Mobilfunkmast vor Bäumen
Bildrechte: picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod

Es gibt in Deutschland immer noch "weiße Flecken", in denen es kein schnelles mobiles Internet gibt.

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Zwei Jahre "Funklochamt": Ein Förderbescheid pro Jahr

Mobilfunklöcher stopfen: Das ist der Auftrag der 2021 gegründeten staatlichen Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft. In zwei Jahren hat das "Funklochamt" erst zwei Funkmasten gefördert: Die Zahl wird 2023 steigen, doch das Verfahren bleibt kompliziert.

Über dieses Thema berichtete BR24 im Radio am .

Beim Mobilfunkausbau in Deutschland gibt es nach wie vor große Probleme: Telekommunikationskonzerne bleiben hinter ihren Ausbauverpflichtungen zurück - und könnten nun Ärger mit der Bundesnetzagentur bekommen, die Bußgelder prüft.

Besonders schwer tun sich die Betreiber damit, die weißen Flecken zu schließen. Ein weißer Fleck ist ein Gebiet, in dem es keine Versorgung mindestens mit 3G gibt. Weiße Flecken oder gar komplette Funklöcher sind besonders häufig in ländlichen Regionen oder an schwer zugänglichen Stellen wie etwa auf Bergen.

Staatliche Behörde soll helfen, Mobilfunklöcher zu schließen

Neben dem privatwirtschaftlichen Netzausbau gibt es auch ein bundeseigenes Unternehmen, das helfen soll, bestehende Funklöcher zu beseitigen: 2021 gründete der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG), umgangssprachlich auch oft "Funklochamt" genannt.

Der MIG stehen mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung, mit der sie den Bau von Mobilfunkmasten in Gegenden fördern soll, wo sich sonst niemand für den Ausbau findet, weil es sich nicht rentiert. Um den Bau von Mobilfunkmasten kümmern sich sogenannte "Tower Companies", die meist - ganz oder teilweise - den großen Mobilfunkbetreibern gehören.

2022 nur 1,2 von 115 Millionen Euro Fördermitteln ausgegeben

Doch in den zwei Jahren ihrer Existenz hat die in Naumburg/Saale (Sachsen-Anhalt) ansässige MIG nur zwei Förderbescheide ausgestellt: Einen über 800.000 Euro an die Deutsche Funkmast GmbH, die in Lam im Landkreis Cham einen Mobilfunkmast bauen will. Und einen über 400.000 für die Vantage Towers AG, die dasselbe in der Gemeinde Soest im nordrhein-westfälischen Soest plant. Macht zusammen 1,2 Millionen Euro. Dabei wären für das Jahr 2022 115 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung gestanden. An Verwaltungskosten hat die MIG im vergangenen Jahr 30 Millionen Euro verbraucht. Das ist das Ergebnis einer Anfrage des Bundestagsabgeordneten Victor Perli (Linkspartei) an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Perli kritisiert, dass die "millionenschwere Förderung aus Steuergeldern liegen bleibt".

MIG: Schließen weißer Flecken ist eine hochkomplexe Aufgabe

Was sagt die MIG dazu? Eine Sprecherin schreibt auf BR24-Anfrage, dass das Schließen "weißer Flecken" eine "hochkomplexe Aufgabe" sei, die die MIG nur bedingt durch eigenes Handeln erreichen könne.

Das Förderverfahren ist ziemlich kompliziert. Zuerst muss die MIG in einem Markterkundungsverfahren prüfen, ob sich nicht doch ein Unternehmen findet, das einen weißen Fleck auf eigene Kosten erschließen will. Seit ihrem Start 2021 hat die MIG 1273 Markterkundungsverfahren durchgeführt. In Bayern sind knapp 300 davon abgeschlossen: in 77 Orten planen Mobilfunknetzbetreiber einen eigenwirtschaftlichen Ausbau, in 215 Kommunen werden die Netzbetreiber gefragt, ob sie Interesse haben, die Orte im Rahmen einer Förderung zu versorgen.

