. unschlüssig argumentiert.
Unterschrieben von Nebenkläger-Anwälten Sebastian Scharmer und Björn Elberling.
RA Edith Lunnebach (Nebenklage-Anwältin des Opfers des Anschlags in der Kölner Probsteigasse) spricht von "holpriger Beweisaufnahme" in Sachen Holger G.
Wie kann man dann, wenn man von Sprengstoffen und Waffen weiß, nach dem Ausstieg 2004 diese Freunde noch als Freunde empfangen können?

(Holger Schmidt, SWR)
RA Lunnebach zu Holger G.: Die Rolle, auf freiem Fuß und im Zeugenschutz, müssen sie sich erst noch verdienen.

(Holger Schmidt, SWR)
Zeuge Herbert M., Leiter Polizei Bad Brückenau.
Befragung Frau P. / M.: Bei Revision des Falls 2007 sollte ihr Wahllichtbildvorlage mit Ex-V-Mann Andreas T. gezeigt werden.
An einem Sommertag bei offenem Fenster zwei Schüsse gehört. Uhrzeit 16.30 Uhr wurde nicht abgefragt, weil Zeitpunkt durch anderweitige Ermittlungen feststand. 2001: Wohnzimmer. 2007 nicht mehr sicher. 2001 gesagt, sie kenne den Mann, weil er zwei Tage zuvor Streit mit Nachbarn gehabt hat. Dann Wahllichtbildvorlage. Frau P. wollte Drei-Tage-Bart hinmalen. Durfte sie, hat Bleistift bekommen. Wählte nicht Andreas T. Habe einen Vermerk gemacht, Zweifel an Aussage.
2012 Bilder des Trios und Umfeldpersonen gezeigt. Noch bevor es dazu kam, sagte sie, es seien sicher Mundlos und Zschäpe gewesen. Frau P. wurde als wenig glaubwürdig angesehen.

RA Adnan-Menderes Erdal (Nebenklage-Anwalt der Opfer des Anschlags in der Kölner Keupstraße):Barbiepuppe. Was ist das besondere an einer Barbiepuppe? Insistiert.
Zeuge M. sagt, er kennt Barbiepuppe aus der Werbung.
E: Zschäpe sieht aus wie eine Barbiepuppe.
Zschäpe lacht ungläubig, schüttelt den Kopf, Heer und Sturm lachen.
Richter Götzl würgt ab.

Hinweis

Diese Texte sind eine Auswahl der Mitschriften der Reporter der ARD und des BR während der zentralen Verhandlungstage im sogenannten "NSU-Prozess", eines beispiellosen Verfahrens der deutschen Rechtsgeschichte. Wir dokumentieren diesen "Originalton", weil es in der deutschen Praxis des Strafprozessrechts, selbst bei derartig wichtigen Verfahren, kein offizielles und umfassendes Gerichtsprotokoll gibt. Wir erfüllen damit unsere Informationspflicht, um allen, die keinen der begehrten Sitzplätze im Gerichtssaal erhalten haben, einen - durchaus auch subjektiven - Eindruck der Prozessereignisse zu vermitteln. Die Zusammenfassungen der sogenannten "Saalinfos" unserer Reporter sind redaktionell bearbeitet, zum Teil gekürzt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und es kann natürlich auch keine Gewähr für die Richtigkeit jedes einzelnen Wortes gegeben werden. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von den Inhalten der Aussagen der Prozessteilnehmer.


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