NSU-Prozess


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Tagebuch der Gerichtsreporter Heftiger Streit um Zschäpes Geplauder

Vor Gericht schweigt Beate Zschäpe zwar, aber im NSU-Prozess kommen immer mehr Details ans Licht, die sie wohl informell Ermittlern mitteilte. Dass diese Aussagen nun vor Gericht verwendet werden, halten Zschäpes Anwälte für illegal.

Von: Oliver Bendixen

Stand: 03.07.2013 | Archiv

Oliver Bendixen | Bild: Bayerischer Rundfunk

03 Juli

Mittwoch, 03. Juli 2013

Daran, dass Beate Zschäpe nach ihrer Festnahme keine Angaben machen wollte, gab es spätestens nach der Vorführung beim Haftrichter in Karlsruhe keinen Zweifel. Und trotzdem finden sich in den Ermittlungsakten von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesanwaltschaft seitenlange Niederschriften von Gesprächen, die Polizeibeamte mit ihr führten: beim Warten vor der Tür des Haftrichters, während stundenlanger Autofahrten quer durch Deutschland und Besuchen im Gefängnis. Über den Inhalt dieser Unterredungen berichteten heute zwei BKA-Beamte - geeint durch die Einschätzung, die Gespräche hätten in einer angenehmen und lockeren Stimmung stattgefunden.

Zschäpe-Kritik an eigenen Verteidigern

So habe die jetzt als mutmaßliche Terroristin auf der Anklagebank sitzende Frau erklärt, mit ihrem Anwalt unzufrieden zu sein. Der tue zu wenig und gebe angeblich Akten über sie an die Presse weiter. Und, so der BKA-Beamte vom Staatsschutz weiter, sie habe in Erwägung gezogen, ihr Schweigen zu brechen und auszupacken - dann aber richtig. Ihr Verteidiger habe ihr jedoch dringend davon abgeraten.

Verteidiger: Zschäpe ausgehorcht

Zschäpes Verteidiger im NSU-Prozess: Wolfgang Stahl, Wolfgang Heer, Anja Sturm (v.l.n.r.)

Sechs Stunden lang drehte sich im Prozess alles um diese lockeren Gespräche, bis am Ende des heutigen 18. Verhandlungstages Zschäpes Anwälte forderten, diese Aussagen nicht zu verwerten. Sie seien das Ergebnis illegaler Vernehmungsmethoden und sollten sozusagen aus dem Protokoll und aus dem Gedächtnis der Richter getilgt  werden.

Da half es auch nicht, dass die Polizisten immer wieder versicherten, sie hätten Zschäpe mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass sie den Inhalt dieser Smalltalks protokollieren müssten. Deren Anwälte blieben dabei: die Polizisten hätten ihre Mandanten ausgehorcht und das Gespräch immer wieder gezielt auf Themen gelenkt, die sehr wohl etwas mit den jetzt angeklagten Morden und Banküberfällen zu tun hatten.

Bundesanwälte monieren Nebenkläger-Antrag

Wie weit muss das Gericht in die deutsche Neonazi-Szene eindringen, um über Schuld und Unschuld der Angeklagten urteilen zu können? Diese Frage stand am Ende des heutigen Prozesstages. Kategorisch lehnten die Bundesanwälte einen Antrag aus den Reihen der Nebenkläger ab, eine Vielzahl von Rechtsextremisten als Zeugen vor das Oberlandesgericht nach München zu laden. Dies, so Bundesanwalt Herbert Diemer, bringe keine neuen Erkenntnisse zu den Anklagepunkten. Er verstehe das Interesse der Nebenkläger, auch ein eventuelles Versagen der Behörden aufzuzeigen. Dies sei aber nicht Aufgabe eines Strafprozesses.

Und sollte sich der Prozess durch solche Nebenschauplätze unnötig weiter in die Länge, drohe sogar die Gefahr, dass Zschäpe und Ralf Wohlleben, die beiden Haupangeklagten, aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen -  mit dem Risiko, dass beide flüchten und die zur Verhandlung stehenden Verbrechen am Ende ungesühnt bleiben.


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