Schwierige Verhandlungen mit Grundstückseigentümern

Besonders aufwändig ist nach MIG-Angaben die Standortvorbereitung: Damit ist die Suche nach geeigneten Grundstücke sowie die Recherche nach vorhandenen Glasfaser- und Stromnetzen gemeint, an die die neuen Funkmasten später angeschlossen werden. Gerade bei den Grundstückseigentümern sei viel Überzeugungsarbeit notwendig und die MIG könne die Miete "nicht beliebig attraktiver" machen.

Im dritten Schritt folgt der Förderaufruf, in dem sich interessierte Unternehmen, also "Tower Companies" wie die Deutsche Funkmast GmbH (DFMG) für die finanzielle Förderung bewerben. Anschließend prüft die MIG die eingegangenen Anträge und stellt den Förderbescheid aus. Dann erst können die "Tower Companies" mit dem Bau ihrer Funkmasten loslegen.

Bau des Mobilfunkmastes in Lam dauert Jahre

Von der Markterkundung bis zur Inbetriebnahme des Mobilfunkmastes können Jahre vergehen. In Lam im Bayerischen Wald startete die Markterkundung im Mai 2021, im Oktober 2022 erhielt die Deutsche Funkturm GmbH ihren Förderbescheid, gerade wird der Bau vorbereitet, laut DFMG soll der Mast bis Februar aufgebaut sein. Anschließend müssen Telekom und Vodafone ihre Sendetechnik installieren. Bis die Bevölkerung in den Randlagen der Marktgemeinde Lam, am Kolping Ferienhaus Lambach und im angrenzenden Wandergebiet im Bayerischen Wald schnelles mobiles Internet haben, werden also drei Jahre vergangen sein.

Dass es bislang eher langsam vorangegangen ist, will die MIG so nicht unterschreiben: “Die operativen Aktivitäten der MIG zur Umsetzung des Mobilfunk-Förderprogramms haben nach der ersten Aufbauphase 2021 im vergangenen Jahr sehr deutlich an Fahrt gewonnen", schreibt die Unternehmenssprecherin dem BR.

Behörde hofft auf zügigere Mitwirkung der Beteiligten

2022 wurden zwölf Förderaufrufe veröffentlicht, 2023 sind bislang zwei weitere hinzugekommen, die MIG hofft aber, in diesem Jahr eine "deutlich dreistellige Zahl von Förderaufrufen" starten zu können. Damit das auch klappt, sei eine "hoffentlich noch zügigere Mitwirkung der erforderlichen Beteiligten" notwendig, insbesondere der Grundstückseigentümer, der Mobilfunknetzbetreiber und der "Tower Companies".

CSU wollte damals eine eigene Firma für den Mobilfunkausbau

An der Konzeption und den Kosten der MIG hat es von Anfang an Kritik gegeben. Vor allem daran, dass die MIG auf Wunsch von CSU-Verkehrsminister Scheuer als eigenes Unternehmen gegründet wurde - genauer gesagt als Tochter-GmbH der ebenfalls bundeseigenen Toll Collect Gmbh. Ein eigenes angesiedeltes Unternehmen mit geplanten 98 Stellen ist teurer als ein einfaches Förderprogramm für den Mobilfunkausbau, wie es im damals von Olaf Scholz (SPD) geführten Finanzministerium bevorzugt worden war.

Linke: Bund hätte selbst Mobilfunkmasten bauen sollen

Weiterer Kritikpunkt: Wenn es schon ein eigenes Unternehmen sein müsse, dann könnte das den Bau von Mobilfunkmasten oder sogar den Netzbetrieb selbst in die Hand nehmen. Der Linken-Abgeordnete Perli sagt: "Wenn der Bund selbst Mobilfunkmasten gebaut und an die Mobilfunkbetreiber verpachtet hätte, wären Funklöcher heute kein Thema mehr."

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